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Nähte im Fleisch - Horror Factory ; 17

Nähte im Fleisch - Horror Factory ; 17

Titel: Nähte im Fleisch - Horror Factory ; 17
Autoren: Bastei Lübbe
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Sein Atem ging heftiger, sein Puls schneller.
    Die Frau bemerkte seine Reaktion. Sie lächelte, warf sich in Positur und gurrte: »Hallo, Unfallopfer, du siehst ja furchtbar aus! Ich glaube, du könntest ein wenig Krankenpflege vertragen …«
    Kais Mund wurde trocken, seine Schläfen pochten. Er brachte kein Wort heraus.
    Sie kam heran und drängte ihn zur nahe gelegenen Bar.
    »Gibst du mir einen aus?« Ihr Arm glitt auf seine Schulter.
    »FASS MICH NICHT AN!«
    Die Rothaarige zuckte zurück, als hätte er sie angespuckt.
    Kais Körper war starr vor Anspannung. Er musste die Worte über die Lippen zwingen. Seine Stimme klang atemlos und schrill. »Tut mir leid«, keuchte er. »Aber ich leide unter Krankenhausphobie. Unter panischer Angst vor Krankenhäusern und vor allem, was damit zusammenhängt. Das ist wie Spinnenangst. Man kann nichts dagegen tun. Es packt einen beim Anblick von Krankenhäusern … von Krankenwagen … Kranken–«
    »Ich hab’s kapiert.« Sie musterte ihn geringschätzig. »Idiotische Anmachen hab ich ja schon einige erlebt. Aber noch nie eine so saudumme Abfuhr.« Damit drehte sie Kai die Kehrseite zu und tauchte stöckelnd im Gewühl der Halloween-Gestalten unter.
    Kai war schlecht. Aber er riss sich zusammen und kämpfte sich weiter voran.
    Filmmusik aus Das Omen erfüllte die Toilettenräume. Kai holte sein Handy hervor und sah ängstlich auf das Display. Doch zwischen den Kachelwänden bestand ein guter Empfang. Ihm war klar, dass er gezwungen wäre, endlich das Krankenhaus selbst anzurufen, sollte er Annika wieder nicht erreichen. Jeder andere an seiner Stelle hätte das gleich zu Beginn getan. Aber Kais Magen verkrampfte bereits beim Gedanken an ein Gespräch mit Krankenhauspersonal.
    Er schloss sich in eine Klokabine ein, ließ den Toilettendeckel krachend auf die Brille klappen und sackte darauf nieder. Dann tippte er Annikas Nummer und drückte die Wähltaste.
    Er hob das Handy ans Ohr und lauschte klopfenden Herzens dem Wählton. Die Verbindung kam zustande. Eine Stimme ertönte.
    Die künstliche Stimme der Mailbox.
    Es war so weit … Kai schluckte hart und atmete tief durch. Schließlich wählte er mit zitternder, schweißfeuchter Hand die Nummer der Auskunft und ließ sich mit dem Klinikum verbinden.
    Als der Nachtpförtner sich meldete, kamen prompt die Phobie-Symptome. Sie waren nicht so schlimm wie bei der Begegnung mit der Frau im Krankenschwester-Kostüm, aber Kai schaffte es nur unter Anstrengung, sein Anliegen vorzubringen.
    Dann wartete er und lauschte auf die flinken Klickgeräusche, während der Pförtner mit den Fingern über die Tastatur des Computers steppte.
    »Hören Sie?«
    »Ja?«, krächzte Kai.
    »Eine Patientin namens Annika Brohkamp steht nicht auf unserer Belegungsliste.«
    »Ganz … sicher?«
    »Tut mir leid. Bei uns liegt keine Annika Brohkamp.«
    Kai stand vor einem der Waschbecken und schöpfte sich kaltes Wasser ins Gesicht.
    Er betrachtete Annikas zum Kuss gespitzte Lippen auf dem Handydisplay. Er spürte, wie sein Herz sich zusammenzog. Er fühlte ein Flattern im Magen. Aber er hatte keine Schmetterlinge, sondern Harpyien im Bauch.
    Annikas Nahaufnahme ließ nicht erkennen, vor welchem Hintergrund sie fotografiert worden war. Aber es musste im Krankenhaus gewesen sein. Er hatte selbst gesehen, wie Annika auf den Haupteingang der Klinik zuschritt. Wäre kurz darauf irgendetwas Ungewöhnliches geschehen, hätte sie ihm gewiss nicht die launige Nachricht mit dem Scherz über Frankensteins Bräute geschickt.
    Vor dem Spiegel begann Kai damit, so gut es ging, das Zombie-Make-up zu entfernen. Fünfzehn Minuten später saß er im Taxi auf dem Weg zum Klinikum.
*
    Schwester Nanita kehrte schneller zurück als erwartet.
    Annika hatte ihre Sachen in den Spind gelegt, die Körperpflegeartikel in der Waschecke untergebracht und ihre Weckuhr auf den Bettschrank gestellt. Sie wollte gerade das Zimmer verlassen, um ins Erdgeschoss zu fahren und in der Anmeldezone nach ihrem Buch zu suchen. Doch da ging die Tür auf, und die Schwester schob einen Rollwagen ins Zimmer.
    Beladen war der Wagen mit einem grünen Hemd, mit einem Abwurf für gebrauchte Kanülen, mit einem »Schnapsbecher« aus Plastik und mit einer Nierenschale. In dieser lagen Desinfektionsspray, eine aufgezogene Spritze und ein Einmalrasierer.
    Außerdem stand eine Flasche Orangensaft auf dem Wagen. »Solange der Vorrat reicht«, kommentierte Schwester Nanita.
    Sie legte das Hemd auf Annikas Bett und
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