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Nach dir die Sintflut

Nach dir die Sintflut

Titel: Nach dir die Sintflut
Autoren: Andrew Kaufman
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noch zu wachsen.
    »Wir nehmen meinen Truck, aber du fährst«, sagte Kenneth zu seinem Sohn. Auf dem Weg zur Beifahrertür blieb er stehen. Das Wasser hatte die Radschächte bereits erreicht. Sie hatten kaum noch eine Chance, von hier wegzukommen.
    Er drehte sich um und betrachtete das vierstöckige Prairie Embassy Hotel, als er auf einmal das Segelboot dahinter bemerkte. Zu Kenneths Überraschung sah es nicht mehr unvollendet aus, es hatte sogar ein Segel. »Aber das«, sagte er und zeigte auf das Boot, »das könnte klappen.«
    »Wir haben sie gewarnt«, wiederholte Anderson.
    »Wohl wahr«, sagte sein Vater.

Fünfundvierzig
    Die Lisa segelt
    Stewart stand an Deck und hielt den Anker mit beiden Händen, als er zwei Männer durch das Wasser auf sich zuwaten sah. Erst als er den Anker über Bord warf und das Seil viel schneller als erwartet durch seine Finger glitt, begriff er, dass die Lisa Wasser unter dem Kiel hatte. Stewart schaute zu den beiden Männern hinüber und sah, dass das Wasser ihnen bereits übers Knie ging und schnell stieg. Er suchte nach der Strickleiter und ließ sie hinunter, um den Männern an Bord zu helfen, aber die Strömung riss ihm die Seile aus der Hand.
    Stewart schaute der Leiter nach, die vom Wasser davongetragen wurde. Er war überrascht darüber, wie schnell und wie stark die Strömung geworden war. Er legte sich auf den Bauch und streckte den Arm aus. Der ältere, größere der Männer griff nach seiner Hand und zog sich hoch. Der jüngere tat es ihm gleich. Alle drei Männer standen an Deck. Gleich neben dem Boot schlug der Blitz in einen Baum ein. Nur Stewart erschrak.
    »Was sollen wir mit ihm machen?«, fragte Anderson.
    »Steck ihn da unten rein.«
    Anderson befolgte den Vorschlag seines Vaters, packte Stewart grob bei den Schultern und schob ihn die Treppe zur Kajüte hinunter. »Einen Moment! Was soll das?«, protestierte Stewart, aber Anderson war um einiges größer und breiter als er, so dass er sich nicht wehren konnte. Er wurde die Treppe hinuntergestoßen und landete im Rumpf seines Bootes. Er jagte
die Stufen sofort wieder hinauf, aber die Luke klappte vor seiner Nase zu. Er hörte das Schloss einrasten.
    »Was soll das?«, schrie er noch einmal, bekam aber keine Antwort. Stewart drehte sich auf engem Raum um und öffnete das Bullauge auf der Steuerbordseite rechtzeitig, um zu sehen, wie der Anker aus dem Wasser gezogen wurde. Er musste zuschauen, wie sein Boot sich in Bewegung setzte und das Prairie Embassy Hotel kleiner und kleiner wurde. Im selben Moment bemerkte er, dass seine Füße nass waren, und ein Blick nach unten zeigte ihm, dass Wasser durch den Bootsrumpf sickerte.
    »Verdammt«, sagte Stewart in ruhigem, resigniertem Ton.

Sechsundvierzig
    An nichts lässt sich schwerer glauben als an Gott
    Lewis hatte keine Ahnung, wie spät es war, als er zum ersten Mal das Gefühl bekam, nicht allein in der Suite zu sein. Er war plötzlich der Überzeugung, jemand stehe am Fußende seines Betts und beobachte ihn. Er drückte seinen Rücken gegen das Kopfteil, schlang die Arme um die Knie und wusste plötzlich und ohne Zweifel, dass es sich bei dem Eindringling um Lisa handelte - die Frau, die, inzwischen war er überzeugt, Gott war.
    »Raus!«, sagte er. »Es gibt nichts, das du von mir wollen könntest.«
    Lewis warf sich über das Bett und stieß eine Faust in die Luft. Als keiner seiner Schläge ein Ziel traf, rollte er sich vom Bett, streckte die Arme gerade aus und ging zum Badezimmer. Auf halbem Weg blieb er unvermittelt stehen, um nach allen Seiten zu boxen. Keiner seiner Schläge landete irgendwo, aber die wuchtigen Schwinger nahmen ihm jede Orientierung, bis er sich im Schlafzimmer verlaufen hatte.
    Lewis hob die Arme und machte winzige Schritte, bis er das Bett gefunden hatte. Er setzte sich wieder mit dem Rücken ans Kopfteil und zog die Beine an den Körper, konnte sich aber nicht einreden, in Sicherheit zu sein. Mehrere Male spürte er ihren Atem an seiner Wange. Sobald er etwas fühlte, schlug er mit der Faust zu.
    »Ich weiß, dass du hier bist, verdammt!«, schrie er. »Hör auf, mich zu beobachten!«

Siebenundvierzig
    Mit der Anmut, die das Wasser gern hätte
    Obwohl das Prairie Embassy Hotel bereits in Sichtweite gekommen war, befanden sie sich immer noch ziemlich weit davon entfernt. Die Straße war überflutet. Aby betrachtete ihre Mutter auf dem Beifahrersitz. Margaret nickte, und Aby trat das rechte Pedal durch. Das Auto beschleunigte. Margaret
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