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Nähte im Fleisch - Horror Factory ; 17

Nähte im Fleisch - Horror Factory ; 17

Titel: Nähte im Fleisch - Horror Factory ; 17
Autoren: Bastei Lübbe
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Zimmertür hinter Schwester Nanita ins Schloss fiel. Dann beugte sie sich über den Rucksack. Bevor sie ihn ausräumte, wollte sie ihr Kreuzworträtselbuch auf den Nachttisch legen. Aber in der Außentasche, wohin sie es gesteckt hatte, war es nicht. Ihr fiel ein, dass sie das Buch in der Anmeldezone auf den Nachbarsitz gelegt hatte, bevor sie die Kussmund-SMS für Kai schrieb. Sie würde nach unten gehen und nachsehen müssen, ob ihr Buch noch dort lag. Falls nicht, war Langeweile programmiert.
    Aber am wichtigsten war jetzt, Kai anzurufen.
    Das Smartphone hatte noch immer keinen Empfang. Also versuchte Annika es mit dem Betttelefon. Sie wählte zwei Nullen und die Nummer von Kais Handy. Es knackte und ratterte im Hörer, dann erklang das vertraute Tuten in Annikas Ohr. Eine Sekunde später wurde der Anruf entgegengenommen.
    »Frau Brohkamp! Was gibt’s?«
    Schwester Nanitas Stimme.
    »Entschuldigung«, sagte Annika. »Ich wollte eigentlich raustelefonieren.«
    »Haben Sie die zwei Nullen vorweg gewählt?«
    »Ja, und dann eine Mobilfunknummer.«
    »Seltsam«, sagte Schwester Nanita bedauernd. »Ihr Anruf ist im Schwesternzimmer gelandet. Ich werde den technischen Dienst benachrichtigen, damit Ihr Telefon in Ordnung gebracht wird. Bis dahin können Sie gerne das Stationstelefon benutzen.«
    Annika bedankte sich und legte auf. Seufzend begann sie damit, den Rucksack zu leeren und ihre Sachen in den Spind zu räumen.
*
    Kai hatte sich schon zu früher Stunde mit der Clique verabredet. Die Monsterparty war noch nicht lange im Gang. Das Cineplex füllte sich erst. Daher war es problemlos für Kai gewesen, seine Freunde Pia (Geister-Piratin), Gökhan (auch Zombie), Kari (auch Zombie) und Arne (The Joker) ausfindig zu machen. Anschließend hatten sie an der Theke Getränke und Boo-Bags (Papiertüten mit »Trick or Treat«-Aufdruck) voller Treats (Candy Corn und andere Süßigkeiten) gekauft und zwei Stehtische der Cocktailbar aneinandergerückt.
    »Ich hab auch schon im Klinikum gelegen«, berichtete Pia. »Blinddarm. Aber samstags machen die nur Not-OPs.«
    »Am Wochenende läuft da gar nichts«, bestätigte Kari. »Heute ist Freitag. Die nehmen doch freitags keine Patienten auf, die dann bis zum Montag einfach nur im Krankenzimmer vor sich hin pupsen.«
    Pia nickte. »Glaub es, Kai. Die OP war heute. Deshalb hast du Annika nicht erreicht. Erst war sie bei der OP. Dann im Beobachtungsraum. Und als sie wieder in ihrem Zimmer war, hat sie geschlafen.«
    »Kein Grund zur Sorge!«, grinste Gökhan und prostete Kai zu.
    Kai lächelte schwach und hob das Glas. Er war sicher, dass in dem Bescheid, den die Klinik geschickt hatte, der 1.10. als OP-Termin stand. Aber das war nun mal ein Samstag, und was Pia sagte, klang überzeugend. Vielleicht hatten die Klinikleute aus Versehen ein falsches Datum in die Unterlagen geschrieben.
    Er trank sein Glas aus und verkündete: »Ich versuch’s noch mal mit dem Handy. Aber hier ist es zu laut. Ich telefonier auf der Toilette.«
    »Viel Erfolg!«, wünschte Pia.
    »Spül nicht aus Versehen das Handy runter«, feixte Gökhan.
    »Ich pass so lange auf deine Treats auf«, versprach Arne und leckte sich übertrieben die Lippen.  
    Die Halloween-Dekoration im Cineplex war spärlich ausgefallen. Die anlassgemäße Deko steuerten die Gäste mit ihren Kostümen bei. Alle Kinosäle standen offen, man konnte nach Belieben ein und aus gehen, und auf sämtlichen Leinwänden lief ein Nonstop-Horrorfilmprogramm. Die Ebenen wurden mit Gruselmusik beschallt, und aus den offenen Kinoeingängen gellten zuweilen Entsetzens- oder Todesschreie.
    Inzwischen ging es lebhafter zu. Kai kämpfte sich durch die Menge. Niemand wich vor einem grausig anzusehenden Zombie zurück.
    Auf einmal blieb er wie angewurzelt stehen. Sein Blick haftete auf der Krankenschwester – oder vielmehr auf der Rothaarigen, die sich als »mörderische Krankenschwester« verkleidet hatte. Sie trug eine altmodische Schwesternhaube und war in ein aufreizend knappes »Schwesternkostüm« gezwängt. Der tiefe Ausschnitt enthüllte üppige Brüste, der kurze Rock offenbarte lange, schlanke Beine. Das Kostüm war blutbesudelt. Ihre Hände steckten in OP-Handschuhen. Die Kuppen der Handschuhfinger waren abgetrennt und gaben lange, rot lackierte Nägel frei. Sie trug Strumpfbänder, an denen wie in Patronenschlaufen blutgefüllte Spritzen befestigt waren.
    Er spürte, dass seine Handflächen feucht wurden und Schweiß auf seine Oberlippe trat.
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