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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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Blick zu.
    Sie wollte ihn zur Rede stellen, aber ich baute mich vor ihr auf und schaute sie eindringlich an. Sie warf mir einen wütenden Blick zu, so als müsse sie unbedingt etwas kaputtschlagen; dann sah ich, wie sich ihr Unmut legte. Ich kehrte mit ihr zum Ranchhaus zurück, berührte mit den Fingerknöcheln ihre Hand. Sie ging auf Abstand.
    »Nächstes Mal mischst du dich nicht ein«, sagte sie.
    »Die Jungs hätten es ausbaden müssen.«
    »Ach ja? ... Nun ... Du hast sicher Recht... Ihr Schwanzgesteuerten habt doch immer Recht... Machen wir Schluss. Ich hab für heut genug von dem Tomatenacker hier.«
    Sie trat vor mir durch die offene Haustür und ging ins Wohnzimmer, wo Clay Mason in einem tiefen Sessel aus Hirschleder inmitten zerschlagener Gläser, von den Wänden gerissener alter Schusswaffen und umgestürzter Möbel saß. An einer glatt verputzten Wand hing ein zerbrochener Glasrahmen mit einer verblichenen Flagge der Republik Texas.
    Mason hatte die Hände auf dem Griff seines Stocks gefaltet und schaute uns verkniffen und mit gehässigem Blick an.
    »Bleiben Sie sitzen ... Ich muss bloß mal aufs Klo ... Ein echter Gentleman ...«, sagte sie und ging nach hinten durch, ohne auch nur einmal innezuhalten.
    »Sieht so aus, als ob Sie hier die Zelte abbrechen müssen«, sagte ich.
    »Meine Familie hat jeden Quadratzentimeter Land hier redlich erworben. Wir werden noch hier sein, wenn Sie und alle andern längst zu Staub geworden sind.«
    Die rechte obere Ecke der texanischen Flagge hatte sich von der Filzauflage gelöst, an der sie angeheftet war. Ich griff durch das zerbrochene Glas, strich das Tuch glatt und pinnte sie wieder an. Rund um den Rand der Flagge waren verblichene butternussbraune Stoffstreifen genäht, auf denen in kaum noch leserlicher Schrift die Namen von Schlachtfeldern aus dem Bürgerkrieg standen.
    »Die Flagge stammt vom Vierten Texas-Regiment«, sagte ich. »Das waren die Jungs von John Bell Hood.«
    »Mein Urgroßvater hat diese Fahne getragen.«
    »Es war Ihre Familie, die auf der Nachbarranch von den LaRoses westlich des Pecos gewohnt hat, stimmt’s? Jerry Joe Plumb hat mir erzählt, wie ihr da fremde Ölquellen angebohrt und Illegale über den Fluss geschafft habt.«
    »Lesen Sie Zeitung? Hier findet eine Revolution statt. Die Männer da draußen bringen Indianer um, Mayas, und Sie helfen Ihnen noch dabei.«
    »Männer wie Sie haben immer ein Schlagwort parat, Doktor Mason. Aber in Wahrheit halten Sie sich fein raus und ergötzen sich am Elend anderer.«
    »Raus hier ...« Er wedelte mit der Hand, als wolle er einen üblen Geruch vertreiben.
    Ich wollte ihm eine Retourkutsche reinwürgen, aber mir fiel nichts ein. Clay Mason war sein Leben lang über jeden Schaden, den er angerichtet hatte, erhaben gewesen, Moralgesetze und die üblichen Verhaltensnormen galten für ihn nicht, und der Spruch, der mir auf der Zunge lag, kam mir albern vor, verglichen mit den Schmähungen, die er seit Jahrzehnten ungerührt über sich ergehen ließ.
    Ich ging über die mit Glassplittern übersäten Eichendielen zu der offenen Tür. Draußen stiegen die Soldaten gerade auf die Sechsachser.
    »Einen Moment, Streak«, rief Helen von hinten. »Unser Freund hat seine Leckereien im Topf runtergespült. Bloß dass sie wieder hochgekommen sind. Rat mal, was unter dem Rand geklebt hat?«
    Sie tippte mit der Spitze des kleinen Fingers in einen Luftballon und hielt das weiße Pulver in einen einfallenden Sonnenstrahl; dann wischte sie sich den Finger an einem Blatt Toilettenpapier ab. *
    »Is’ ’n bisschen nass. Ruf doch den fetten Kerl rein. Mal sehn, ob er ’ne Kostprobe haben will«, sagte sie.

36
    Ich hätte es kommen sehen müssen, tat es aber nicht.
    Am Morgen nach unserer Rückkehr aus Guadalajara öffnete der Sheriff die Tür zu meinem Büro und beugte sich herein.
    »Die Polizei aus Lafayette hat grade angerufen. Fahren Sie lieber gleich hin. Sabelle Crown ist in einem Auto auf den Gleisen der Southern Pacific eingeklemmt.«
    »Was ist passiert?«
    »Dieser Zerrang hat sie sich auf dem städtischen Golfplatz gegriffen und entführt. Was hat die auf dem Golfplatz gemacht?«
    »Sie füttert dort die Tauben.«
    »Jedenfalls muss Zerrang sie irgendwo hingeschafft haben. Hat ihr offenbar ziemlich bös zugesetzt. Als er mit ihr fertig war, hat er sie bewusstlos in ihrem Auto auf den Bahngleisen zurückgelassen. Warum ist Zerrang hinter Sabelle Crown her?«
    »Er will an ihren Vater rankommen«, sagte
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