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Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Titel: Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin
Autoren: Kester Schlenz
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erlosch. Michael fiel zu Boden. Mit glasigen Augen, den Mund voller Blut. Plötzlich aber klärte sich sein Blick. Er sah mich an. Ich hob eine Hand.
    »Michael.«
    Meine Stimme war nur noch ein Krächzen.
    Aber in seinem Blick lag keine Liebe. Nur Zorn und tiefe Trauer.
    »Du!« Seine Stimme war schneidend. »Du hast diese ganzen Menschen umgebracht! Und jetzt… machst du mich zum Mörder. Zum Mörder!«
    Ich wollte ihm etwas entgegnen, aber ich war zu schwach. Kein Laut kam über meine Lippen. Mein Herz wurde unendlich schwer. Ich sah ihn an. Der Ausdruck seiner Augen veränderte sich. Jetzt lag darin blanker Ha ss. Ich war zutiefst entsetzt.
    Dann schwanden mir die Sinne. Das Wort »Mörder« hallte wie ein düsteres Echo durch meine dunklen Träume.
    Ich erwachte in Vars Zimmer im unterirdischen Gewölbe der »Dunklen Schwestern«. Vor dem Bett, auf dem ich lag, saß eine Gestalt. Ich fuhr hoch. Michael?
    Aber es war Solveigh, die sich sofort zu mir kniete und mich sanft auf das Bett zurückdrückte. »Du hast lange geschlafen, Ludmilla. Sehr lange. Du brauchst Ruhe. Die Erschaffung deines Geliebten hat dich fast umgebracht.«
    »Michael«, flüsterte ich. »Wo ist er?«
    Solveigh blickte zu Boden. Ich spürte Unsicherheit und Angst.
    »Wo ist er? Sag es mir! Sofort!«
    »Sie sind weg, Ludmilla. Michael und Gregor. Als das Licht am Felsen erlosch, war Gregor plötzlich mit ihm verschwunden. Irgendwo im Wald. Wir haben sie nicht gesucht. Wir wussten nicht, was wir tun sollten. Also brachten wir dich ins Gewölbe und warteten.«
    Ihre Worte trafen mich wie Keulenschläge.
    »Du lügst«, schrie ich. »Was habt ihr mit ihnen gemacht?«
    »Ludmilla«, sagte Solveigh. »Töte mich, wenn du mir nicht glaubst, aber es ist die Wahrheit. Sie sind beide weg.«
    Ich sah sie an und wusste, dass sie nicht log.
    »La ss mich allein«, bat ich und drehte mich von ihr weg.
    Sie ging hinaus.
    Ich lag stundenlang allein in Vars Zimmer und dachte über das Geschehene nach. Was hatte Gregor Michael erzählt, als er erwachte? Wollte er mich nicht wiedersehen? Durfte er es nicht? Wann würde ich darauf eine Antwort finden?
    Ich verbrachte den nächsten Tag im Gewölbe. Man brachte mir Blut in Weingläsern, um mich zu stärken. Ich trank es und fühlte mich mit jedem Tag besser. Zumindest körperlich. Solveigh schickte auf meine Bitte ein paar Schwestern los, die in Barkers Haus und Michaels Wohnung nachsahen, ob es irgendeine Spur von den beiden gab.
    Aber sie fanden weder die beiden, noch irgendeinen Hinweis, dass sie noch einmal in eines der Häuser zurückgekehrt waren. Dafür brachten sie mir eine Zeitung mit. Die Titelzeilen sprangen mich förmlich an:
    Mysteriöse Morde
Marian Goldstein, die Gattin des verschwundenen Chefs der Mordkommission, wurde vor zwei Tagen ermordet in der Wohnung des bekannten Regisseurs Morton Went aufgefunden. Wents Leiche fand die Polizei zerstückelt im Keller seines Hauses. Beide Körper sollen Zeugenaussagen zufolge nahezu blutleer gewesen sein.
    Michael hatte sich also seine ersten Opfer gesucht: Marian, seine eigene Frau, und ihren Liebhaber. Sie, die ihn gedemütigt hatten.
    Ich ließ meine Wohnung und Gregors Haus beschatten, um, wenn möglich, Kontakt mit Michael aufzunehmen, aber weder er noch Gregor ließen sich sehen. Es gab keine Anrufe im Club und auch keine auf meinem Anrufbeantworter in meiner Wohnung. Ich musste mich schließlich mit der Tatsache abfinden, dass Michael mich offensichtlich nicht wiedersehen wollte. Er und Gregor waren und blieben verschwunden. Zwei dunkle Brüder, die irgendwo auf der Welt ihren Mordgelüsten nachgingen.
    Ich verließ das Gewölbe mehrere Tage nicht, sondern saß in Vars Zimmer, brütete dumpf vor mich hin und ließ Solveigh Entscheidungen treffen, die den O rden betrafen. Mir war klar, dass alles für meine Schwestern auf einmal anders war. Die starre, strenge Ordnung war zusammengebrochen. Und sie hatten zum ersten Mal gesehen, wie sie selber erschaffen wurden. Erst später wurde mir klar, was sich noch geändert hatte. Jede der Schwestern wusste jetzt, wie man untotes Leben schaffte. Und ich hatte, ohne es zu wollen, die Verantwortung für sie übernommen. Ich würde dafür sorgen müssen, dass sie nicht außer Kontrolle gerieten. Vielleicht hatte Var dies alles geplant und deshalb alle Schwestern mit zum Felsen genommen. Vielleicht wollte sie mir auf diese Weise zeigen, was ich angerichtet hatte.
    Eines Abends ließ ich Pia zu mir kommen. Sie
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