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Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands

Titel: Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
Autoren: Amy Cameron
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nachgelassen. Dafür regnete es in Strömen, sodass Lili im Eingang stehen blieb.
    »Ich kann nicht, das habe ich doch gleich gesagt. Warum muss mich die Moiselle dazu zwingen?«, beschwerte sich Isobel.
    Lili seufzte tief. Dann wandte sie sich ihrer Schülerin zu und musterte sie mit ernstem Blick. »Mademoiselle Larange hat recht. Es wäre schade, wenn du vor lauter Enttäuschung, dass dein Vater nicht zur Aufführung kommt, alles hinwirfst. Es gibt doch so viele andere, die sich an deinem Tanz erfreuen würden.«
    »Ich will aber für meinen Vater tanzen«, widersprach Isobel trotzig.
    Wieder seufzte Lili. »Ich weiß, wie du dich fühlst. Weißt du, als ich meine ersten Konzerte in der Schule gegeben habe, war meine Mutter nie dabei. Was meinst du, wie oft ich die Lust am Klavierspielen verloren hatte? Aber dann waren da meine Lehrer, meine Mitschüler, die Eltern der anderen Mädchen …«
    »Sie hatten wenigstens eine Mutter«, unterbrach Isobel Lili.
    »Ja, aber dafür bin ich ohne Vater aufgewachsen.«
    Das Mädchen blickte seine Lehrerin neugierig an. »Ist Ihr Vater auch gestorben, als Sie noch klein waren? Ich war sieben, als meine Mutter starb.«
    »Nein, er ist …«, erwiderte Lili gedankenverloren, doch dann berichtigte sie sich rasch. »Ja, genau, er ist gestorben, als ich noch ein Baby war. Ich habe nicht einmal ein Bild von ihm, das ich in meinem Herzen bewahren könnte. Aber deshalb weiß ich, wie es ist, mit nur einem Elternteil aufzuwachsen, der dann für den Lebensunterhalt sorgen muss und nie Zeit hat.«
    »Besitzt Ihre Mutter etwa auch so eine riesige Schafzucht wie mein Vater?«
    Lili lächelte und schüttelte den Kopf. »O nein, das leider nicht. Sie arbeitet in einem Haushalt am Charlotte Square. Und immer, wenn es in der Schule Aufführungen gab wie am St. Andrew’s Day oder zu Burns Supper, fanden im Hause ihrer Herrschaften große Gesellschaften statt, für die meine Mutter große Mengen von Haggis zubereiten musste.«
    Isobel sah Lili ungläubig an. Lili verstand das so, dass ihre Schülerin noch immer nicht ganz von den Worten überzeugt war, die ihre Lehrerin zur Verteidigung der alleinerziehenden Elternteile vorgebracht hatte. Deshalb setzte Lili nach.
    »Natürlich ist es hart für uns, aber unsere Eltern tun es doch nicht aus böser Absicht, sondern, weil sie arbeiten müssen.«
    »Ja, nein, ich …«, stammelte Isobel. »Es ist nur so, bei uns zu Hause … Onkel Craig und Tante Shona ermahnen mich immer, dass ich nicht bei den Dienstboten in der Küche hocken soll.«
    Da erst begriff Lili, was Isobel so befremdlich erschien. »Ach so, du wunderst dich darüber, dass meine Mutter Köchin ist, nicht wahr? Ja, weißt du, nicht jeder wird mit einem silbernen Löffel im Mund geboren.«
    »Natürlich nicht«, entgegnete Isobel verlegen. »Aber ich glaube, ich habe Sie verstanden. Vater würde sicher wollen, dass ich auch tanze, wenn er nicht dabei ist. Und die Moiselle und Sie, Miss Campbell, Sie haben so lange mit mir geübt. Es wäre undankbar, wenn ich mich sträuben würde.«
    »Richtig, so spricht eine vernünftige Isobel Munroy.«
    »Und Sie meinen wirklich, dass ich gut genug bin?«
    »Du bist ein Naturtalent.« Lili legte den Arm um die Schultern des Mädchens und zog es mit sich fort.
    Mademoiselle Larange war nicht da, als sie den Saal betraten.
    »Komm schnell und sieh mir zu!«, schlug Lili ihrer Schülerin mit vor Begeisterung geröteten Wangen vor. »Ich mache dir die Schrittfolge noch einmal vor, während du den Gillie Callum singst.«
    Hastig legte Lili ihren schweren Mantel ab, zog ihre klobigen Schuhe aus, stellte sich hinter die Schwerter und gab Isobel ein Zeichen, mit dem Gesang zu beginnen.
    Das Mädchen besaß eine glockenhelle Stimme, viel zu virtuos für das deftige Lied, aber Lili fand den Einsatz und begann mit den Schritten. Wie oft hatte sie den Gillie Callum schon in dem kleinen Zimmer in der Bell’s Wynd getanzt! Sie bewegte sich so sicher und hörte dabei auf zu denken. Ihre Füße flogen wie von selbst hin und her. Als sie fertig war und sich verbeugte, ertönte aus dem Zuschauerraum Applaus. Erschrocken blickte Lili in die Richtung, aus der er gekommen war. Dort stand Mademoiselle Larange in Begleitung eines groß gewachsenen, schlanken Mannes mit roten Locken in der vornehmen Kleidung eines adeligen Hochländers. Das konnte Lili auf einen Blick erkennen. Die Männer in den Gassen von Edinburgh waren einfacher gekleidet und trugen keine Kilts,
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