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Mueller und die Schweinerei

Mueller und die Schweinerei

Titel: Mueller und die Schweinerei
Autoren: Raphael Zehnder
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das ist klar, aber Müller wird es noch herausfinden, dass das etwas miteinander zu tun hat oder haben könnte, das kann ich verraten. Aber hallo! Sonst würde ich es ja nicht schreiben, weil ich habe wirklich nichts gegen Dylanologen, obwohl selbst kein Anhänger dieser Musikrichtung. Ich wünsche ihnen sogar gesunde Bohneneintöpfe und nichts Böses, sondern dichtes Haar und ewiges Leben, auch für ihr Studienobjekt, aber es war wirklich so: In diesem Moment sieht Müller im Gratisqualitätsblatt die Schlagzeile »Der tote Dylanologe«. Zuerst schaltet sein Hirnapparat gar nicht, sondern erst später. Jetzt geht er zuerst aus dem biologischen Restaurant Sumatra an der Josefstrasse, nachdem er einen Fünfliber für den Kaffee auf den Tisch gelegt hat, den starken Hirtenknaben auf der Münzenrückseite als Signal vor Joachim Scharpfs Nase auf den Gartenmöbeltisch. Der traut sich nicht »nein, nein« abzuwehren, sondern sitzt einfach da. Der Müller nickt ihm noch zu, um ihn aufzumuntern. Weil das ist alles turbulent und ziemlich aufregend, und für einen Gastrobetrieb steht so dies und das auf dem Spiel.
    * * *
    Wie vorgehen?
    Das fragt man sich bei jeder Ermittlung zuerst.
    Der wichtigste Grundsatz heisst: »systematisch«. Da kann man viel von Franz Schubert lernen. Der Master of Clearing geht mit System vor. Also verrückt rumhühnern, das ist nichts. Sondern mit einem Plan. Dann geht es mit der Zeit schon.
    Zweitens spielt der Faktor »Zeit« eine Rolle. Es stimmt schon, was man sagt, nämlich: dass die Zeit schnell vergeht. Kinder wissen das nicht. Fünf Minuten können für sie eine Ewigkeit sein, tik-tak-tik-tak zersplittern sich die Minuten in endlose Sekunden, die nicht vergehen wollen, bis das Christkind endlich die Geschenke herausrückt. Teenager quälen sich ganze Schultage lang, die fühlen sich an wie lebenslängliche Polarnacht. Montag bis Freitag ewiges Straflager. Das Wochenende hingegen innert zwei Zügen an der Wasserpfeife sofort vergangen. Aber wir Erwachsenen, also ältere Menschen Ü-25, für uns geht die Zeit immer so schnell vorbei, dass häufig Ausdruck »rasen« verwendet, weil Verb »verstreichen« passt nicht für Zeit, weil erinnert an Brotaufstrich: langsam und genussvoll; aber »rast« erinnert an Testosteron und heisst »sehr schnell«, und das stimmt schon. Weil, kommt der Lohn und zack ist er weg, also Zeit sofort vergangen und ich habe gar nicht gemerkt, wo Geld hin.
    Drittens: Wir arbeiten bei der Polizei Zürich mit modernen und neuesten naturwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Methoden, also zum Beispiel Ballistik, Graphologie, DNS -Analyse und Psychologie. Und wir gehen im Rahmen des Gesetzes rücksichtslos vor, verhaften sogar die sieben Bundesrätinnen, wenn sie den Bohneneintopf vergiftet haben, oder – menschlich viel emotionaler, weil den kennen wir – Franz Schubert oder den Müller selbst, wenn sie das tödliche Zeug in den Bohneneintopf geschüttet hätten.
    Das soll jetzt keine falsche Spur sein, die ich jetzt lege, und am Schluss des Buches a) ist es Franz Schubert, weil ich es hinterlistig beiläufig gerade so en passant gesagt habe und am Schluss sagen kann: Ätsch, ich wusste es schon am Anfang. Oder b) ist es nicht Franz Schubert, obwohl ich gemein suggestiv habe durchschimmern lassen, dass er es ist. Aber ganz kategorisch klar hier: Franz Schubert hat den Bohneneintopf nicht vergiftet, er kennt nicht einmal das Restaurant Sumatra, weil er nur seine Arbeit im Sinn hat. Und darüber hinaus ist auch der Müller nicht der Täter, weil er hat es auch nicht getan. Ich schwöre.
    So, das wäre klar.
    Aber wer hat den Bohneneintopf vergiftet?
    Das ist die Frage, die es zu beantworten gilt. Obwohl, Sie ahnen es natürlich schon: Es wird in der Geschichte alles viel komplizierter, weil das Leben so ist: viel komplizierter. Lassen wir den Ermittlungen ihren Lauf und schauen dabei zu, wie der Müller und seine Kollegen es machen, denn wir können immer etwas lernen, und sei es auch nur die Grundgewissheit, dass sich das Verbrechen nicht lohnt. Weil Gesetz und Polizei und Staatsanwaltschaft und Gericht und Schloss und Riegel. Dann Tütenkleben oder Korbflechten in der Pöschwies. Jahrelang. Nicht lustig. Ethik und Humanität sind im Recht. Der Paragraf lauert und schlägt schliesslich zu, dem Bösen schlägt das Strafgesetzbuch voll ins Gesicht.
    * * *
    Und jetzt gibt es eine kleine politisch-juristische Zwischenbemerkung, nämlich die Frage: Ja, wie ist
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