Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumfänger und Prinzessin Jojo

Traumfänger und Prinzessin Jojo

Titel: Traumfänger und Prinzessin Jojo
Autoren:
Vom Netzwerk:
Samstagnachmittag
     
    Der Spielplatz. Mein Spielplatz. Ich stand auf dem Spielplatz, auf dem ich als Kind so oft gespielt hatte. Von hier aus konnte ich das Haus sehen, in dem ich als Kind gelebt hatte. Als ich mit der Grundschule fertig war, hatten wir die Stadt verlassen und ich war seitdem nie wieder zurückgekehrt.
    Um mich herum waren viele Erinnerungen: der kleine Wald, in dem wir immer Fangen und Räuber und Gendarm gespielt hatten. Eigentlich waren es nur sieben Bäume, aber wir hatten es Wald genannt.
    Die Wiese, auf der wir unsere Reiterkämpfe ausgetragen hatten, gab es auch noch. Aber jetzt standen dort eine Rutsche und ein Klettergerüst. Die große Wiese, auf der wir Fußball und andere Ballspiele gespielt hatten, hatte sich kaum verändert. Nur zwei richtige Tore mit Netzen standen jetzt dort. Früher hatten wir die Tore mit Taschen und Jacken markiert.
    Der Platz, auf dem wir mit unseren Murmeln gespielt hatten, war nicht mehr da. Dort stand jetzt eine große Holzbank. Meine beste Murmel aus dieser Zeit habe ich noch immer in der Tasche. Ich glaube, sie bringt mir Glück. Ich war der beste Murmelspieler in der Schule und in unserer Straße.
    Weil ich bis zur Abfahrt meines Zuges noch genügend Zeit hatte, setzte ich mich auf die Bank. Früher hatte ich oft mit meinen Freunden auf der kleinen Ziegelmauer gesessen und wir träumten davon, was wir später einmal werden wollten. Manchmal saß ich auch allein dort und habe in die Sterne geguckt. Genau hier hatte mich Milena eines Abends zum ersten Mal auf die Wange geküsst.
    Ich machte die Augen zu und dachte daran, wie schön es früher hier gewesen war. Die Geräusche waren nun ganz andere als damals, als ich noch ein Kind war. Ich konnte kein Vogelzwitschern hören. Früher lebten hier viele verschiedene Vögel. Einer war ein Specht. Wir nannten ihn »Herr des Waldes«.
    Plötzlich musste ich lachen: Noch eine Stimme fehlte. Im ersten Haus neben dem Spielplatz lebte eine Frau alleine, die immer mit uns schimpfte, wenn wir zu laut waren. Wir nannten sie »Frau Krokodil«.
    Und es fehlten auch die Stimmen meiner Freunde, mit denen ich hier gespielt hatte. Ja, es fehlten die Kinderstimmen. Es war Samstagnachmittag und der Spielplatz war leer.
    Ich träumte davon, wie ich einmal mit meiner Zaubermurmel unseren Spielplatz gerettet hatte. Da hörte ich doch Kinderstimmen. Auf der kleinen Ziegelmauer saßen zwei Kinder. Einige Zeit spielten sie, dann begannen sie plötzlich miteinander zu streiten. Der Streit wurde immer lauter. Für einen Moment dachte ich, sie würden gleich anfangen zu raufen. Doch dann standen die beiden auf und kamen zu mir. Sie wollten, dass ich entschied, wer von den beiden der Bessere war.
    »So schnell kann ich das nicht entscheiden«, erwiderte ich. »Ihr seid beide die Besten.«
    Ich sah in ihren Augen, dass sie mit dieser Antwort nicht zufrieden waren. »Einmal bist du der Beste«, sagte ich zu dem Jungen mit der Brille. »Und einmal bist du der Beste«, sagte ich zu dem Jungen mit der Mütze.
    Ihre Augen sagten mir deutlich, dass sie mit dieser Antwort auch nicht zufriedener waren. Ich wusste nicht, was ich sonst noch antworten sollte. »Als ich so alt war wie du, habe ich auch so eine Mütze gehabt«, sagte ich deshalb.
    Die Kinder antworteten nichts. Sie sahen einander mit fragendem Blick an. Ich tat so, als sähe ich das nicht und erzählte weiter. »Genau so eine Mütze hatte ich, als ich diesen Spielplatz gerettet habe. Ich war nicht älter als ihr zwei, als ich gegen Pferd kämpfen musste.«
    »Was erzählst du denn für einen Blödsinn?«, fragte der Junge mit der Brille. »Wer kämpft schon gegen ein Pferd?«
    »Ich. Ich habe gegen Pferd Murmel gespielt«, erwiderte ich.
    »Gab es früher Pferde, die Murmel spielen konnten?«, fragte der Junge mit der Mütze.
    »Blödsinn«, antwortete ich. »So wie heute konnten auch früher die Pferde nicht Murmel spielen. Pferd war der stärkste Junge der Kirschenstraße. Er war so stark wie ein Pferd. Deshalb nannten wir in alle Pferd.«
    »Ach so«, sagte der Junge mit der Brille. »Und du hast gegen ihn gewonnen?«
    »Nein«, sagte ich. »Ich habe gegen ihn verloren.«
    »Du hast verloren?«, meinte der Junge mit der Brille. »Aber trotzdem hast du den Spielplatz gerettet? Wie denn, bitte?«
    »Möchtet ihr die ganze Geschichte hören?«, fragte ich.
    »Ist die Geschichte kurz?«, fragte der mit der Mütze.
    »Sie ist nicht lang«, antwortete ich.
    »Wie lang?«, fragte der mit der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher