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Nachtgespenster

Nachtgespenster

Titel: Nachtgespenster
Autoren: Jason Dark
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Stelle stehenzubleiben. Sie ging unruhig hin und her. Nicht nur vor und zurück, sondern auch im Kreis, und sie schaute mich dabei immer wieder an, als könnte ich ihr eine Antwort auf die für sie spürbare Veränderung geben.
    Ich war noch nicht dazu gekommen, das Schloß zu durchsuchen, abgesehen von dem Besuch im Keller. Wenn ich in eine bestimmte Richtung sah, dann schien die Halle hier kein Ende mehr zu nehmen. Sie tauchte ein in das Grau des schwächer werdenden Tageslichts und kam mir vor wie ein für die Unendlichkeit gebauter Tunnel.
    Doreen hatte mich beobachtet und meinen Blick bemerkt. Sie hatte auch die richtigen Schlüsse gezogen und erklärte: »Es gibt hier unten keine Trennung zwischen den Räumen. Du kannst bis zum anderen ende des Schlosses einfach durchgehen.«
    »Was würde ich dort finden?«
    »Andere Säle, in denen früher einmal gefeiert und getafelt wurde. Das denke ich mir.«
    »Gibt es dort auch Zugänge zu den unterirdischen Bereichen?« wollte ich wissen.
    »Ich denke schon. Aber es hat keinen Sinn, wenn du hingehst«, sagte sie schnell. »Ich habe Zeit genug gehabt, das Schloß zu durchsuchen. Es gibt keinen Zugang.«
    »Auch keinen geheimen?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Zwischen uns schlief die Unterhaltung ein. Ich war ehrlich genug, um zuzugeben, daß die Warterei auch an meinen Nerven zerrte. Wenn es nach mir ging, dann hätte der Vampir ruhig erscheinen können. Ich war auf ihn gefaßt. Ich würde mich ihm stellen. Je schneller, um so lieber. Er hatte Zeit, denn er diktierte das Geschehen.
    Draußen zog sich der Sonnenball immer mehr zurück. Er war zudem dabei, seine Farbe zu verändern. Doreen und ich hatten kaum bemerkt, wie die Zeit vergangen war, aber sie näherte sich immer öfter den Fenstern an der Westseite.
    Schon ziemlich gerötet balancierte der Ball auf der Kante eines breiten, schattigen Streifens. Er war der Beginn der Dämmerung, die sich in der nächsten Zeit höher und höher schieben würde, um schließlich den gesamten Himmel zu bedecken.
    Plötzlich schrie Doreen auf.
    Ich wußte zuerst nicht, warum sie so reagiert hatte.
    Körperlich tat ihr nichts weh, und auch das Kreuz glänzte nicht auf, so daß sie deswegen hätte Schmerzen spüren müssen. Nein, es war etwas anderes.
    Sie zeigte es mir. »Schau hin, John, schau genau hin!« Ihr ausgestreckter linker Zeigefinger wies genau auf die schmutzige Scheibe und schräg gegen den Himmel.
    Blaß, noch sehr blaß malte sich dort ein Kreis ab, der das Gegenteil zur Sonne bildete. Der Mond!
    Doreen klammerte sich an meinem linken Arm fest. »Siehst du ihn, John, er ist schon da. Er wartet auf uns und auf meinen verfluchten Vater. Seine Zeit bricht an. Ich spüre, wie er erwacht und stärker wird. Und auch die Nachtgespenster werden kommen. Er gehört ja dazu. Wir können es nicht ändern.«
    »Aber wir haben die Chance, uns darauf vorzubereiten«, erwiderte ich.
    Das plötzliche Brausen ließ uns beide verstummen. Ich zumindest blieb nicht starr stehen und drehte mich nach rechts, denn aus dieser Richtung war es aufgeklungen.
    Mein Blick fiel in den grauen Tunnel hinaus. Echos glitten über die Wände, als wären Vogelschwingen in heftige Bewegungen geraten, um den Tieren die Chance zu geben, das Innere des Schlosses in Besitz zu nehmen.
    Noch sah ich sie nicht, aber es bildete sich eine noch dunklere, tobende und flatternde Wolke.
    Nein, es waren keine Vögel, auch wenn diese Tiere Schwingen besaßen, mit denen sie sich fortbewegten.
    Eine Armee von Fledermäusen flog aus dem Dunkel des ›Tunnels‹ auf uns zu…
    ***
    Wie ein plattgedrücktes Bündel hatte der Vampir in der Finsternis seines Versteckes auf dem Boden gelegen. Einer, der sich trotz der Schutzes verkrochen hatte.
    Die Zeit war vorbei. Ebenso wie das qualvolle Jammern, als litte er unter gewaltigen Schmerzen. Er hatte genau den Weg der Sonne gespürt. Kein Strahl hatte die Dunkelheit um ihn herum aufgerissen, und doch hatte er schrecklich gelitten.
    Die Sonne wanderte. Sie sank. Sie verlor an Kraft, und ihr Gegenpol stieg allmählich hoch.
    Der Mond war nur eine blasse Scheibe, kaum zu sehen am Himmel, und doch spürte ihn der Earl of La Monte. Seine Kraft ging auf ihn über, und aus dem Mund des Blutsaugers drangen stöhnende Laute, die sich jetzt freudiger anhörten.
    Er kam wieder mit sich zurecht. Die Zeit des langen Schlafens und Dahinsiechens war vorbei. Zuckend bewegte er seine Arme. Die Hände fanden Halt an der Mauer. Das auf dem Boden
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