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Nackt

Nackt

Titel: Nackt
Autoren: David Sedaris
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habe deshalb den ganzen frühen Nachmittag mit T-Shirt verbracht. Ich bin übers Gelände gewandert und habe die vielen Menschen gesehen, die kaum je das Klubhaus oder die Freizeitanlagen besuchen. Hier waren Männer und Frauen, die in ihren Gärten knieten und mit Geräten zum Jäten hantierten, genau wie andere Hausbesitzer auch, nur ohne hinderliche Kleidung. Auf dem Gras saßen Vater und Tochter neben einer Zementnixe, klimperten «Muskrat Love» auf ihren Gitarren, und eine Frau mittleren Alters summte mit, wusch sich die Haare und spülte den Schaum mit einem Gartenschlauch aus. Auf dem Spielplatz stand ein sommersprossiges Kind ganz allein auf der Zinne des Sperrholzturmes und hob einen Plastikeimer voller Steine. In einem Hintergarten warf ein Mann seinen Holzkohlengrill an. Seinen Brustkorb schützte er mit einer Schürze, auf welcher «World’s Greatest Chef» stand, und seinen Bulettenwender benutzte er, um eine Fliege von seinem Arsch zu verscheuchen. Das Nudistenleben war genauso profan wie das andere, vielleicht sogar noch ausgeprägter, da man nie das Gelände verlassen durfte. Dort draußen war die bekleidete Welt, nur einen Schritt vor dem Eingangstor. Dort gab es Restaurants und Kinos, ein breitgefächertes Angebot an Zerstreuungen, die meine Nachbarn aufgegeben hatten, um Hühnchenbrüstchen nackt grillen zu können. Ich hatte offenbar irgendwas verpasst. Ich hatte nackt Geschirr gespült und im Klubhaus gegessen, hatte mir Kartoffelchipskrümel aus dem Schamhaar gepflückt und mich gefragt, was die ganze Aufregung sollte. Ich habe nackt pétanque gespielt und nackt ferngesehen, und danach habe ich nackt gegähnt und fand nicht, dass sich dieser Seufzer von bisherigen Bekundungen der Anödung unterschied. Ich höre die Menschen sagen: «Warum sollen wir zum Mittagessen in die Stadt, wenn wir hierbleiben und nackt sein können?» Man mag ja gern Golf spielen oder angeln gehen, aber das hält einen doch nicht davon ab, ins Warenhaus oder zum Chinesen zu gehen. Vermutlich kann man als eingefleischter FKKler überhaupt nicht irgendwohin, nur auf die paar Plätze und isolierten Strände, wo sie einen haben wollen. Alle sind aufgeregt, weil am Wochenende viele neue, angeblich jüngere Tagesgäste und Wohnwagenbesitzer kommen sollen, die noch nicht im Rentenalter sind. Am späten Nachmittag ging ich zu den Liegestühlen am Swimmingpool und lernte ein lustiges Paar in den späten Dreißigern kennen. Duke und Roberta haben eine Rasenpflegefirma und sie hatten gerade ihren einwöchigen Urlaub begonnen. Mit sechsunddreißig ist Roberta bereits dreifache Großmutter. Duke, ihr dritter Mann, ist mit Sportwagen, Zylinderhüten und schönen Frauen tätowiert. Alles, was er sich im richtigen Leben nicht leisten kann, ist auf Armen, Rücken und Brustkorb abgebildet. Die Direktorin des FKK-Geländes sieht es nicht gern, wenn getrunken wird, aber das Paar arbeitete sich trotzig durch das dritte Sechserpack und hatte die leeren Dosen zu einer von Bienen bedeckten Pyramide auf einem der dortigen Tische aufgetürmt.
    «Duke hier ist der große Nudist», sagte sie. «Er hat zwei Jahre gebraucht, um mich zu beschwatzen, und letzten Sommer sind wir dann schließlich mit eigenem Hänger hergefahren. Es ist hier auch ganz prima; nur diese gottverdammten Snobs gehen mir auf den Geist. Manche tragen die Nase so hoch in der Luft, dass sie noch mal an ihrer eigenen Großkotze ersticken werden. Da sitzen sie auf dem Protzhügel in ihren Achtzigtausend-Dollar-Hängern und auf ihren heißgemachten Golfkarren und glauben, ihre Scheiße riecht besser als unsere. Einige dieser Zippelzicken …»
    Duke tätschelte ihr kurz den Arm und nickte einer Weißhaarigen zu, die in unsere Richtung starrte.
    «Was?», sagte sie. «Ich darf das Wort Zicke sagen. Das ist die Koseform von Ziege; weibliches Nutztier. Schlag’s im Wörterbuch nach, du Votze.» Sie winkte mich näher heran. «Man darf hier nicht fluchen, man kann also gar nicht vorsichtig genug sein, wenn man was sagt, sonst zeigt einen so ein alter Wichser noch an wie nix.» Auf «nix» versuchte sie mit den Fingern zu schnipsen, aber die waren mit Sonnenöl beschichtet und gaben nur ein mattes Patschgeräusch von sich. Roberta klärte mich über jeden auf, wobei sich ihre Gemütslage von Zorn zu einer besoffenen, schlabbrigen Sentimentalität wandelte, die ich abstoßend gefunden hätte, wenn Roberta mir nicht so lieb gewesen wäre. «Sieh mich an», sagte sie und vertrieb durch
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