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Nackige Engel

Nackige Engel

Titel: Nackige Engel
Autoren: Max Bronski
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ausmachen, aber ich wusste, dass er früher oder später an seinen Schreibtisch zurückkehren würde. Ich nahm meinen Totschläger aus dem Hosenbund und schlich mich in das Zimmer.
    Der Raum war leer, aber zweifellos war Stan in der Nähe. In der Ecke stand eine halb offene Golftasche, ein graues Jackett hing über seinem Bürosessel und eine benutzte Kaffeetasse stand neben dem Telefon. Vor seinem Schreibtisch angekommen, merkte ich plötzlich, wie der leichte Luftzug, den ich die ganze Zeit über im Nacken gespürt hatte, erstarb. Irgendwo fiel eine Tür sacht ins Schloss. Ich sprang aus dem Blickfeld. Stan kam herein. Er hatte einen Hängeordner in der Hand, den er im Gehen sondierte. Ich trat hinter ihn und kickte die Tür mit der Stiefelsohle zu. Er fuhr herum.
    – Hallo, Stan.
    – Willkommen in meinem Reich.
    Seine verzerrte Miene wirkte jedoch alles andere als einladend. Stans Hand ging zum Telefon. Ich gab ihm einen Schlag auf den Handrücken. An meiner Entschlossenheit ließ ich keinen Zweifel aufkommen.
    – Was willst du?
    – Setz dich!
    Mit meiner Stahlrute deutete ich auf den Besucherstuhl. Ich setzte mich ihm gegenüber, sodass ich ihn immer gut im Blick hatte und unter Kontrolle halten konnte. Aus meiner Hosentasche zog ich den mitgebrachten Behälter und legte ihn auf den Tisch.
    – Fangen wir von vorne an.
    – Was soll das sein?
    – Ein Stück aus Innerkoflers Janker. Habe ich bei einer Reifenpanne zwischen den Bodenblechen herausgepult.
    Stans Hand zuckte vor. Ich haute mit der Rute auf den Tisch.
    – Pfoten weg! Möchtest du etwas dazu sagen?
    Er schüttelte den Kopf.
    – Damals habe ich gekuscht, heute nicht mehr: Dieses Beweisstück gebe ich weiter. Darauf kannst du dich verlassen.
    – Gossec, der Denunziant. Wie tapfer!
    – Deine biegsame Moral habe ich nicht. Wer nicht für deinen Vorteil arbeitet, den betrachtest du als Schwein. Du warst mal mein Freund. Unvorstellbar, dass du dich mit den Nazis zusammengetan hast, um den Wert deiner gammeligen Immobilie hochzutreiben.
    Stan lachte nur.
    – Die Zahlungen an die lassen sich sicher nachweisen, ist aber nicht mein Bier. Du wirst sehen, dein brauner Deal platzt noch. Wäre ja irre, wenn die Stadt da mitzieht. Aber das sind ja nur Kleinigkeiten. An sich geht es um eine schwerwiegendere Geschichte.
    – Aha!
    – Du hast mit Wolfertshofer gepokert und ihn umgebracht, weil er nicht zahlen wollte.
    – Tolle Theorie!
    – Deswegen wolltest du mir an den Wickel. Ich hatte mit der Autogrammkarte ein Beweisstück. Dort waren die Summen, um die ihr gespielt hattet, abgezeichnet.
    Stan fuhr hoch wie ein Schachtelteufel. Er wollte mir an den Kragen. Ich fackelte nicht lange und setzte ihn mit einem Haken auf die gepolsterte Unterlage zurück. Er betastete seine blutige Lippe. Nun wirkte er angeknockt.
    – Erzähl schon!
    Ich deutete mit meinem Totschläger eine Ausholbewegung an. Stan hob abwehrend die Arme und verbarg seinen Kopf dahinter.
    – Lass das! Es war kein Mord. Er ist kollabiert.
    – Aber du wolltest mir das Ding in die Schuhe schieben.
    Wieder wollte er auffahren. Ich stieß ihn zurück.
    – Spielschulden sind Ehrenschulden, schrie er. Und danach gehört seine Wohnung mir. Die hatte er als Pfand eingesetzt. Hätte ich verloren, hätte er die Hand aufgehalten, und ich säße heute mit überhaupt nichts mehr da. Aber am nächsten Morgen ruft diese Drecksau an, um mir zu sagen, dass er überhaupt nichts bezahlt. Ich könne ja versuchen, die Wohnung einzuklagen. Logisch, dass es da Zoff gab . . .
    Da ertönte das Signal eines Summers. Ich bedeutete Stan sitzen zu bleiben.
    – Was ist das?
    – Die Klingel unten.
    Ich ging zum Schreibtisch und drückte die Sprechtaste.
    – Ja bitte?
    Ich hatte das barsch geraunzt. Doch dann erstarrte ich.
    – Hallo, Stan, hier ist Emma. Emma Trovato. Tut mir leid, dass ich dich da oben aufscheuchen muss. Aber du musst vorhin bei unserem Termin mein Telefon eingesteckt haben.
    – Emma bleib, wo du bist, rief ich.
    – Gossec?
    Ich war abgelenkt und passte nicht auf. Stan hatte inzwischen mit den Füßen seine Golftasche herangezogen. Als sie umkippte, fuhr ich herum. Zum Glück für mich bekam er den Schläger nur am Kopfende zu fassen. Ich sah noch, wie er mit dem Schaft ausholte, und warf mich zur Seite. Meine Reaktion kam zu spät. Ein fürchterlicher Schlag traf meinen Schädel. Ich brüllte wie ein Ochse, den der erste Bolzenschuss nur gefällt, aber nicht getötet hatte. Der implodierende
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