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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin
Autoren: Jonathan Saunders
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alles von neuem beginnen? Und konnte es überhaupt noch einmal beginnen?
    „Merlin, bitte hilf mir …“, sagte Hörn, doch indem er es aussprach, flatterte ein dunkler Vogel heran, hockte sich auf einen Kopfstein, der über zwei Megalithen lag, hopste unruhig einige Male hin und her und wollte auf sich aufmerksam machen, als wäre er nicht bemerkt worden.
    Myrddin drehte sich zu ihm um, obwohl er die Dohle gehört hatte, die herangeflogen kam. „Ribes, kommst du nicht ein bißchen spät?“ fragte er, ohne sich von der Quelle abzuwenden.
    Die Dohle hüpfte verlegen auf dem großen Stein, lief mit nickendem Kopf auf und ab, sah mit schiefem Kopf zu Hörn herab, dann zu Myrddin, sprang auf und glitt durch die Luft mit ausgebreiteten Schwingen zu dem umgestürzten Megalithen, an dem Myrddin stand. Sie schlug ihre Flügel, fing sich in der Luft ab und hoppelte auf den Stein. Dann legte sie ihre Flügel über dem Rücken zusammen.
    „Merlin, wir haben es nicht gewagt, dir unter die Augen zu treten“, sprach die Dohle sichtlich bewegt.
    „Und wieso nicht?“
    „Wir schämen uns unseres Leben in der Welt.“
    „So ist es gut. Wenn du mich schon nicht empfangen hast, wie ich es hoffte, dann sag mir wenigstens ein Lebewohl“, meinte Myrddin und entschuldigte die Dohle, da ihm in diesem Augenblick alles Weltliche entschuldbar war.
    „Das will ich tun … und ich habe dir noch etwas mitgebracht“, krächzte die Dohle.
    „Was kann das sein, Ribes, das mir heute noch etwas bedeuten soll?“ lachte Myrddin.
    „Warte es nur ab …“, meinte die Dohle, sah mit den hellblauen Augen in das Gesicht des Tierfreundes, schaute zu Hörn hinüber, hopste einen Schritt über einen Stein, flatterte dann mit schweren Flügeln hoch, schwang sich in die Luft und verschwand im Nebel.
    „Merlin, was nun? Wir sind angekommen – und worauf warten wir? Ich verstehe es nicht mehr“, sagte Hörn, nachdem die Dohle weggeflogen war.
    „Du verstehst es nicht mehr? Was ist ES ? Und wenn es ist … hast du es je verstehen können? Hörn, wir müssen von jetzt an nur noch warten. Meine Macht hat sich erschöpft. Meine Teiche … sie sind leer … und auch diese Quelle werden wir mit uns nehmen“, lächelte Myrddin.
    „Hast du nicht gesagt, daß wir in die Anderswelt ziehen? Was haben die Menschen mit dir gemacht? Wo ist deine Macht, Merlin?“
    „Hast du Angst, daß deine Befürchtungen wahr werden könnten? Aber Hörn … meine Kräfte sind bereits in die Welt entlassen. Habe Vertrauen. Komm zu mir, trink das klarste Wasser. Wir sind jetzt allein … merkst du das auch …?“ fragte der Zauberer.
    „Was soll werden, Merlin?“
    „Du wirst sehen. Ist der Himmel über uns nicht phantastisch? Schaue ihn dir an …“, sagte der Seher und schaute durch das Loch des Wolkenwirbels, das sich aufgetan hatte. „Was gibt es noch zu sagen, Hörn? Meine kleinen Zaubereien haben sich erledigt und nun werden wir hier warten. Freu dich doch über den Moment unserer Endlichkeit. Und du solltest einmal von der Quelle probieren. Meine Kraft wirst du erleben, wenn wir sie brauchen, und bis dahin erleben wir die Momente gemeinsam. Sprache, Hörn … zwischen uns beiden? Wozu? Wir sind am Ende aller Erklärungen …“, lächelte Myrddin und Hörn kam zu ihm heran, beugte sich über die Quelle und sah einen fernen Morgen an irgendeinem fremden Horizont aufsteigen.
    „Merlin, weiß du, daß Norwegen wegen des Wassers sehr schön war?“
    „O ja. Das weiß ich. Und ich weiß es, wenn ich heute Britannien sehe. Was ist aus der Welt und den Menschen nur geworden? Nein … Wie ist sie uns mißlungen …“, verbesserte sich Myrddin teilnahmslos, hätte er an die Welt jenseits des Nebels gedacht. Seine Wirklichkeit war hinter dem Nebel über sie gekommen und flatternd kam die Dohle Ribes zurück, hopste wieder verlegen auf einem Kopfstein hin und her und fragte, ob Myrddin bereit sei, seine Aufwartung zu machen.
    „Ribes, komme her … und setze dich zu uns, denn ich werde dich gleich wieder fortschicken müssen.“
    „Ich weiß, Merlin, aber diesen Moment haben wir“, sagte die Dohle, krächzte etwas und flog dann zu Merlin herab, der sich an den Altarstein gelehnt hatte. „Merlin, wir sind alle gekommen, um dich noch einmal zu sehen“, sagte die Dohle.
    „Was heißt: wir sind alle gekommen ?“ fragte Myrddin.
    „Sieh selbst …“, und über die Nebel senkte sich eine schwarze Wolke, beklemmender als die Gwyllons. Sie kreiste in großen Bahnen
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