Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Knickerbocker Bande 28 - Titanic, Bitte melden

Die Knickerbocker Bande 28 - Titanic, Bitte melden

Titel: Die Knickerbocker Bande 28 - Titanic, Bitte melden
Autoren: Thomas Brezina
Vom Netzwerk:
Besuch aus dem Jenseits
    Poppi spürte sofort, daß etwas anders war als sonst. Als sie die schwere, dicke niedere Metalltür aufdrückte, packte sie eine seltsame Furcht. In dem dunklen Lagerraum, der vor ihr lag, tat sich etwas. Das Mädchen war sich da ganz sicher, obwohl es weder etwas Verdächtiges sehen noch hören konnte.
    Poppi räusperte sich und versuchte, ihrer Stimme einen festen, unerschrockenen Klang zu verleihen. „Hallo... ist da jemand?“ rief sie - Keine Antwort. In dem langgestreckten, öligen Raum war nur das gleichmäßige Stampfen der nahen Maschinen zu hören. Um ihn zu betreten, mußte man eine zwanzig Zentimeter hohe Schwelle übersteigen. Sie sollte verhindern, daß Wasser in den Frachtraum gelangte, wenn das Schiff in einen Sturm geriet. An diesem Tag erschien dem jüngsten Mitglied der Knickerbocker-Bande die Schwelle mindestens zwei Meter hoch.
    Poppi zögerte. Was hielt sie zurück? Sie ärgerte sich über sich selbst. „Jetzt geh schon, du feige Nuß!“ schimpfte sie mit sich. Sollte sie nicht doch umdrehen und Lieselotte oder Axel holen? „Die werden wieder lachen und mich für bescheuert halten“, dachte sie. Nichts da. Sie wollte jetzt zu Emil, ihrem tibetanischen Tempelhund.
    Erst als die „Titanic“, auf der sich die Knickerbocker befanden, bereits auf hoher See fuhr, war dem Kapitän eingefallen, daß er keine Hunde in den Kabinen dulden wollte. Deshalb mußte der Hund, der wie ein Staubwedel auf Beinen aussah, die Reise in einem Zwinger im Frachtraum machen. Poppi besuchte ihn hier mindestens viermal am Tag. Für heute sollte es der letzte Besuch sein, denn es war schon kurz vor 22 Uhr.
    Poppi holte tief Luft, spannte die Muskeln an und betrat den Lagerraum. Sie tastete nach dem Lichtschalter an der Wand, um die Neonröhren in Gang zu setzen. Aber er befand sich nicht mehr an der Stelle, wo sie ihn sonst immer gefunden hatte.
    Zwischen den fast zimmergroßen Containern aus Stahl und Holz erhob sich ein gleichförmiger Ton. Er klang wie ein langgezogenes „Aaaaaaaaa“ eines Frauenchores. In Poppis Brust krampfte sich alles zusammen, als hätte jemand einen Schraubstock angesetzt. Das „Aaaaaaaaa“ wurde tiefer. Am anderen Ende des Raumes tanzte für einen kurzen Moment ein schwacher Lichtschein. So schnell, wie er gekommen war, verschwand er wieder.
    Poppi stand wie angewurzelt da. Sie wagte es nicht, sich zu bewegen.
    Das Mädchen hielt den Atem an und wartete, was weiter geschehen würde. Das „Aaaaaaaaa“ schien kein Ende zu nehmen und hörte sich immer unwirklicher und außerirdischer an.
    Hinter Poppi erlosch das Licht im Gang. Es wurde durch eine Zeituhr gesteuert. Um es wieder einzuschalten, mußte das Mädchen zurück in den Gang und einen rot leuchtenden Knopf drücken. Doch im Augenblick fehlte ihm dazu der Mut. So blieb ihm nichts anderes übrig, als zu verharren, wo es war, und abzuwarten, was geschehen würde.
    Poppi mußte nicht lange warten: der gelblich flackernde Lichtschein tauchte wieder auf. Er kroch langsam über die Rückwand des Raumes und bewegte sich zur Mitte hin. Poppis Herzschlag setzte fast aus, als sie sah, woher das Licht kam. Hinter einem Stapel von Holzkisten trat eine dunkle Gestalt hervor. Sie hielt eine brennende Kerze in der ausgestreckten Hand. Es handelte sich um eine Frau mit einem altmodischen, schachtelförmigen Hut. Sie trug einen bodenlangen Rock und darüber eine langärme- lige Jacke. Um ihre Schultern hatte sie einen Pelz geschlungen. Über Kopf und Hut war ein schwarzer, fast undurchsichtiger Schleier geworfen.
    Der Frau folgte ein Mann, ebenfalls mit Hut und Mantel. Auch er war in einen schwarzen Schleier gehüllt, hatte den Kopf zu Boden gesenkt und trug eine flackernde Kerze. Als letzter folgte ein Junge in Knickerbocker-Hosen und kurzem Mantel. Er hatte eine Schirmkappe auf, und auch bei ihm fehlten Kerze und Schleier nicht.
    Die drei Erscheinungen gingen nicht: sie schienen zu schweben. Das „Aaaaaa“ hatte nun den Klang einer Wehklage angenommen und wurde lauter und lauter. Unbeirrt setzten die verschleierten Gestalten ihren Weg fort. Poppi rang nach Luft und torkelte zurück, bis sie in ihrem Rücken die Wand spürte. Mit einem Mal erschien ihr die Luft im Laderaum eiskalt. Ein frostiger Hauch schlug ihr ins Gesicht. Er wehte offenbar von den Schattengestalten zu ihr. Zitternd zog Poppi die Schultern hoch und wollte ihre Hände verschränken. Dabei streifte sie das rechteckige Kästchen vor ihrem Bauch. Es war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher