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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin
Autoren: Jonathan Saunders
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vor Anstrengung und mußte neue Kräfte sammeln, wollten sie den Altarstein wirklich bewegen können
    „Merlin … bist … du … sicher … mit … dem …“, keuchte Hörn vor Erschöpfung.
    „Hörn, rede nicht … wir müssen … müssen … den Stein … bewegen …“, meinte Myrddin und stand wieder auf, sammelte all seine Menschenkraft, atmete einmal tief ein, als sich Hörn neben ihn stellte, um im gleichen Moment gegen das Gewicht des Steines anzukämpfen. Und mit einem gewaltigen Schrei konzentrierten sie ihre Anstrengung auf den Felsen, der tatsächlich ein wenig rutschte. Er hatte sich ein kleines Stück in den Osten bewege lassen, so daß Hörn mit seiner eingesetzten Kraft ausrutschte und neben Myrddin in den Schlamm fiel.
    „Gut …! Hörn … danke …“, keuchte Myrddin.
    „Und jetzt …? Was nun …? Was soll werden …?“ fragte Hörn schwer atmend, der wirklich hoffte, daß ihr enormer Aufwand einen Sinn gehabt hätte.
    „Warte …“, gab ihm Myrddin abwesend zur Antwort, grub mit seinen klammen, kraftlosen Händen wie ein Wahnsinniger in der Erde und murmelte etwas vor sich hin. Seine Hände schmerzten von der Anstrengung und seine Muskeln erschlafften, doch er grub wie besessen weiter, und plötzlich flüsterte er: „Da … Da … ich habe sie …“, und ein glücklich erschöpftes Strahlen lag in seinen Augen, die in dem dreckverschmierten Gesicht leuchteten, als er sich schwitzend erhob und etwas in den Händen hielt.
    „Hörn … Wir haben sie … Schau her … Wir haben das Leben wiedergefunden …“, rief er, stand auf und behütete etwas in seinen hohlen Händen.
    Myrddins Gesicht war von Schlamm entstellt und erinnerte Hörn an die wilden Zeiten eines sehenden Waldmenschen, der von Visionen und Wahnsinn geplagt wurde. Doch nacheinander rieb sich Myrddin die Hände an seiner Hose ab und in seinen weißen Handflächen hielt er Hörn eine Art Nuß vor die Nüstern.
    „Hörn, schau her“, sagte er und wendete seinen Blick nicht mehr aus seinen Handflächen. „Das ist die Kraft der Welt … der unerschöpfliche Quell ihrer Weisheit und der stete Reichtum ihres Lebens …“ Er zeigte dem Hirsch die holzige Frucht in seinen Händen. Und plötzlich ergoß sich ein Fontänenstrahl aus dem Erdreich über den Stein, der umgestürzt worden war und den sie beiseite hatten scheiben wollen.
    „Höööörn … es ist vollendet. Vooollleeeeeennndeeet!“ jubelte Myrddin in die Nacht. Er nahm seinen Lederbeutel und legte die holzige Haselnuß behutsam hinein, wohl als Symbol aller Fruchtbarkeit dieser Welt. Die dünne Quellfontäne hatte klares Wasser, und Myrddin ging zu ihr, stellte sich vor sie, sah in den Himmel, der sich über ihnen geöffnet hatte, schaute dann auf den dichten Nebel um sie herum und wusch sich mit dem Wasser der Quelle von Stonehenge. Das Gestirnenlicht funkelte auf dem nassen Stein und perlte wie Kupfertropfen über seine eisigen Kristalle. Myrddin war auf seinem Weg. Er hatte die Welt dankbar erlebt und sah sich in die Anderswelt wandern, hinaus über Feenhaine und Haselbrunnen, und Hörn stand immer noch im Megalithenkreis. Er stand wie unbeteiligt, wußte nicht, was er tun sollte, oder ob etwas geschehen würde, was über das Bisherige hinausgehen sollte.
    Myrddin hatte gefunden, was er sein Samenkorn nannte, aber er hätte es auch vor einhundert oder zweihundert Jahren finden können, da er zu wissen schien, wo es gelegen hatte. Und wenn dieses Korn das heimliche Signum seines Glaubens war, hatte er seinen Lebensweg wahrhaft vollendet. Aber was sollte geschehen, damit sie aus der Menschenwelt kommen könnten? Und weshalb hatte es nicht schon eher geschehen können? Hatte Myrddin nicht von Kraft und Macht gesprochen? Wo waren sie hin, denn bei ihm schienen sie nicht zu sein? Er hatte noch nicht einmal den Stein allein bewegen können – und dabei hatte er gesagt, daß er in die Menschheit fahren wolle. Doch die Menschheit … schlief sie nicht? Sie nahm ihn nicht einmal wahr. Hatte das Samenkorn nur zu bedeuten, daß er sterblich geworden war , fragte sich Hörn. Und wohin führten ihn die zweifelhaften Handlungen des Sehers, der sich mit dem Wasser einer Quelle wusch, die wieder zu Leben erwacht war? Und was bedeutete es, daß sich ihr Leben erfüllt haben sollte? Hörn quälte sich mit diesen Fragen.
    Es war eine wundervolle Nacht, ein geheimnisvoller Sternenhimmel, den sie durch ein Wolkenloch sehen konnten. Und das sollte alles gewesen sein? Sollte nun
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