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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm
Autoren: Johan Theorin
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und schüttelte den Kopf.
    »Hört verdammt noch mal auf, immer Sachen kaputt zu machen«, sagte er leise.
    Tommy und Freddy liebten das Geräusch von zersplitterndem Glas und zerberstendem Holz – das hatte Henrik bereits an ihrem ersten gemeinsamen nächtlichen Arbeitseinsatz begriffen, als sie in ein halbes Dutzend verriegelter und winterfest gemachter Sommerhäuser südlich von Byxelkrok eingebrochen waren. Die Brüder fanden alles toll, was zerstört werden konnte; auf dem Weg dorthin hatte Tommy einfach so eine schwarzweiße Katze überfahren, die mit glitzernden Augen am Straßenrand gehockt hatte. Nur ein dumpfer Schlag war zu hören, als der Lieferwagen die Katze überrollte, und Sekunden später waren die Brüder in schallendes Gelächter ausgebrochen.
    Henrik schlug nie etwas kaputt, er öffnete sogar vorsichtig die Fenster, um einsteigen zu können. Aber wenn die Brüder erst einmal im Haus waren, wurden sie zu Vandalen. Sie stürzten die Barschränke um und zertrümmerten Gläser und Porzellan auf dem Boden. Auch Spiegel wurden zerschlagen, nur mundgeblasene Vasen aus Småland überlebten ihre Zerstörungswut, weil man die schließlich verkaufen konnte.
    Die Geschädigten waren nie Inselbewohner. Henrik hatte von Anfang an bestimmt, dass sie nur in Sommerhäuser einbrachen, deren Besitzer auf dem Festland lebten.
    Henrik hatte keine tiefere Bindung zu den Brüdern Serelius, sie waren nur einfach an ihm hängen geblieben – wie entfernte Verwandte, die eines Tages vor der Tür stehen und dann nicht mehr weggehen.
    Tommy und Freddy stammten nicht von der Insel, und die drei waren weder befreundet noch miteinander verwandt. Die Brüder waren Morgan Berglunds Kumpel.
    Eines Tages, Ende September, hatte es in Henriks kleiner Wohnung in Borgholm an der Tür geklingelt. Es war kurz nach zehn, und er wollte gerade zu Bett gehen. Als er öffnete, standen zwei breitschultrige Typen in seinem Alter mit kahl geschorenen Köpfen vor ihm. Die Brüder nickten ihm zu und gingen an ihm vorbei ins Wohnzimmer, ohne hereingebeten worden zu sein. Sie rochen nach Schweiß, Motorenöl und alten Autositzen, und der Gestank breitete sich schnell in der Wohnung aus.
    »Hubba Bubba, Henke«, sagte der eine von ihnen.
    Er trug eine riesige Sonnenbrille. Das sah wahnsinnig komisch aus, aber er war keiner, über den man ungestraft lachte. Seinen Wangen und das Kinn waren von langen, roten Narben überzogen, als hätte ihn jemand gekratzt.
    »Was geht?«, fragte der andere. Er war größer und breiter.
    »Alles fit«, antwortete Henrik langsam. »Wer seid ihr?«
    »Tommy und Freddy. Die Brüder Serelius. Verdammt noch mal, kennst du uns etwa nicht, Henrik … Doch, das tust du, oder?«
    Tommy schob sich die Sonnenbrille auf der Nase zurecht und kratzte sich ausgiebig an der Wange. Da begriff Henrik, woher die Narben in seinem Gesicht stammten – das waren keine Zeichen einer Prügelei, die hatte er sich selbst zugefügt.
    Sie drehten eine schnelle Runde durch seine Einzimmer wohnung, dann ließ sich Freddy auf das Sofa vor dem Fernseher fallen.
    »Chips?«, fragte Freddy. »Hast du welche?«
    Er legte die Stiefel auf Henriks gläsernen Couchtisch. Als er seine Steppjacke öffnete, kam unter einem hellblauen T-Shirt mit der Aufschrift SOLDIER OF FORTUNE FOREVER ein solider Bierbauch zum Vorschein.
    »Wir sollen dich von deinem Kumpel Mogge grüßen«, sagte Tommy, der Ältere der beiden, und nahm die Sonnenbrille ab. Er war dünner als sein Bruder. Grinsend und mit einer schwarzen Ledertasche unter dem Arm stand er vor Henrik. »Das war Mogges Vorschlag hierherzufahren.«
    »Nach Sibirien«, kommentierte Freddy, mit der Chipsschale im Arm, die Henrik ihm hingestellt hatte.
    »Mogge? Morgan Berglund?«
    »Logo!«, sagte Tommy und ließ sich neben seinen Bruder aufs Sofa fallen. »Ihr seid doch Kumpel?«
    »Wir waren «, betonte Henrik. »Er ist weggezogen.«
    »Ja, wissen wir, er ist in Dänemark. Er hat da in einem Casino in Kopenhagen gearbeitet, schwarz.«
    »Schwarzhändler.«
    »Wir waren eine Zeit lang in Europa unterwegs«, erklärte Tommy. »Fast ein Jahr. Schweden ist verdammt klein, das merkt man dann erst.«
    »Verdammter Hinterhof«, warf Freddy ein.
    »Zuerst waren wir in Deutschland, Hamburg und Düsseldorf, das war der Hammer. Danach ging es nach Kopenhagen, das war auch ziemlich cool.« Tommy sah sich im Zimmer um. »Und jetzt sind wir hier.«
    Er nickte zustimmend und steckte sich eine Zigarette in den
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