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Nacht über der Menschheit

Nacht über der Menschheit

Titel: Nacht über der Menschheit
Autoren: Robert Silverberg
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Heim, Kinder ...
    »... zwei Tage Ruhe, viele heiße Getränke, und Sie werden wieder wie neu sein, Mr. Niles«, sagte der Arzt. »Kann ich sonst jetzt noch etwas für Sie tun?«
    »Ja«, sagte Niles. »Schicken Sie mir die Schwester, bitte. Miß Carroll, meine ich.«
    Der Arzt grinste und ging. Hoffnungsvoll wartete Niles, himmelhochjauchzend über sein neues Selbstbewußtsein. Er schaltete den dritten Akt der Meistersinger als Hintergrundmusik ein, ließ sich von der Wärme der Musik überspülen. Als sie den Raum betrat, lächelte er und überlegte, wie er anfangen sollte, das zu sagen, was er ihr sagen wollte.
     

 
Geburtshelfer
     
    Hinter den beruhigenden Wänden des Terra-Import-Hauptquartiers auf Kollidor fummelte Commander Leon Warshow nervös mit den Psych-Berichten herum, die auf seinem spiegelblanken Schreibtisch lagen. Commander Warshow dachte an Raumfahrer Matt Falk und an sich. Commander Warshow war dabei, voraussehbar zu reagieren.
    Personal-Lieutenant Krisch hatte ihm vor einer Stunde die Geschichte von Falk erzählt, und Warshow tat das, was man von ihm erwartete: Er wartete auf den Jungen, seit er nach einer kurzen Konferenz mit Cullinan, dem finsteren Psych-Offizier der Magyar, nach dem Jungen geschickt hatte.
    Ein Lautsprecher summte, dann: »Raumfahrer Falk für Sie, Sir.«
    »Er soll noch ein paar Minuten warten«, sagte Warshow. »Ich rufe ihn 'rein.«
    Das war eine taktische Verzögerung. Er wunderte sich, daß er, ein Offizier, so nervös war, wenn es um ein Gespräch mit einem Rekruten ging, während er den Stapel Aufzeichnungen über Matt Falk durchblätterte.
    2543 verwaist ... Akademie ... zwei Jahre Dienst auf Handelsschiff, Vertrag beim Militär ... Verletzung während der Reise nach Kollidor ...
    Im Anhang fanden sich umfassende medizinische Berichte über Falks Verletzung und dann Dr. Sigstroms O.K. Auch eine Disziplinar-Akte, die sehr günstig für ihn aussah, dazu ein ausgeglichenes Psychogramm über sein Seelenleben – gut.
    Warshow drückte auf den Summer. »Schicken Sie Falk 'rein«, sagte er.
    Ein Photonenstrahl klickte, die Tür schwang auf. Matt Falk trat ein und musterte seinen Commander steinern; Warshow funkelte zurück und betrachtete den jungen Mann, als sähe er ihn zum ersten Mal. Falk war gerade fünfundzwanzig Jahre alt, sehr groß und sehr blond mit breiten, muskelbepackten Schultern und klugen blauen Augen. Die Narbe auf seiner linken Gesichtshälfte war fast völlig unsichtbar, aber selbst eine chemo-therapeutische Inkubation konnte das Kinn des Jungen völlig glätten. Falks Gesicht wirkte komisch verzogen – die rechte, unverletzte Seite des Kiefers ging glatt in das Gesicht über, während auf der linken Seite Spuren des schrecklichen Unfalls an Bord erhalten geblieben waren.
    »Sie wollen mich sprechen, Commander?«
    »Wir verlassen morgen Kollidor, Matt«, sagte Warshow ruhig. »Lieutenant Krisch berichtete mir, daß Sie noch nicht ins Schiff zurückgekehrt sind, um Ihre Sachen zu packen. Warum nicht?«
    Der künstliche Unterkiefer des Mannes zitterte ein wenig. » Sie wissen es, Sir. Ich gehe nicht mit zurück zur Erde, ich bleibe hier, Sir ... bei Thetona.«
    Frostiges Schweigen, dann, mit berechneter Grausamkeit, sagte Warshow: »Sind Sie wirklich so scharf auf dieses Mondgesicht, he?«
    »Vielleicht«, murmelte Falk. »Mondgesicht, Schlitzauge ... na und?« Seine Stimme klang bitter und herausfordernd.
    Warshow spannte sich. Er versuchte, diesen Job mit Fingerspitzengefühl zu erledigen, um nicht noch weitere psycho-personelle Schäden bei dem jungen Falk anzurichten. Ein psychotisches Besatzungsmitglied auf einer fremden Welt zurückzulassen, war unmöglich – aber Falk mit Gewalt aus den feinen, netzartigen Bindungen, die ihn an Kollidor fesselten, herauszureißen, würde Narben nicht nur an ihm, sondern auch am Kapitän zurücklassen.
    Eindringlich sagte Warshow: »Sie sind ein Erdbewohner, Matt. Wollen Sie nicht ...?«
    »Nach Hause? Nein.«
    Der Commander grinste schwach. »Das hört sich ja mächtig endgültig an, Junge.«
    »Ist es auch«, sagte Falk steif. »Sie wissen, warum ich hierbleibe, und ich bleibe hier. Entschuldigen Sie mich jetzt, Sir?«
    Warshow trommelte auf der Tischplatte herum, zögerte einen Moment, nickte dann. »Sie sind entlassen, Mr. Falk.« Es hatte keinen Sinn mehr, etwas zu verlängern, das von vornherein ein sinnloses Gespräch gewesen war.
    Er wartete einige Sekunden, nachdem Falk gegangen war. Dann schaltete er den
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