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Nach Diktat verblichen

Nach Diktat verblichen

Titel: Nach Diktat verblichen
Autoren: A. A. Fair
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möglichen Abnehmer eines Gemäldes von Horace Dutton widersprochen. Wenn ich behauptet hätte, der Mond bestünde aus Käse, hätte der Händler genickt.
    »Hm«, meinte er nachdenklich. »Kein schlechter Gedanke.«
    »Bestimmt nicht«, versetzte ich im Brustton der Überzeugung. »Halten Sie einmal Daumen und Zeigefinger zusammen, und versuchen Sie das Gemälde in den Kreis einzuschließen.«
    Er versuchte es. »Ja, ja«, sagte er mit vorsichtigem Enthusiasmus.
    »Es wirkt, nicht wahr?«
    »Ja, es wirkt«, stimmte er zu. Er wagte nicht zu fragen, was wirkte.
    »Ein runder violetter Rahmen«, sagte ich. »Außen violett, innen ein schmaler Goldstreifen.«
    »Rund?« rief er.
    »Gewiß«, bestätigte ich herablassend. »Ich bin überzeugt, daß dem Künstler dieser nüchterne eckige Rahmen nicht zusagt. Das Motiv des Werkes ist rund, die runde Sonne, der runde Hof in Orange — das habe ich doch die ganze Zeit schon gesagt. Deshalb machte ich ja den Ring mit Daumen und Zeigefinger. Ich dachte, Sie hätten mich verstanden.«
    »Natürlich hatte ich verstanden«, versicherte er eilig. »Ich — ich dachte nur an die technischen Schwierigkeiten, einen runden Holzrahmen herzustellen. Natürlich gehe ich mit Ihnen einig. Das Violett im Rahmen wird das Auge beruhigen, der Goldstreifen innen wirkt sozusagen als Fortsetzung des Sonnenlichts.«
    »Genau«, rief ich. »Ich möchte mich mit dem Künstler über diese Idee unterhalten.«
    »Hm«, meinte er zweifeln, »wenn Sie das Gemälde kaufen wollen, könnte ich natürlich...«
    »Aber selbstverständlich«, unterbrach ich. »Sie glauben doch nicht, ich würde Ihnen die Zeit stehlen, all diese Vorschläge machen und dann den Künstler mit meinen Einfällen/ belästigen, wenn ich nicht vorhätte, das Werk zu erwerben. Und wenn es nur eine Kapitalanlage ist. Dieser Künstler wird eines Tages berühmt werden.«
    Ich zog meine Brieftasche heraus und entnahm ihr drei Zwanzigdollarscheine.
    »Wo kann ich den Künstler erreichen?« fragte ich.
    »Ich könnte einen Termin für Sie arrangieren.«
    »Sehr gut. Wie lange wird das dauern?«
    »Nun, ich muß mich natürlich zuerst mit ihm in Verbindung setzen und...«
    »Hat er Telefon?«
    »Ja.«
    »Rufen Sie ihn doch an«, schlug ich vor. »Sagen Sie ihm, daß ein Käufer ihn sprechen möchte. Es wäre mir sehr lieb, wenn der Maler selbst die Rahmung beaufsichtigen könnte. Es wird sich nicht vermeiden lassen, das Werk an den Ecken ein wenig zu stutzen. Deshalb möchte ich erst mit dem Künstler darüber sprechen.«
    »Aber das Gemälde gehört Ihnen, Mr. — äh...«
    »Billings«, sagte ich. »Donald Billings.«
    »Das Bild gehört Ihnen. Sie können damit machen, was Sie wollen.«
    »Nicht mit einem Kunstwerk«, versetzte ich. »Ein Mann kann vielleicht das Besitzrecht an einem solchen Werk erwerben, er kann es in seinem Heim aufhängen und sich daran freuen, doch er hat kein Recht, ein solches Gemälde zu verändern oder gar zu zerstören. Ich möchte erst die Erlaubnis des Malers.«
    »Wenn ich Mr. Dutton erzähle, daß Sie siebenundfünfzig Dollar für sein Gemälde >Sonne über der Sahara< bezahlt haben«, erklärte der Händler, »wird es ihm völlig gleichgültig sein, was Sie damit anfangen. Und wenn Sie es durch den Fleischwolf...« Er brach erschrocken ab. »Ha, ha«, lachte er gezwungen. »Das war natürlich nur ein Scherz. Sie verstehen? Ich werde Mr. Dutton sofort anrufen.«
    Der Händler ließ mich bei dem Gespräch nicht zuhören. Er zog sich in sein Privatbüro zurück. Drei Minuten später erschien er wieder, strahlend und vergnügt.
    »Mr. Horace Dutton«, sagte er, »wohnt in Nr. 216 in den Wisteria Apartments. Er zeigte sich außerordentlich interessiert, als ich ihm erzählte, wie begeistert Sie von seinem Gemälde sind. Er freut sich auf eine Unterhaltung mit Ihnen und läßt Ihnen ausrichten, daß er während der nächsten anderthalb Stunden zu Hause zu erreichen ist.«
    »Wunderbar«, sagte ich mit Würde. »Könnten Sie mir jetzt das Bild einpacken und mir eine Quittung geben?«
    »Wir können das Bild liefern, wenn...«
    »Nein, danke. Ich habe es eilig. Ich möchte dem Maler sofort meine Pläne unterbreiten. Es kann sein, daß ich verreisen muß.«
    Ich erhielt das gut verpackte Gemälde und meine Quittung. Ein Taxi brachte mich zu den Wisteria Apartments zurück. Ich hoffte nur, daß ich Lois Marlow nicht in die Arme lief.
    Ich fuhr zum zweiten Stock hinauf und drückte auf den Klingelknopf an Nr. 216. Die
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