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Neben Der Spur

Neben Der Spur

Titel: Neben Der Spur
Autoren: Ella Theiss
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Anna: »She seems to like your house.«
    Die Frau schmunzelt, ihre Wangen laufen rosa an. Sie signalisiert mit sparsamen Gesten, dass Mira gerne einen Abend und eine Nacht gratis bleiben könne, »to test it«.
    Rick stimmt sofort zu.
    Karo wird flau im Magen, sie hofft inständig, dass Mira ihnen hinterherläuft, sobald sie sich zum Gehen wenden. Doch Mira hat ein Schachbrett entdeckt und fährt voller Entzücken mit dem Finger die Quadrate ab.
    »Komm schon«, sagt Rick. »Ist praktischer so. Wir sollten uns das Institut angucken, bevor es dunkel wird. Die Dame hat versprochen, mich auf dem Handy anzurufen, wenn irgendwas ist. – You call us?«
    Anna nickt und beschreibt den Weg zum Institut. »Five minutes« , schätzt sie.
    Tatsächlich sind es weniger als vier Minuten mit dem Auto, die Einbahnstraße weiter, über einen Kreisverkehr, vierte Ausfahrt, eine Hauptstraße entlang …
    Ein mehrstöckiger Kastenbau mit Spiegelfensterglas verkündet am Eingang, dass hier das Scientific Institute for Obesity Research Cheb (SIfOC) untergebracht ist. Weder auf Klingeln noch auf Klopfen reagiert jemand. Auch das Rollgitter zum Parkplatz ist zu. Kein Wunder, Karos Handy zeigt 18.30 Uhr.
    »Macht nix«, sagt sie. »Lass uns ein Hotel suchen und morgen weitersehen.«
    Rick ist anderer Meinung. Ihn hat offenbar die Abenteuerlust gepackt. Er huscht in den Hof des maroden Nachbargebäudes, das ehemals ein Restaurant beherbergt haben könnte.
    Karo folgt ihm langsam. Sie spähen durch die Ritzen der Rollläden. »Sieht aus, als wohnt hier keiner.«
    Das Gelände scheint komplett verwaist bis auf einen spielplatzgroßen Garten, in dem Beete angelegt sind. Karo betrachtet sie verwundert. »Solche Pflanzen hab ich noch nie gesehen.«
    Rick grinst. »Vielleicht baut sich da jemand Hanf an. Oder Mohn.«
    »Ich glaub eher, das sind alte Gemüsesorten, die’s nicht mehr zu kaufen gibt. – Aber ein Teil der Beete ist frisch. Jetzt im August sät jemand was aus? Komisch!« Karo macht ein Foto.
    »Lass doch, komm!« Rick wirkt ungeduldig, winkt sie zu der bröckligen Grundstücksmauer, die an manchen Stellen höchstens anderthalb Meter misst. Sie sichten den leeren Mitarbeiterparkplatz des Institutsgebäudes.
    »Wir klettern drüber«, sagt Rick. »Vielleicht finden wir was Auffälliges.«
    Auch bei Karo erwacht der Jagdinstinkt. »Könnte von mir sein, der Vorschlag.«
    Maroder Mörtel rieselt aus dem Mauerwerk, ein paar Klinker brechen, aber beide kommen unverletzt auf der anderen Seite an. Der Parkplatz wird zur Hofseite von einem fensterlosen Flachbau begrenzt, dessen Zugangstür einen Spalt offen steht. Eine leere Halle gähnt ihnen entgegen, in die trübes Licht von oben fällt. Der Boden ist gestampfter Lehm, spärlich mit Kies besät.
    »Hier ist noch ’ne Tür«, ruft Rick und rüttelt an einer rostigen Stahlkonstruktion mit Drehkurbel, bis sie sich quietschend öffnet.
    Ein schmaler Flur mit Quadern aus Beton- und Glasbausteinen führt zu einer Rampe abwärts. Dann wieder Flure, schnurgerade und abknickende, sich kreuzende Flure, teils mit Zwischentüren abgetrennt.
    Karo wird mulmig. »Lass uns lieber umkehren. Wir finden ja nie wieder raus.«
    »Keine Sorge, ich hab einen grandiosen Orientierungssinn«, behauptet Rick und folgt einer kleinen Treppe abwärts. »Achtung, hier geht es definitiv in den Keller.«
    »Ich warte lieber.«
    »Feigling! – Ha, schon wieder so eine Panzertür, eine ganz moderne … Alles okay, kannst kommen. Total dunkel hier unten. Gut, dass ich die Taschenlampe mit habe. – Boah, Karo, komm her, guck dir das an! Das ist ein Ding: Lauter komisches Gemüse liegt da rum. «
    »Echt?« Karo folgt zögernd und beobachtet, wie Rick durch eine Stahltür tritt, die nach innen aufgeht. Hört einen Schlag, einen lauten dumpfen Schlag – dann nichts mehr. »Rick?«
    Keine Antwort.
    »Rick, was ist denn?«
    Wieder keine Antwort.
    Karos Kopfhaut kribbelt, ihr Herz rast. Sie geht ein paar Schritte zurück in die Dunkelheit, drückt sich an die Wand.
    Da tritt ein riesenhafter buckliger Schemen aus der Panzertür, schwingt einen dicken Stecken mit beiden Händen wie einen Baseballschlager. Und zittert.
    Sie kann’s kaum glauben. »De Beer?«
    »F-für S-sie immer n-noch H-herr d-de B-bbeer.«
     
    Es ist weniger eine Frage der Contenance als der Würde. Wie soll ein annähernd Sechzigjähriger, ungekämmt und unrasiert, fast nackt und mit vor Kälte klapperndem Unterkiefer einer hübschen jungen Frau
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