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Mythor - 100 - Die Tochter des Kometen

Mythor - 100 - Die Tochter des Kometen

Titel: Mythor - 100 - Die Tochter des Kometen
Autoren: Wolf Paul
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nachdenken. Mir wird die Lösung schon noch einfallen.«

8.
    Der 10. Tag
    Ich bin das Einhorn. Ich bin das Schiff. Ich tauche in die Schattenzone.
    Die Schattenzone ragte wie eine Wand vor der Luscuma auf. Aber es war eine lebende Wand, die dauernden Veränderungen unterworfen war. Es war ein wirbelnder Wall tobender Elemente, die einmal wie Sturmwolken dahineilten, dann wieder mit entgegenwirkenden Kräften zusammenprallten, sich mit ihnen vermischten und einander jagten.
    Burra war, als blicke sie in einen Hexenkessel, in dem alle möglichen Zutaten miteinander vermischt wurden zu einem brodelnden Gebräu.
    Das Gewässer der Dämmerzone schien hier zu kochen. Turmhohe Wellen schossen, Fontänen gleich, in die Höhe und griffen nach der Luscuma.
    Ich bin das Einhorn. Ich bin das Schiff. Ich kenne eine Einflugschneise.
    Burra fragte sich, wo es hier ein Durchkommen geben mochte. Die Schattenzone erschien ihr wie eine undurchdringliche Barriere, ein alles zermalmender Mahlstrom. Dort, wo die Schattenelemente mit dem Meer der Dämmerzone zusammentrafen, wallte heißer Dampf. Burra sah aber auch, wie das Wasser in einer rasenden Strömung die Schattenwand hocheilte und sich mit dem Sud des Bösen vermischte.
    »Wir werden an diesem Wall zerbrechen«, sagte Gudun dumpf, die zusammen mit Gorma und Tertish bei Burra auf dem Bugkastell war.
    Lexa hatte sich in den kleinen Tempel zurückgezogen und flehte zur Urmutter Vanga. Burra war froh, sie nicht sehen zu müssen. Die meisten Amazonen hatten sich auf Burras Geheiß unter Deck begeben. Gerrek war als Wache bei Siebentag. Lankohr und Heeva betreuten Mescal, den von Zahda Geschaffenen. Nur Scida stand Wache bei der Hermexe. Sie hatte ein Seil um ihren Körper geschlungen und an der Halterung, in der das magische Behältnis hing, festgebunden. Der Geschützturm war von zwei Amazonen besetzt, aber Burra bezweifelte, daß sie mit der Armbrust etwas gegen die Ungeheuer der Schattenzone ausrichten konnten.
    Die Luscuma stieg steil in die Höhe. Das Meer war längst in der Dämmerung unter ihnen versunken.
    »Ich habe wenig Zutrauen zu der Steuerhexe«, sagte Gorma. »Seit wir über Dämmerland fliegen, ist sie noch eigenartiger geworden. Ich bin sicher, daß sie das Land der Wilden Männer nur angeflogen hat, um Siebentag an Bord zu nehmen. Er trägt das Bild eines Einhorns über dem Herzen, das Zeichen Luscumas.«
    Tertish nickte beipflichtend.
    »Soll ich Caerylls Karte holen?« fragte sie.
    »Sie wäre uns keine Hilfe«, sagte Burra. »Wer von uns sollte sie lesen?«
    Achtung! Haltet euch fest!
    Kaum vernahmen die Amazonen die Warnung der Steuerhexe, da drehte die Luscuma bei und steuerte auf die zuckende, tobende Wand aus giftigem Brodem zu. Dunkle, verästelte Finger zuckten daraus auf das Luftschiff zu, als wollten sie es verschlingen. Aber in der Nähe des Schiffes verpufften sie schlagartig.
    Plötzlich bildete sich in der Schattenwand ein Loch und wurde zu einem regelrechten Tunnel. Die Luscuma flog in ihn ein. Doch kaum hatte sie eine kurze Strecke darin zurückgelegt, da fielen die wirbelnden Wände des Tunnels in sich zusammen, als wollten sie das Schiff zwischen sich erdrücken.
    Burra raubte es den Atem. Irgend etwas lastete auf einmal schwer auf ihr - weniger auf ihrem Körper als auf ihrem Geist. Sie schrie wuterfüllt auf, um das Unbekannte, das sich ihrer bemächtigen wollte, abzuschrecken. Doch der Druck in ihrem Kopf verstärkte sich nur noch. Sie schrie wieder.
    Ihr Blick wurde verschleiert. Sie meinte auf einmal zu sehen, wie das Luftschiff sich verformte. Es wurde lang und schmal, und der Rumpf wand sich wie der Leib einer Schlange. Der fischförmige Ballon war nur noch ein flacher Fladen. Die Taue; zuvor noch straff gespannt, peitschten durch die Dunstwolken wie die Arme von Luftgeistern.
    Und dann sah sie ihre Gefährtinnen. Sie waren zu dünnen, grotesken Gestalten geworden, die die Bewegung des Mahlstroms mitmachten, wie die Ähren im Wind. Und sie wurden immer dünner und länger und bogen und wanden sich.
    Burra schrie wieder, als sie an sich heruntersah und an sich die gleichen Veränderungen wahrnahm. Und ihren Körper durchraste ein Schmerz, als würde sie auf dem Streckbett gedehnt.
    Die Dämonen zerreißen uns, dachte sie. Und sie konnten sich nicht dagegen wehren.
    Dieses Erlebnis war schrecklicher als alles, was Burra bisher erlebt hatte, weil sie den unsichtbaren Folterknechten der Schattenzone hilflos ausgeliefert war.
    Wie aus unendlicher
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