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Nacht

Nacht

Titel: Nacht
Autoren: Richard Laymon
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gerade getan habe. Das hat ihn verscheucht.«
    »Trotzdem würde ich auf Nummer sicher gehen und die Polizei rufen.«
    »Weiß nicht. Er ist ja weg.«
    »Und woher wissen Sie, dass er nicht wiederkommt?«
    »Vielen Dank, Tony.«
    »Es tut mir leid für Sie. Geht es Ihnen gut?«
    »Hab mich bloß ein bisschen erschrocken. Ich bin ganz alleine im Haus, und er kam aus dem Wald geschlichen.«
    »Nackt, haben Sie gesagt?«
    »Erst war er nur halb nackt, aber dann hat er seine Shorts ausgezogen und ist im Pool herumgeschwommen.«
    »Komisch. Irgendeine Ahnung, wer das war?«
    »Nein. Irgend so ein Typ, der aus dem Wald kam.«

    »Ist dieser Wald vielleicht Miller’s Woods?«
    »Ja.«
    »Das ist kein guter Ort. Da hängen nämlich lauter Verrückte rum.«
    »Bisher ist noch nie einer aus dem Wald gekommen und in unseren Pool gesprungen. Soweit ich weiß, jedenfalls.«
    »Sie haben echt Glück gehabt, dass er Ihnen sonst nichts getan hat.«
    »Mmh mmh …« Ich dachte an die verschmutzte Glastür, sagte aber nichts.
    »Sie sollten wirklich die Polizei rufen«, beharrte Tony.
    »Ich weiß. Sie haben wahrscheinlich recht.«
    »Im Miller’s Woods werden ständig Leichen gefunden.«
    Das war mir nichts Neues. »Stimmt, hin und wieder finden sie eine«, sagte ich. »Aber das heißt noch lange nicht, dass sich in dem Wald ein geisteskranker Mörder versteckt. Die meisten wurden ganz woanders umgebracht und bloß im Unterholz abgeladen.«
    »Trotzdem würde ich nicht gerne direkt neben Miller’s Woods wohnen.«
    »Mich stört das nicht. Normalerweise ist es sehr nett und friedlich hier.«
    »Leben Sie denn alleine dort?«
    »Heute Nacht bin ich allein.«
    »Das ist nicht gut. Ich weiß schon, dass Sie das jetzt nicht hören wollen, aber Sie können wirklich nicht sicher sein, dass er nicht doch noch mal zurückkommt.«
    »Sagen Sie das doch nicht dauernd.«
    »Ich sage das, weil ich mir Sorgen um Sie mache. Sie klingen sehr sympathisch.«
    »Danke.«
    »Ich möchte nicht, dass Sie … na, Sie wissen schon.«
    »Werd ich schon nicht.«
    »Haben Sie denn auch einen Namen?«, fragte er.

    »Nein, meine Eltern haben vergessen, mir einen zu geben.«
    Er lachte leise, was wiederum mich zum Lächeln brachte.
    »Alice«, stellte ich mich vor. (Besser gesagt: Ich verriet ihm meinen richtigen Namen, der in diesem Buch geheim bleibt. Außer natürlich, Sie als Leser sind intelligent genug, um meine verborgene Nachricht zu entschlüsseln.)
    »Hallo, Alice.«
    »Hallo, Tony.« (Tony ist übrigens auch nicht sein richtiger Name.
    Ich sage das nur für den Fall, dass Sie bei der Einleitung gepennt haben. Tony, Serena, Charlie, Judy – das sind alles frei erfundene Namen. Auch Millers Woods und so weiter. Das nur zur Erinnerung.)
    »Sieht ganz so aus, als hätte ich mich verwählt«, sagte Tony.
    »Scheint so.«
    »Ich wollte eigentlich mit einer ganz anderen Frau sprechen …«
    »Habe ich mitbekommen. Sie heißt Judy und hat wohl mit Ihnen Schluss gemacht, stimmt’s?«
    »So ungefähr.«
    »Vermutlich haben Sie sie einmal zu oft nach Mitternacht angerufen.«
    »Meinen Sie?«
    »Solche Anrufe sollten Sie in Zukunft bleiben lassen. Da kriegt jeder einen Riesenschreck. Und noch einen guten Rat gebe ich Ihnen: Wenn Sie Ihre Judy zurückhaben wollen, dann dürfen Sie am Telefon keinen so verzweifelten Eindruck machen. So was mögen Frauen nicht.«
    »Sie haben wahrscheinlich recht.«
    »Klar hab ich recht.«
    »Gut, dass ich mich verwählt habe«, sagte er.
    »Mir hat es jedenfalls sehr geholfen. Immerhin hat es meinen widerlichen Besucher in die Flucht geschlagen.«
    »Und was machen Sie jetzt?«
    »Nichts. Schlafen gehen.«
    »Sie sollten da nicht bleiben. Nicht, wenn Sie ganz alleine sind.«

    »Es ist schon in Ordnung.«
    »Haben Sie denn keine Nachbarn, bei denen Sie die Nacht verbringen könnten?«
    »Nein, habe ich nicht. Hier ist niemand weit und breit.«
    »Und wie wär’s denn, wenn Sie …«
    »Glauben Sie mir, es ist alles in Ordnung! Er kommt heute Nacht bestimmt nicht noch einmal. Schließlich glaubt er, dass die Polizei schon unterwegs ist.«
    »Hoffentlich haben Sie recht«, sagte Tony.
    »Das hoffe ich auch.«
    »Ich möchte nicht übermorgen etwas über Sie in der Zeitung lesen.«
    »Das möchte ich auch nicht.«
    Er lachte leise auf. Dann sagte er: »Ich meine es aber wirklich ernst. Haben Sie vielleicht eine Freundin, die Sie anrufen könnten?
    Jemand, der vorbeikäme? Vielleicht Verwandte?«
    »Niemanden.«
    »Und wie wäre
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