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Coxi Flederwisch und der total verhexte Schultag

Coxi Flederwisch und der total verhexte Schultag

Titel: Coxi Flederwisch und der total verhexte Schultag
Autoren: dtv
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1.   Kapitel
Der fliegende Hund
    An einem warmen Vormittag im Oktober flog ein Hund an der Tannhaus-Grundschule vorbei. Genauer gesagt: ein Boxer mit labbrigen Lefzen, freundlichen Augen und kleinem weißen Fleck über der platten Schnauze. Er ruderte mit den Vorderbeinen und hielt die Hinterbeine gestreckt. Der Fahrtwind ließ seine Ohren flattern und die Sonne glänzte auf seinem hellbraunen Fell. Es sah sehr ungewöhnlich aus.
    Doch gemessen an all dem, was an diesem Tag noch geschehen sollte, war dieser fliegende Hund allenfalls mittelungewöhnlich. Vielleicht nicht mal das, vielleicht auch nur ein bisschen ungewöhnlich.
    Er schwebte in Höhe des zweiten Stocks, drehte bei jedem Fenster seinen Kopf zur Seite und spähte aufmerksam ins Haus hinein. Hinter der dritten Scheibe von links sah er Frau Sönnchen. Das war die Klassenlehrerin der 4 a. Sie stand mit dem Rücken zum Fenster und schrie.

    Auch das war ungewöhnlich. Oder sagen wir: An einem normalen Tag wäre das mittel bis sehr ungewöhnlich gewesen. Frau Sönnchen war nämlich eine freundliche Lehrerin und schimpfte selten. Sie hieß nicht nur wie eine kleine Sonne, sie sah auch so aus: Ihre Haare schimmerten goldgelb und um ihre Augen herum zeigten Falten wie Sonnenstrahlen in alle Richtungen. Die Falten kamen vom Lächeln, denn das tat sie fast immer.
    Doch jetzt gerade war ihr nettes, sonnenfaltiges Gesicht rot wie ein Stoppschild und ihr Mund hatte sich so weit geöffnet, dass eine ganze Geburtstagstorte hineingepasst hätte. Es ging aber keine Torte in den Mund hinein, sondern es kamen Worte heraus.
    »Lieselotte Padetznik! Setz dich wieder hin! Du kannst doch nicht einfach so durchs Zimmer rennen!«
    »Aber   …«, haspelte ein Mädchen, das gerade über die Bank vorne rechts kletterte und sich dann am dahinterliegenden Fenstergriff zu schaffen machte. Auf ihrer Nase saß eine rote Brille und davor baumelte ein Vorhang aus blonden Strähnen, die früher einmal in dem Pferdeschwanz gesteckt haben mussten, der zerzaust am Hinterkopf hing.
    »Nichts aber! Geh sofort an deinen Platz!«
    »Aber da   …« Das Mädchen Lieselotte fuchtelte mit den Armen und deutete aufgeregt hinaus.
    »Ruhe, habe ich gesagt!«
    »Aber da ist   …«
    »UND WENN EIN HUND AM FENSTER VORBEIFLIEGEN WÜRDE   – DU HÄLTST DEINEN MUND!«
    Jetzt war Lieselotte still. Weil sie so verblüfft war. Denn genau das hatte sie ja sagen wollen. Mit offenem Munddrehte sie sich noch einmal zum Fenster. Aber jetzt war nichts mehr zu sehen, nicht einmal mehr der braune Stummelschwanz.
    Lieselotte klappte ihren Mund zu und trottete an ihren Platz. Frau Sönnchen, die allmählich wieder eine normale Hautfarbe annahm, brummte: »So, dann haben wir wieder Ruhe. Lieselotte, du weißt, dass du dir nichts mehr erlauben darfst!«
    Lieselotte nickte. Sie stopfte ein paar Haarsträhnen hinters Ohr, nahm ihren Stift in die Hand und schaute aufmerksam zur Tafel.
    Aber in ihr grummelte es. Sie hatte doch gar nicht frech sein wollen! Kein bisschen! Das war einfach passiert. Wie so oft: Ihre Beine rannten irgendwohin oder ihre Hände griffen nach irgendwas oder aus ihrem Mund platzten irgendwelche Worte heraus   – und andere Leute fanden das dann frech.
    Vor Ärger zog sie die Nase kraus, sodass die Brille darauf wackelte. Dabei hatte sie sich heute ganz besonders fest vorgenommen, brav zu sein! Denn in einer Woche war das große Schuljubiläum und die Klasse 4a würde ein Lied vorsingen. Ein Kind aus der Klasse durfte dann ganz allein auf die Bühne in der Aula steigen und die Vorführung ankündigen. Dieses Kind wollte Lieselottesein! Frau Sönnchen hatte gesagt, sie durfte   – wenn sie sich bis dahin gut benahm.
    Lieselotte kratzte sich an der Stirn. Zählte das jetzt als schlechtes Benehmen? Und wie hätte sie sich richtig verhalten sollen?
    Sie sah Frau Sönnchen prüfend an. Die Lehrerin lächelte schon wieder. Also nahm Lieselotte ihren Mut zusammen und meldete sich.
    »Ja?«, sagte Frau Sönnchen.
    »Aber was soll man denn machen, wenn ein Hund am Fenster vorbeifliegt?«
    In Sekundenschnelle war Frau Sönnchen so rot wie vorher. Natürlich dachte sie, dass Lieselotte sich über sie lustig machen wollte: »ES REICHT! LIESELOTTE! ES GIBT KEINE FLIEGENDEN HUNDE! UND WENN DU UNSERE GESANGSVORFÜHRUNG ANKÜNDIGEN MÖCHTEST, DANN WILL ICH AUCH NIE WIEDER ETWAS DAVON HÖREN!«

    Da hatte die Lehrerin natürlich unrecht. Es gab fliegende Hunde. Zumindest einen. Und dieser eine war immer noch
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