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Die Riesen von Ganymed

Die Riesen von Ganymed

Titel: Die Riesen von Ganymed
Autoren: James P. Hogan
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Prolog
     
     
    Leyel Torres, Kommandant der wissenschaftlichen Beobachtungsstation, die sich in der Nähe des Äquators auf Iscaris III befand, schloß die letzte Seite des Berichtes, den er gelesen hatte und lehnte sich mit einem erleichterten Seufzer zurück in seinen Sessel. Er saß einen Moment lang da und genoß das Gefühl von Erleichterung, während sein Sitz die Form veränderte, um sich seiner neuen Stellung anzupassen. Schließlich erhob er sich, um sich einen Drink aus einer der Flaschen zu genehmigen, die auf einem Tablett auf dem kleinen Tisch hinter seinem Schreibtisch standen. Das Getränk war kühl und erfrischend und ließ in kurzer Zeit die Müdigkeit verfliegen, die sich in ihm nach mehr als zwei Stunden ununterbrochener Konzentration aufzubauen begonnen hatte. Jetzt würde es nicht mehr lange dauern, dachte er. Noch zwei Monate, und dann würden sie diesem öden Klumpen ausgedörrten Felsens auf ewig Lebewohl sagen und in die reine, frische und unendliche sternenübersäte Finsternis zurückkehren, die sich zwischen hier und der Heimat erstreckte.
    Er ließ den Blick über das Innere des Arbeitszimmers seines Apartments, inmitten einer Ansammlung von Kuppeln, Beobachtungstürmen und Kommunikationsantennen, schweifen, das für die vergangenen beiden Jahre sein Zuhause gewesen war. Von der ewig gleichen, endlosen Alltagsroutine hatte er mehr als genug. Sicherlich war das Unternehmen aufregend und stimulierend, aber genug war eben genug. Und was ihn betraf – die Heimreise könnte keinen einzigen Tag zu früh beginnen.
    Langsam schritt er zur Seite und starrte ein oder zwei Sekunden lang auf die kahle Wand vor ihm. Ohne seinen Kopf zu wenden, befahl er: »Sichtbereichskontrolle! Transparenzmodus!«
    Die Wand wurde augenblicklich von innen her durchsichtig und bot ihm einen klaren Ausblick über die Oberfläche von Iscaris III. Vom Rande des durcheinandergewürfelten Haufens der Konstrukte und Maschinen, aus denen sich die Station zusammensetzte, bis hin zum deutlich gekrümmten Horizont, an dem sie jäh abgeschnitten wurden durch einen schwarzen Samtvorhang, der mit Sternen bestickt schien, erstreckten sich die unbewachsenen, eintönig rötlich-braunen Klippen und Felsbrocken. Von oben brannte der feurige Ball von Iscaris gnadenlos herab, die reflektierenden Strahlen der Sonne durchdrangen das Zimmer mit einem warmen orangefarbenen und roten Schein. Als er hinaus in die Einöde starrte, überkam ihn plötzlich ein starkes Verlangen nach dem einfachen Vergnügen eines Spaziergangs unter blauem Himmel, auf dem die vergessene Heiterkeit eines ungestüm blasenden Windes ausgekostet werden konnte. Ja, so war es ihr Aufbruch könnte keinen Tag zu früh kommen.
    Eine Stimme, die von keinem bestimmten Ort des Raumes her zu erklingen schien, unterbrach seine Nachdenklichkeit.
    »Marvyl Chariso bittet um die Erlaubnis, durchgestellt zu werden, Commander. Er sagt, es sei äußerst dringlich.«
    »In Ordnung«, antwortete Torres. Er wandte sich um nach dem gigantischen Bildschirm, der einen Großteil der gegenüberliegenden Wand einnahm. Sofort wurde der Schirm aktiviert und übermittelte die Umrisse Charisos, eines erfahrenen Physikers, der sich aus einem Meßlabor im Observatorium meldete.
    »Leyel«, begann Chariso ohne Vorrede. »Können Sie sofort zu mir hier runterkommen? Wir haben Schwierigkeiten – ernsthafte Schwierigkeiten.« Sein Tonfall sagte alles.
    Wenn sich Chariso schon in einer solchen Verfassung befand, mußte es wirklich schlimm um die Sache stehen.
    »Ich komme schon«, sagte Leyel und war schon auf dem Weg zur Tür.
    Fünf Minuten später war er im Labor und wurde von dem Physiker begrüßt, der mittlerweile sorgenvoller als je zuvor aussah. Chariso führte ihn zu einer Bank mit elektronischen Geräten, an dem Galdern Brenzor, ein anderer Wissenschaftler, mit grimmiger Miene auf die Kurven und Datenanalysen der Computerschirme starrte. Brenzor schaute auf, als sie herankamen und nickte mit großem Ernst.
    »Starke Emissionslinien im Bereich der Photosphäre«, sagte er. »Die Absorptionslinien bewegen sich rapide in den Violettbereich. Es gibt gar nichts daran zu rütteln – der Kern der Sonne wird in zunehmendem Maße instabiler, und er zerfließt förmlich.«
    Torres schaute zu Chariso hinüber.
    »Iscaris wird zur Nova«, erklärte Chariso. »Irgend etwas ist mit dem Projekt schiefgelaufen, und die gesamte Sonne ist am Hochgehen. Die Photosphäre breitet sich explosionsartig ins
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