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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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baumelten, die Gesichter mit getrocknetem Blut verkrustet.
    »Der alte Knabe, den wir heut Nachmittag aufsuchen, unterstützt sie, gibt ihnen Geld für Waffen, lässt sie draufgehen. Der Mann kommt aus Ihrem Land,
Gringita«,
sagte Heriberto.
    »An Ihrer Stelle würde ich lieber nichts mehr sagen«, sagte ich.
    Er hob die Hand, öffnete sie, als lasse er einen unsichtbaren Vogel davonfliegen, und fuhr aus der Ortschaft auf die Berge zu, zu einem Ort, der geradewegs aus dem Revolutionsjahr 1910 hätte stammen können.
    Wir fuhren auf einer hoch aufgeschütteten Schotterpiste, die sich in Serpentinen an verdorrten Bäumen vorbei durch eine mit Felsbrocken übersäte Landschaft wand, durch Regen, der wie flüssiges Plastik an die Fenster klatschte, überquerten einen Höhenzug, der nach einem Buschfeuer schwarz und versengt war, um den die Blitze tanzten, fuhren auf der anderen Seite wieder hinab, aus dem Gewitter heraus und stießen bei strahlendem Sonnenschein auf ein lang gestrecktes, urbar gemachtes Tal, hinter dem in weiter Ferne grüne Bergkuppen aufragten und darüber ein Vulkankegel, wie aus Weißblech getrieben. Die Straße führte an einem Fluss mit breiten Uferstreifen aus rotem Lehm entlang, die kreuz und quer von Hufspuren durchzogen waren. Dann kamen wir in eine weitere Ortschaft, in der die Straßen mit Kopfsteinen gepflastert und von ockergelben Kolonnaden gesäumt waren; vor der
Cervecería
stand ein steinerner Wassertrog, und auf dem kleinen Marktplatz verkauften fahrende Händler Bienenwaben und rohes Fleisch von ihren hölzernen Handkarren, die sie der Schmeißfliegen wegen mit Draht umspannt hatten.
    Auf der Straße und den Gehwegen unter den Kolonnaden wimmelte es von Soldaten. Lauter blutjunge Kerle mit M-l-Karabinern aus dem Zweiten Weltkrieg oder den moderneren M-16. Die M-16 hatten noch den aufgeschweißten Rundknauf am Kammerstängel, stammten folglich aus den Anfängen des Vietnamkriegs, wo sie bei den GIs verrufen waren, weil sie immer wieder klemmten und man mit dem Handballen dagegen schlagen musste, bis der Bolzen wieder freikam.
    Wir standen auf der Straße, während Minos mit etlichen mexikanischen Drogenfahndern redete, die an der Heckklappe eines sechsachsigen Militärlasters standen. Die Luft war nach dem Regen kühl und klar, sodass man meilenweit sehen konnte. Heriberto starrte in die Ferne, auf einen Berghang, zu einem weitläufigen weißen Ranchhaus mit blauem Ziegeldach. Er hatte die Beine leicht gespreizt, wirkte nachdenklich.
    »Ein großer Tag für den
Tejano.
Dem treiben wir die Faxen tüchtig aus, Mann«, sagte er.
    »Ist das sein Haus? Meinen Sie nicht, dass er uns womöglich kommen sieht?«, fragte ich.
    »Wir haben seinen Telefonanschluss gekappt. Der kommt da nicht mehr weg.«
    Ich nahm Minos beiseite.
    »Denken die etwa, da drüben erwartet sie die Rote Armee?«, fragte ich.
    »Viele von den Jungs hier können Englisch, Dave.«
    »Die haben die ganze Aktion auffliegen lassen.«
    »Ihrer Meinung nach nicht. Auf diese Weise wollen sie Leuten, an die sie normalerweise nicht rankommen, mitteilen, dass sie gefälligst abhauen sollen. Mason sollte sich geschmeichelt fühlen.«
    »Magst du ihn nicht?«
    »Meine Schwester war damals, in den Sechzigerjahren, ein Blumenkind. Sie hat diesen Typ für einen großartigen Mann gehalten. Eines Tages hat sie sich mit Hasch und LSD voll gedröhnt und ist bei Sonnenuntergang aus einem Fenster im zehnten Stock gesprungen.«
    Wir folgten einem Konvoi aus sechs Militärlastern über einen kurvigen Fahrweg bis zu der Mauer, die Clay Masons Ranch umgab. Die Mauer war mit Glasscherben und Natodrahtspiralen gespickt, die hölzernen Torflügel waren mit Ketten verschlossen und von innen mit Querbalken gesichert. Der vorderste Lastwagen, der ein schneepflugartiges Planierschild an der Schnauze hatte, donnerte durch die Schlaglöcher, dass die Soldaten auf der Ladefläche hin und her geschleudert wurden, durchbrach dann das Tor und riss die Flügel aus den Angeln.
    Die Soldaten stürmten das Haus, schwärmten auf dem Gelände aus und nahmen sich die Nebengebäude vor, traten Hühner beiseite, dass die Federn nur so stoben, erschossen ohne ersichtlichen Grund ein Schwein, das aus einer Scheune rannte, und warfen es in den Brunnen.
    »Kannst du diesen Quatsch nicht unterbinden?«, sagte ich zu Minos.
    »Siehst du den fetten Kerl mit dem Sam-Browne-Gürtel? Der hat sein Handwerk in Fort Benning gelernt, auf der School of the Americas, wo wir unsere
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