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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm
Autoren: Johan Theorin
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vollkommen ungehinderte Luftzirkulation«, sagte Katrine und verzog den Mund. »Der Vorteil von diesem ewigen Zug ist, dass das Haus über die Jahrzehnte immer trocken blieb, es hat praktisch keine Feuchtigkeitsschäden.«
    »Ah ja, das ist natürlich gut …« Nyberg warf einen kritischen Blick auf den gewellten Korkteppich, der auf dem Boden lag, auf die fleckigen und abgeblätterten Tapeten und die Schleier aus Spinnennetzen, die von der Decken hingen. »Aber da wartet noch einiges an Arbeit auf Sie.«
    »Ja, das wissen wir.«
    »Wir freuen uns darauf«, fügte Joakim hinzu.
    »Das wird einmal sehr hübsch werden …«, sagte Nyberg, und dann fragte er: »Was wissen Sie eigentlich über dieses Anwesen?«
    »Sie meinen über die Geschichte des Hofes?«, antwortete Joakim. »Nicht so viel, der Makler hat uns nur wenig erzählt. Erwurde Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut, gleichzeitig mit den Leuchttürmen. Allerdings ist er wohl ein paarmal umgebaut worden. Die Veranda an der Hauptseite zum Beispiel scheint mir eher aus dem 20. Jahrhundert zu stammen.«
    Er sah Katrine fragend an, ob sie noch etwas hinzufügen wollte – zum Beispiel wie es gewesen war, als ihre Mutter und ihre Großmutter dort zur Untermiete gewohnt hatten –, aber sie erwiderte seinen Blick nicht.
    »Wir wissen, dass die Leuchtturmwärter mit ihren Familien und dem Dienstpersonal auf Åludden gewohnt haben«, ergänzte sie nur. »Hier wird viel Leben gewesen sein.«
    Nyberg nickte und ließ den Blick erneut durch das Ober geschoss wandern.
    »Ich glaube nicht, dass in den letzten zwanzig Jahren hier oben besonders viele Menschen gewohnt haben. Vor vier oder fünf Jahren wurde der Hof als Flüchtlingsquartier benutzt, für die Unterbringung von Familien, die vor dem Krieg auf dem Balkan geflohen sind. Aber die blieben nicht besonders lange. Es ist ein Jammer, dass der Hof so lange leer gestanden hat … das ist wirklich ein grandioser Ort.«
    Langsam stiegen sie die Treppe hinunter. Im Vergleich zu dem Obergeschoss wirkten jetzt sogar die schmutzigen Räume im Erdgeschoss viel heller und wärmer.
    »Hat es einen Spitznamen?«, fragte Katrine. »Wissen Sie das zufällig?«
    »Wie bitte, was denn?«, entgegnete Nyberg.
    »Das Anwesen«, erklärte Katrine. »Alle sagen immer Åludden, aber so heißt ja der Ort.«
    »Genau, Åludden bei der Aalbucht, wo sich im Sommer die Aale sammeln …«, sagte Nyberg, als würde er ein Gedicht rezi tieren. »Aber ich glaube nicht, dass der Hof einen Spitznamen hat.«
    »Häuser bekommen doch oft Spitznamen«, warf Joakim ein. »Unseres in Bromma wurde zum Beispiel die Apfelvilla genannt.«
    »Aber Åludden hat keinen anderen Namen, zumindest habeich noch keinen gehört. Dafür kreisen aber eine ganze Reihe von Legenden um den Hof.«
    »Legenden?«
    »Ich habe ein paar davon gehört. Es wird gesagt, dass der Wind um Åludden stärker wird, wenn jemand im Haus laut niest.«
    Katrine und Joakim lachten herzhaft.
    »Dann müssen wir häufiger Staub wischen«, kicherte Katrine.
    »Und dann gibt es natürlich auch ein paar Spukgeschichten«, fügte Nyberg hinzu.
    Schweigen breitete sich aus.
    »Spukgeschichten?«, wiederholte Joakim schließlich.
    Er wollte gerade erneut lachen und den Kopf schütteln, als ihm Katrine zuvorkam: »Ich habe die auch gehört, als ich mal drüben bei den Carlssons zum Kaffeetrinken war … bei unseren Nachbarn. Aber die haben mir gesagt, ich solle bloß nichts davon glauben.«
    »Wir haben nicht so viel Zeit für Geister«, sagte Joakim.
    Nyberg nickte.
    »Natürlich, aber wenn solche Höfe zu lange verlassen dastehen, fangen die Leute eben an, sich Geschichten zu erzählen«, sagte er. »Wollen wir nach draußen gehen und ein paar Aufnahmen machen, solange es noch hell ist?«
    Bengt Nyberg beendete seinen Besuch mit einem Spaziergang über das Kopfsteinpflaster und den Rasen im Innenhof und betrachtete dabei die beiden Seitenflügel der Anlage. Auf der einen Seite die enorme Scheune, deren Außenwände aus Kalkstein und die Aufbauten aus rot gestrichenem Holz bestanden. Auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes stand das niedrigere, weiß getünchte Waschhaus.
    »Das hier werden Sie auch renovieren müssen«, sagte Nyberg, als er durch ein staubiges Fenster in das alte Waschhaus spähte.
    »Selbstverständlich«, betonte Joakim. »Wir nehmen uns ein Gebäude nach dem anderen vor.«
    »Und wollen Sie es später dann an Sommergäste vermieten?«
    »Vielleicht. Wir hatten
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