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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin
Autoren: Jonathan Saunders
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über Stonehenge, verdunkelte das Wolkenloch und fiel wie der Sog eines Fallwindes herab. Flatternd kreisten tausende und abertausende von Dohlen und fielen auf die Nebellichtung ein. Sie hockten sich auf die Steine und auf das Gras, schwappten in großen Wellen über den Nebel, und Stonehenge war ein einziger, bewegter, schillernd schwarzer Vogelkörper, da Myriaden krächzender Dohlen den gesamten freien Raum ausfüllten. Sie hopsten, drängelten und flatterten, bedeckten die Steine und das Gras mit ihrem Gefieder und durchbrachen mit ihren hellblauen Augen die Dunkelheit. Und die Flut der Dohlen brach nicht ab, als auch schon der letzte Platz ausgefüllt war. Diejenigen, die sich nicht mehr hinhocken konnten, flogen in großen Kreisen über dem Nebel. Und dann wurde es am Boden still. Die Sippe von Ribes war gekommen, um Myrddin zu sehen, da sie seine Energien spürten und ihn gehen sehen wollten.
    „Ribes, was habt ihr gemacht?“ freute sich Myrddin.
    Hörn kannte die Dohle Ribes, kannte aber ihre zahlreichen Freunde nicht.
    „Merlin, vor allen bitte ich dich, unsere Entschuldigung entgegenzunehmen“, sagte Ribes klug. Myrddin nickte lächelnd und ein Flügelflattern ging als Dank dafür durch die Reihen der Vögel. Dann fragte Ribes im Namen aller Dohlen, was geschehen werde.
    „Freunde, ihr habt mich in Norwegen besucht, habt mir Bilder von den Menschen gebracht, und ihr werdet die Menschen mit eurer Klugheit selbst erleben – und unter ihnen nur einer, dem ihr helfen werdet. Ihr seid für mich zu spät gekommen“, sagte Myrddin, tief bewegt über den Anblick der Dohlen.
    „So werden wir fliegen und helfen dem einen, Merlin …“
    „Ja, Ribes … und beeile dich, da ich jeden Moment zu gehen gedenke. Endlose Leere wird die Welt erfüllen und gähnende Steinöden werden zu Meeresstränden, und die Menschheit wird nur noch in das Universum schauen, das niemals ihres gewesen war. Seht doch … o seht nur … meine Nebel geraten in Bewegung … Es ist soweit. Ihr seid zu spät gekommen. Ribes … fliegt und stürmt davon, so hoch euch eure Flügel tragen. Die Welt … sie braucht euch noch … und zieht mit meinen guten Wünschen …“, rief Myrddin überraschend aufgewühlt. „Nun fliegt schon, meine Freunde … und lebt wohl! Doch fliiiiegt!“ schallte es mächtig und Bewegung kam in die Steine, die sich in die Lüfte zu heben schienen.
    Rabenschwarz füllte sich der Himmel mit Dohlen und Myrddin zu Ehren begann er zu kreisen, als drehte er sich ohne die Welt um Stonehenge und seinen Meister.
    „Fliegt fort von hier … und, Ribes: führe sie …“, schrie der Seher in die Nacht, und die Dohlen flatterten höher, und höher waren ihre Kreise über Hörn und dem Zauberer, bis sie nicht mehr zu hören waren und den Himmel wieder freigaben.
    „Merlin, warum hast du das getan?“ fragte Hörn.
    „Spürst du es nicht?“ fragte Myrddin seinen Freund. „Es ist am werden …“ Doch Hörn sah nur, wie Nebel über die Steine von Stonehenge wallte, auf den freien Platz fiel und sich langsam von allen Seiten näherte. „Hörn, komm heran zu mir. Wir wollen uns festhalten. Meine Wasser werden uns fortspülen, alter Freund. Laß mich deine Wärme spüren …“, sagte Myrddin lächelnd zu seinem Hirsch, legte seinen Arm um den Hals des Tieres, das dicht zu ihm herangekommen war, und sprach nie wieder.
    Schweigend standen die beiden wesenhaften Gestalten und warteten auf das Ende einer Zeit. Schwellend schwere Nebel strömten über die Steine und begruben sie unter sich. Aus allen Richtungen strömte es auf sie zu und die Quelle trug ihre Fontäne hoch hinaus. Über dem Altarstein, dort, wo Hörn und Myrddin standen, wallte der Nebel zusammen und umschlang sich. Wie ein Faden, der aus gekämmter Wolle gezogen wurde, stieg der Nebel über Stonehenge in die Höhe, drehte sich immer enger umeinander, und Wind strich durch die trostlosen Megalithen und brachte neue Nebel heran – und Hörn versank mit Myrddin in ihnen. Strahlenförmig strömte er auf das Plateau zu und trichterartig wirbelte er zu den Wolken empor. Es war, als zöge Myrddin seine Winde und seinen Nebel von der Welt. Und was ruhig begann, wurde zu einer spitzen Windhose, die über ihnen tanzte, und Wind vermehrte den Sog.
    Über das Land streiften aus allen Richtungen Stürme heran, die auf dem Plateau zusammenstießen und über Stonehenge vereinigt in die Höhe wirbelten. Es entstand ein urgewaltiger Wirbelsturm, der die Wolkendecke zerriß
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