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Nachtgespenster

Nachtgespenster

Titel: Nachtgespenster
Autoren: Jason Dark
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werden wir wohl nie herausfinden, glaube ich.«
    »Da hast du wohl recht.«
    Mit der freien Hand deutete Doreen auf die Tote. »Ich habe meine Mutter sehr geliebt. Es macht mir auch nichts aus, sie hier liegen zu sehen. Ich nehme jedesmal von ihr Abschied. Immer und immer wieder. Das muß ich einfach tun.«
    »Ja, das kann ich gut verstehen.«
    Sie bückte sich, stellte den Leuchter wieder ab und fing damit an, einige Blumen zu richten und zurechtzulegen. Daß auch verfaulte darunter waren, störte sie nicht.
    Ich durchsuchte mittlerweile die alte Gruft. Es gab keinen weiteren Zugang. Auch auf dem Weg in den Keller hatte ich keine Verstecke gesehen. Und doch mußte sich dieser verfluchte Vampir hier unten verbergen. In seiner Höhle, in seinem Versteck, das nur er kannte.
    Doreen wollte wieder gehen. Sie kam auf mich zu und hielt den Leuchter dabei in Kopfhöhe. Im Licht machte sie auf mich einen so fremden Eindruck, denn sie glich mehr einer ferngelenkten Marionette als einem Menschen.
    »Ich möchte nicht mehr hier unten bleiben, John. Es ist mein letzter, mein Abschiedsbesuch gewesen.«
    »Das weißt du genau?«
    »Ja, ich spüre es. Die nächsten Stunden werden für mich entscheidend sein. Dann wird sich die Waage neigen. Entweder positiv, zum Menschsein, oder in die Hölle, als Mitglied der Nachtgespenster«, brachte sie flüsternd hervor.
    »Bestimmt nicht.«
    Über meine Antwort konnte sie nur müde lächeln. Gemeinsam gingen wir wieder nach oben. Doreen drehte sich nicht einmal mehr um. Mir blieb nicht verbogen, daß sie still weinte. Es war gut, diesen widerlichen Gestank verlassen zu können. In der großen Eingangshalle atmeten wir beide tief durch. Nach der Dunkelheit in der Tiefe kam die Halle mir heller vor. Als sich meine Augen allerdings an das Licht gewöhnt hatten und ich einen Vergleich zum ersten Betreten der Halle anstellte, da merkte ich schon, daß sich auch hier etwas verändert hatte.
    Es war nicht mehr so hell wie bei unserem Kommen!
    Das lag am Licht, denn die Sonne war weitergewandert. Ihre Strahlen erreichten die Erde jetzt aus einem anderen Winkel. Es würde nicht mehr lange dauern, bis sie durch die Fenster nicht mehr zu sehen war, weil der Westen sie geschluckt hatte.
    Doreen waren meine Blicke aufgefallen, mit denen ich die Fenster gestreift hatte. »Es ist Zeit vergangen, John, und es wird nicht mehr lange dauern, denke ich.«
    »Noch haben wir Zeit.«
    Sie lächelte verkrampft und spielte mit dem Kreuz vor ihrer Brust. Einige Male glitt es durch ihre Finger, bevor es wieder zurückfiel. Mit raschen Schritten ging sie an mir vorbei und blieb vor dem Fenster stehen, um nach draußen zu schauen.
    »Mir ist kalt«, sagte sie.
    Ich ging zu ihr, aber sie drehte sich um. »Ja, John, mir ist kalt«, erklärte sie nickend. »Sehr kalt sogar. Obwohl sich die Temperatur hier nicht verändert hat. Weißt du, was das bedeutet? Oder spürst du es auch?«
    »Nein, noch nicht…«
    »Du bist auch ein normaler Mensch.«
    Ich legte beide Hände gegen ihre Wangen. »Bitte, Doreen, so darfst du nicht denken, laß dir Zeit…«
    »Wie das?«
    »Es wird sich später einiges ändern.«
    »Ja, wenn er kommt. Dann ist es zu spät.« Wieder schauderte sie zusammen. »Mir ist, als stünde er hinter mir. Als wären seine kalten Hände dabei, über meinen Rücken zu streichen. Die Sonne hat kaum noch Kraft. Sie verschwindet immer mehr. Ich bilde mir die Kälte auch nicht ein, und ich erlebe sie nicht zum erstenmal.«
    »Sondern?«
    Doreen hob ihren Blick. »Sie ist ein Vorbote der Nachtgespenster, John. Bevor die Geister hier erscheinen, dringt die Kälte hierher. Sie kriecht durch die Mauern, als wären sie porös. Sie läßt sich nicht stoppen. Auch wenn ich mir einen Mantel hole und ihn überstreife, werde ich immer weiter frieren. Sagt man nicht immer, daß der Tod so schrecklich kalt ist, John? Kennst du diese Aussagen?«
    Ich hatte die Hände von ihren Wangen genommen. »Ja, ich kenne diesen Spruch.«
    »Für mich ist er wahr, John.«
    »Aber jetzt bin ich bei dir.«
    Sie schwieg. So recht hatte ich sie nicht überzeugen können. Das Kreuz schimmerte in seinem silbrigen Schein. Gern hatte ich es nicht aus der Hand gegeben, aber mit der Beretta besaß ich noch eine zweite Waffe gegen Vampire.
    Noch reagierte das Kreuz nicht. Ein Zeichen, daß eine unmittelbare Gefahr noch nicht bevorstand. Ich vertraute ihm. Es würde sich rechtzeitig genug ›melden‹.
    Doreen La Monte schaffte es nicht mehr, auf der
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