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Falsches Spiel

Falsches Spiel

Titel: Falsches Spiel
Autoren: Mariano Hamilton
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    »N’abend«, bellte die raue Männerstimme ins Telefon. »Kommen Sie heute Nacht um zwei in mein Haus. Calle Echeverría 436, San Antonio de Padua. Ich erwarte Sie.« Bevor ich antworten konnte, wurde einfach aufgelegt.
    Missmutig notierte ich mir die Adresse. Ich war es nicht gewohnt, so behandelt zu werden. Aber die Auftragslage war nicht gerade rosig, also beschloss ich, es mit Gelassenheit zu nehmen. Ich holte mir den Rest des Sandwichs, das mir María am Mittag zubereitet hatte, goss mir das Glas halb voll mit Fernet, zündete eine Clifton an, ließ mich in den Sessel zurücksinken und legte die Füße auf den Tisch. Ich wollte nachdenken, und das ging in dieser Haltung am besten. San Antonio de Padua. Irgendwas klingelte da bei mir. Ich hatte den Namen vielleicht drei- oder viermal in meinem Leben gehört, und ich war mir sicher, das letzte Mal war noch nicht allzu lange her.
    Ich stand auf und nahm meinen Mantel. Um herauszufinden, worauf ich heute Nacht gefasst sein musste, gab es nichts Besseres als eine Tortilla, einen Cinzano und Espiños Informationen. Er würde meinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Bevor ich ging, richtete ich vor dem Spiegel den Knoten meiner blauen Krawatte und bürstete über die Schultern des schwarzen Anzugs: Ich musste mir wirklich dringend ein Shampoo gegen Schuppen kaufen.
    Ich fuhr die neun Stockwerke hinunter und stieg in den schwarzen Gordini. Ich legte den zweiten Gang ein und ruckelte los; ich musste unbedingt demnächst die Gangschaltung reparieren lassen. Mit einem Auto in diesem Zustand konnte man unmöglich jemanden verfolgen. Zum Glück war ich in den letzten Monaten nicht in diese Verlegenheit gekommen. Leider hatte ich in derselben Zeit auch meine Reserven aufgezehrt und hielt mich nur dank Marías Sandwichs und Espiños Kredit über Wasser.
    Ich fuhr die Avenida Córdoba hoch und hatte eine grüne Welle, was mir ein absurdes Gefühl von Genugtuung gab. Dann überquerte ich die Canning und bog an der Serrano rechts ab. Ich schaute auf die Spritanzeige: Der Tank war fast leer. Hoffentlich hatte Espiño gute Laune. Ich wollte ihn um Geld bitten, damit ich es mit dem Gordini bis nach San Antonio de Padua schaffte. Schließlich nahm ich die Cabrera und stellte das Auto ein paar Meter hinter der Gurruchaga ab. Aus Espiños Bar schallte Musik herüber; es war mir ein Rätsel, wie der Spanier es anstellte, dass ihn die Nachbarn nicht wegen Lärmbelästigung anzeigten. Ich trat ein und sah dieselben Gesichter wie immer: Espiño stand lächelnd hinter dem Tresen, Carlos lag über den Tisch am Fenster gebeugt, vor sich drei leere Gläser, und Andrea versuchte, mit dem einzigen unbekannten Gast ins Geschäft zu kommen, der sie argwöhnisch musterte und zögerte, die verlangte Summe zu zahlen. Auf dem Plattenspieler lief eine Schnulze von Sandro.
    »Wie geht’s?«, rief Espiño und schwenkte das Geschirrtuch durch die Luft wie ein Chalchalero-Sänger.
    »Na ja …, ich wollte was essen und mit dir reden«, sagte ich beiläufig, als ob Espiño nicht wüsste, dass ich ihn anpumpen wollte.
    »Setz dich, ich mach dir gleich eine Tortilla. Und hier«, sagte er, nahm den Cinzano und den Fernet aus dem Regal hinter sich, holte ein Sodawasser aus dem Kühlschrank und stellte alles zusammen mit einem Glas vor mich hin.
    »Bedien dich.«
    »Danke, Gallego«, konnte ich gerade noch sagen, bevor er in der Küche verschwand.
    Wieder blickte ich mich um, doch da war nichts, was meine Stimmung gehoben hätte. Andrea feilschte weiter mit ihrem potentiellen neuen Freier. Carlos schlief nach wie vor, nur in einer anderen Position: Der Kopf lag nicht mehr auf seinem rechten Arm, sondern mit der Stirn auf dem Tisch, als wäre er vornübergekippt.
    Schweigend genoss ich meinen Aperitif und lauschte der Stimme von Marikena Monti. Drei Minuten später kam Espiño mit einem dampfenden Teller zurück.
    »Sieht aus, als hätte ich einen Job«, sagte ich, als Espiño mir das Besteck reichte. »Nichts Weltbewegendes, glaub ich, aber es ist immerhin ein Job.«
    Ich nahm einen ersten Bissen von der Tortilla. Espiño lächelte zufrieden.
    »Na prima. Das freut mich doppelt. Erstens, weil ich schon Angst hatte, du würdest noch einrosten, und zweitens, weil du mir dann ja meine Kohle zurückzahlen kannst. Das entlastet die Freundschaft«, bemerkte er grinsend und zeigte dabei seine gelben Zähne.
    »Ich muss dich noch mal um einen Gefallen bitten«, sagte ich mit vollem Mund. »Der Termin ist heute
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