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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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erwischt es irgendwo anders. Wir kriegen es bloß nicht mit.«
    Ich dachte zunächst, ich sollte ihr meine Bemerkung vielleicht erklären, ließ es dann aber sein. Sie hatte trotz ihrer Jugend schon mehr erlebt als ich und verstand die Welt oft viel besser.
    Sie klemmte sich Tripod unter den Arm und ging ins Haus, kam dann wieder hinaus auf die Treppe.
    »Ich habe vergessen, dass schon alles weg ist«, sagte sie.
    »In der Gefriertruhe drunten im Laden ist noch welches. Ich hol es«, sagte ich.
    Ich ging die Böschung hinunter, durch das Laub, das von den Eichen und Pecanbäumen fiel. Ich hatte Weihnachtsbeleuchtung um die Fenster des Köderladens gezogen, mit roten Bändern umwickelte Kränze aus Kiefernzweigen und Stechpalmen an die Zypressenholzwände gehängt, und Alafair hatte einen aus Krepppapier gebastelten Weihnachtsmann an die Tür geklebt. Auf dem Bayou war kein Boot zu sehen, und meine Schritte hallten so laut vom Bootsanleger wider, dass ein Schwärm Drosseln aus den Bäumen aufflatterte.
    Ich hatte die Eiscreme aus der Gefriertruhe geholt und wollte den Laden gerade wieder abschließen, als ich sah, wie Dock Green aus einem schwarzen Lincoln stieg, der bei der Bootsrampe stand, und auf mich zukam.
    »Es ist Weihnachten. Wir haben geschlossen«, sagte ich.
    »LaRose hat meine Frau droben bei sich im Haus«, sagte er.
    »Das glaube ich nicht. Und selbst wenn – sie ist alt genug und kann für sich selbst entscheiden.«
    »Ich kann Ihnen den Typ liefern, klein und in Scheiben.«
    »Kein Interesse.«
    »Es is’ nich recht.«
    Er setzte sich an einen Tisch und starrte hinaus auf den Bayou. Sein Hals wirkte so steif wie ein Stück Rohr. Ein Muskel zuckte an seiner Wange.
    »Ich glaube, dass Sie etwas mit Jerry Joes Tod zu tun haben. Ich kann’s bloß nicht beweisen. Aber ich muss mich auch nicht mit Ihnen unterhalten. Also haun Sie lieber ab«, sagte ich.
    Er rieb sich mit dem Handballen über das Auge.
    »Ich hab noch nie jemand umgebracht. Ich brauch Persephone.
    Es is’ einfach nich’ recht, dass er mir die Frau wegnimmt, mich mit der Knarre bedroht und ich nicht das Geringste dagegen tun kann ... Ich hab Seph schon gesagt, so isses, wenn man sich mit Leuten einlässt, die reich geboren sind ... Die nehmen bloß, aber sie geben nix«, sagte er.
    Dann wurde mir klar, dass er betrunken war.
    »Nehmen Sie sich ein Zimmer in einem Motel oder kehren Sie zu Ihrem Lager zurück, Dock. Ich rufe jemanden, der Sie fährt«, sagte ich.
    Wie in Trance stand er auf und sagte etwas, mehr an den Wind gewandt als an mich. »Er bestimmt, was auf der Erde geschieht, aber die Stimmen drunten im Boden, die hört er nicht... Von mir aus können Sie mich als Freak bezeichnen, is’ mir egal, aber Seph und ich sind unzertrennlich.«
    Ich ging in den Laden und rief einen Streifenwagen. Als ich wieder herauskam, war er weg.
    An diesem Abend gingen Alafair, Bootsie und ich essen, fuhren danach die East Main Street entlang, unter den immergrünen Eichen hindurch, und schauten uns die Lichter und den Weihnachtsschmuck an den alten, aus dem vorigen Jahrhundert stammenden Häusern am Bayou Teche an. Wir kamen am Rathaus und an der Bibliothek vorbei, an der angestrahlten Grotte mit einer Statue der Mutter Gottes, wo einst das Haus von George Washington Cable gestanden hatte, an dem dunklen Grundstück und dem Bambusrohr um die Shadows und schließlich an der Zugbrücke aus Eisen und Holz, die mitten in der Stadt den Teche überspannte.
    Ich fuhr am alten Bahnhof der Southern Pacific vorbei, die St. Martinville Road hinauf und blickte beiläufig, so wie man im Nachhinein eine vergebene Sünde betrachtet, auf das leer stehende Holzhaus, in dem Karyn LaRose groß geworden war. Die Garage vor dem Haus, in der ihr Vater kartonweise Kaugummikugeln, Monsterzähne aus Plastik und Vampirfingernägel gelagert hatte, stand da wie eh und je, samt Vorhängeschloss am Tor, und ich fragte mich, ob sie im Vorbeifahren manchmal das kleine Mädchen sah, das früher auf dem Hof gespielt hatte, an dessen Händen der regenbogenfarbene Brei von den Kaugummis klebte, die drinnen geschmolzen und durch die Ritzen gesickert waren.
    »Schaut mal, da vorne brennt’s irgendwo«, sagte Alafair.
    Hinter der nächsten Kurve sah man den orangeroten Lichtschein am Himmel, den Rauch, der am Mond vorüberzog. Wir fuhren an den Straßenrand und ließen einen Feuerwehrwagen vorbei.
    »Dave, das ist das Haus von Buford und Karyn«, sagte Bootsie.
    Wir kamen um die
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