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Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands

Titel: Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
Autoren: Amy Cameron
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Norden gekommen war, ins Taumeln geriet. Mit letzter Kraft hielt er sich auf den Beinen und wischte sich mit dem Ärmel das Blut aus dem Gesicht.
    »Du Dummkopf! Und du glaubst wirklich, das erste ist von dir?«, spie er seinem Angreifer voller Verachtung entgegen. Dann holte er aus und versetzte dem rot Gelockten einen Schlag in den Magen. Der stöhnte laut auf, doch ehe er sich wehren konnte, hatte der Blonde ihn bereits zu Fall gebracht. Der rot Gelockte strampelte kurz unter Wasser, tauchte aber schon einen Augenblick später wieder auf und schnappte nach Luft. Bevor der Blonde ihn erneut unter Wasser drücken konnte, hatte der rot Gelockte die Beine seines Gegners gepackt. Das kam so überraschend, dass der Blonde ins Wanken geriet und rückwärts in den Fluss fiel. Diesen Augenblick nutzte der Rothaarige, um aufzuspringen. Der Blondschopf tauchte prustend aus dem Wasser auf, doch sein Feind hinderte ihn daran, sich aufzurappeln, und presste ihm den Kopf gewaltsam unter Wasser. Der Blonde schlug in seiner Panik wild um sich und strampelte mit den Beinen, doch der Rothaarige ließ seinen Gegner nicht an die Oberfläche kommen, bis dessen Widerstand immer schwächer wurde. Wie von Sinnen hielt der Mann, der von Süden gekommen war, den Kopf des anderen unter Wasser, und erst als sich sein Gegenspieler gar nicht mehr rührte, ließ er los. Der rot Gelockte griff nach dem Kopf des Blonden und zog ihn aus dem Wasser. Die wasserblauen Augen des Blonden waren vor Schreck weit aufgerissen, aber der Blick war erloschen. Der Rothaarige schüttelte ihn hin und her. Wie bei einer Stoffpuppe flog der Kopf zu beiden Seiten. Als der Rothaarige nach einer halben Ewigkeit begriff, dass er den Mann, der von Norden gekommen war, getötet hatte, schrie er aus Leibeskräften ihren Namen. Mhairie! Mhairie! kam das Echo von der steil aufragenden Felswand hinter ihm schauerlich zurück. Der Fluss aber floss ungerührt weiter, wie er es seit jeher getan hatte, doch er würde von diesem Tag an nur noch den einen Namen tragen: Eng Burn, der Bach des Todes.

1. Teil
    Edinburgh/Inverness, November 1913 – Hogmanay
    (schottisches Silvester und Neujahrsfest) 1913/1914

    Farewell to the Highlands,
    farewell to the North,
    The birth-place of Valour,
    The country of Worth;
    Wherever I wander,
    Wherever I rove,
    The hills of the Highlands
    for ever I love.

    Robert Burns (1759 – 1796), schottischer Dichter
    Aus: My Heart’s in the Highlands

1
    Edinburgh, 29. November 1913
    Der raue Westwind pfiff durch die Häuserschlucht der Bell’s Wynd, einer der kleinen Gassen, die von der High Street abgingen und zu jenen düsteren Hinterhäusern führten, die teilweise noch aus dem Mittelalter stammten. Auch in der Hauptstraße wehte ein eisiger Wind. Trotzdem herrschte in den Gassen selbst an diesem kalten und ungemütlichen Tag geschäftiger Trubel. Überall im Windschatten hatten die Händler ihre Stände aufgebaut und verkauften ihr schottisches Gebäck in unterschiedlichen Ausführungen. Der süße Duft von Shortbread stieg Lili Campbell verführerisch in die Nase. Sie wohnte noch nicht lange wieder im Zentrum der Stadt, aber sie liebte das städtische Leben, bis auf die stinkenden schwarzen Rauchwolken, die aus unzähligen Schornsteinen in den Himmel qualmten. Sie konnte gut verstehen, dass man Edinburgh im Mittelalter auch Old Smokie genannt hatte. Abgesehen davon, dass es mittlerweile längst nicht mehr so viele Kamine auf engstem Raum gab, stank der Rauch, den sie ausstießen, noch genauso übel wie vor Hunderten von Jahren. Bis vor Kurzem hatte Lili ein Zimmer im Internat bewohnt, draußen im grünen Westen, aber ein liebeskranker Kollege hatte sie in die Flucht geschlagen. Ian Mackay, Mathematiklehrer an der St.-George’s-Mädchenschule, hatte ihr, nachdem sie einmal mit ihm einen Spaziergang zum Fluss unternommen hatte, regelrecht nachgestellt. Er hatte ein Stockwerk über ihr gewohnt und Abend für Abend schottische Liebeslieder am offenen Fenster gesungen. Als er ihr schließlich eines Tages überraschend im Klassenzimmer vor den kichernden Schülerinnen einen Blumenstrauß überreicht hatte, war sie noch an demselben Tag zur Direktorin gegangen und hatte darum gebeten, zu ihrer Mutter in die Stadt ziehen zu dürfen. Den wahren Grund hatte sie Miss Macdonald allerdings verschwiegen. Das gestrenge Fräulein hätte dem liebestollen Kollegen wohl sofort die Stellung gekündigt, und das hatte er Lilis Meinung nach dann doch nicht
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