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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm
Autoren: Johan Theorin
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dickes Gewölbe und endete vor einer massiven Tür aus Stahl. Sie war sehr verrostet, und man konnte nur an wenigen Stellen noch Reste der ursprünglich weißen Farbe erkennen. Es gab kein Schlüsselloch, lediglich einen Querbalken, der mit einem ebenfalls verrosteten Hängeschloss gesichert war. Joakim rüttelte an der Tür, aber sie bewegte sich keinen Millimeter.
    »In einem der Küchenschränke habe ich einen Schlüsselbund mit alten Schlüsseln gesehen«, sagte er. »Die müssen wir mal ausprobieren.«
    »Sonst können wir beim Schifffahrtsamt anrufen«, schlug Katrine vor.
    Joakim nickte und drehte sich um. Die Leuchttürme waren allerdings nicht im Kaufpreis enthalten.
    »Gehören die Leuchttürme gar nicht uns, Mama?«, fragte Livia, als sie zurück zum Strand gingen.
    Sie klang enttäuscht.
    »Doch«, erwiderte Katrine. »In gewisser Weise schon. Aber wir müssen uns nicht um sie kümmern. Stimmt doch, oder, Kim?«
    Sie lächelte Joakim an, und er nickte.
    »Der Hof ist schon genug.«
    Katrine hatte sich im Bett umgedreht, während er bei Livia gewesen war, und als er wieder unter die Decke kroch, tasteten ihre Arme im Schlaf suchend nach ihm. Er sog ihren Geruch ein und schloss die Augen.
    Nur das hier, nichts anderes mehr.
    Das Leben in der Großstadt hatte er hinter sich gelassen. Stockholm war zu einem kleinen grauen Fleck am Horizont geschrumpft, und die Erinnerung an die Suche nach Ethel begann zu verblassen.
    Friede.
    Erneut erklang das leise Wimmern aus Livias Zimmer, und er hielt den Atem an.
    »Mama-a?«
    Ihr lang gezogenes Rufen war dieses Mal lauter. Joakim seufz te müde.
    Neben ihm hob Katrine den Kopf und lauschte.
    »Was ist los?«, fragte sie verschlafen.
    »Mam-maa?«
    Katrine setzte sich auf. Im Unterschied zu Joakim war sie in der Lage, aus dem Tiefschlaf gerissen innerhalb weniger Sekunden hellwach zu sein.
    »Ich habe es schon einmal versucht«, flüsterte Joakim. »Ich dachte, sie sei wieder eingeschlafen, aber …«
    »Ich gehe zu ihr.«
    Katrine stand, ohne zu zögern, auf, schlüpfte in ihre Hausschuhe und zog sich den Morgenmantel über.
    »Mamma?«
    »Ich komme, du kleine Nervensäge«, murmelte sie.
    Das ging so nicht weiter, dachte Joakim. Es war nicht in Ordnung, dass Livia jede Nacht neben ihrer Mutter schlafen wollte. Das hatte sie sich im vergangenen Jahr angewöhnt, ihr Schlaf war unruhiger geworden. Vielleicht hatte das auch mit Ethel zu tun. Sie hatte Schwierigkeiten einzuschlafen und schlief nur tief und fest, wenn Katrine neben ihr lag. Bisher war es ihnen nicht gelungen, ihr das wieder abzugewöhnen.
    »Bis morgen, Loverboy«, flüsterte Katrine.
    Elterliche Pflichten. Joakim hörte keinen Laut mehr aus Livias Zimmer, Katrine hatte übernommen. Er entspannte sich und schloss die Augen. Er spürte, wie der Schlaf ihn langsam übermannte.
    Die Stille senkte sich über den Hof.
    Sein Leben auf dem Land hatte begonnen.

2
    D as Schiff in der Flasche war ein kleines Kunstwerk, fand Henrik. Es war eine Fregatte mit drei Masten und weißen Stoff segeln, etwa fünfzehn Zentimeter lang und aus einem einzigen Holzstück geschnitzt. Die Taue der Segel waren aus schwarzem Nähgarn, das an kleinen Klötzen aus Balsaholz befestigt war. Mit umgelegten Masten war das Schiff vorsichtig mithilfe von Stahldraht und Pinzette in die alte Rumflasche geschoben und in das blau gefärbte Meer aus Kitt gedrückt worden. Erst dann konnten die Masten aufgerichtet und die Segel mit gekrümmten Stricknadeln gespannt werden. Zum Schluss wurde die Flasche verschlossen und der Korken mit Lack versiegelt.
    Es hatte bestimmt Wochen gedauert, um das Buddelschiff herzustellen, die Brüder Serelius benötigten nur wenige Sekunden, um es zu zerstören.
    Tommy Serelius wischte das Buddelschiff vom Regal auf den neuen Parkettboden, und die Flasche zersprang in tausend Stücke. Das Schiffsmodell überstand den Sturz und setzte seine Fahrt auf dem Boden fort. Doch dann wurde es vom Stiefel des kleinen Bruders Freddy gestoppt. Neugierig betrachtete er es im Licht seiner Taschenlampe, dann hob er den Fuß und zertrümmerte das Schiff mit drei festen Tritten.
    »Teamwork!«, rief Freddy.
    »Ich hasse so ’nen bescheuerten Handwerkskram«, sagte Tommy verächtlich, kratzte sich an der Wange und stieß die Überreste des Modells mit dem Fuß über den Boden.
    Henrik, der dritte Mann in dem Sommerhaus, kam aus einem der Schlafzimmer, in dem er nach Wertsachen gesucht hatte. Er sah die Überreste des Buddelschiffes
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