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Mystic

Mystic

Titel: Mystic
Autoren: Mark T. Sullivan
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Sie winkte ihm aus dem Fenster zu, dann legte sie den Gang ein und fuhr los. Die Fahrt führte in Richtung Osten, und die asphaltierte Straße ging bald in einen schlammigen, von Furchen durchzogenen Weg über. Sie kamen an mehreren Häusern vorbei, bevor der Weg nach Süden abbog und sich durch eine mit Buchen und Ahorn bestandene Senke schlängelte. Gallagher vermutete, dass sie einen Bogen um die Stadt schlugen und sie hinter sich ließen. Tatsächlich erstreckten sich zu beiden Seiten des Weges Felder, als sie aus dem Laubwald herauskamen, und mehrere hundert Meter nach Westen hin konnte er den Bluekill River ausmachen. Sie fuhren an einem schmucken, weißgestrichenen Farmhaus mit Scheune vorbei, das östlich der Straße lag. Vor dem Haus erstreckte sich ein frisch umgegrabener Garten von einem Viertelhektar. »Nightingale« stand in verblichenen Lettern auf dem Briefkasten.
    Sie fuhren jedoch an der Einfahrt vorbei, um hundert Meter weiter nach rechts abzubiegen und eine Schneise hinunterzurumpeln, die an einer Hecke neben einem Maisfeld entlangführte. Zweihundert Meter weiter ging das Feld mit seiner Hecke in ein Wäldchen aus grellweißen Birken über. Zwischen den Stämmen duckte sich ein merkwürdig aussehendes kleines Haus.
    Die rechte Seite zeigte die klassischen Linien eines hölzernen Farmhauses aus dem späten neunzehnten Jahrhundert mit seiner umlaufenden Veranda. Doch die linke Seite war unnatürlich schräg; drei Meter unterhalb der Schieferdachspitze begann die Wand schroff nach unten abzufallen. An dieser Seite gab es weder Türen noch Fenster. Die Holzbohlen waren krumm und verwittert.
    Andie Nightingale stieg aus ihrem Pick-up, kletterte auf die wacklige Veranda und hantierte mit einem Schlüsselbund. Die Tür war mit zwei Schlössern gesichert. Während sie sich an einem der beiden, einem Zahlenschloss, zu schaffen machte, fragte Gallagher: »Sind Sie und Ihr Mann Farmer?«
    »Bin nicht verheiratet und auch kein Farmer«, erwiderte sie und drehte an der Kombination des Schlosses, das leise quietschte und dann aufsprang. »Ich verpachte mein Land an andere Farmer, um die Steuern bezahlen zu können. Ich selbst bin Sergeant bei der Kriminalpolizei. Wir ermitteln in den Mordfällen von Vermont.«
    »Tatsächlich?«, sagte er und sah sie mit noch größerer Hochachtung an. »Ich mache Filme. Dokumentarfilme.«
    Sie warf ihm einen anerkennenden Blick zu. »Wie ein Reporter?«
    »So ähnlich, könnte man sagen.«
    »Ich mag Reporter nicht besonders«, meinte sie dann und steckte einen Schlüssel in das untere Schloss. Der Bolzen fuhr zurück, und eine Böe blies die Tür auf. Spinnweben wurden vom Türrahmen geweht. Modrige Luft schlug ihnen entgegen, und sie mussten beide husten und niesen. In wenigen Sekunden war die abgestandene Luft jedoch verflogen.
    Außer einer Vorratskammer und einem Abstellraum wurde das gesamte Erdgeschoss der Hütte von einer Küche gebildet, deren Einrichtung aus einem Spülbecken mit roter Handpumpe, einem einfachen Gasherd, einem altehrwürdigen Ashley-Holzofen und einem rohbehauenen Tisch mit nicht zusammenpassenden Stühlen bestand.
    »Was Sie da sehen, ist ungefähr das, was Sie bekommen«, sagte sie. »Das Schlafzimmer ist oben. Ich nehme hundertfünfzig die Woche.«
    »Ich miete es für einen Monat«, antwortete Gallagher und langte nach seinem Scheckbuch.
    »Sie wollen einen Monat lang fischen?«, fragte sie ungläubig.
    »Und für einen Dokumentarfilm Informationen über Pater D’Angelo zusammentragen«, sagte er. »Wissen Sie etwas über ihn?«
    Nightingale zuckte die Achseln. »Nur dass er hier angeblich Wunder wirkte und dass die Kirche die Kanonisierung eingeleitet hat. Monsignore Timothy McColl von der St.-Edwards-Kirche ist derjenige, mit dem Sie sprechen sollten. Das ist der Experte dafür.«
    McColls Name stand schon in Gallaghers Notizbuch. Jerry hatte angerufen und ein Interview für Montagmorgen für ihn vorbereitet.
    Nachdem er ihr den Scheck ausgestellt hatte, bemerkte Gallagher zwei gerahmte Stiche neben dem Treppenaufgang. Einer von ihnen zeigte einen Mann mit einem aufgedunsenen Gesicht in einem hochlehnigen Sessel. Er war völlig kahlköpfig und sehr korpulent. Er hatte eine platte Pfannkuchennase und die unnatürliche Augenpartie des Albinos. Auf dem zweiten Stich saß eine Gruppe Menschen mit dem Rücken zum Betrachter vor dem Eingang einer Höhle. Eine Person, die wie eine Indianerin aussah, stand auf einem Felsen über der Höhle und hatte
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