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PR 2621 – Der Harmoniewächter

PR 2621 – Der Harmoniewächter

Titel: PR 2621 – Der Harmoniewächter
Autoren: Christian Montillon
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»Das Lied der Harmonie spielt im Gleichklang von Gedanken und Gefühlen; alles Fremde zerstört diese Einheit.«
    (Alter Lehrsatz aus der Gründerzeit des Reiches)
     
    1.
    Uyari Lydspor
    Harmoniewächter
     
    Alles war weiß.
    Ein grelles Leuchten, das mich auffraß, erblinden ließ und das Leben in mir hinwegbrannte. Dies musste der Tod sein, wenn die letzte Maske getragen war und man das Gesicht für die Ewigkeit enthüllte.
    Das glaubte ich zumindest, bis in dem Weiß eine Farbe explodierte: überaus diesseitiges, gelbes und rotes Feuer. Es fauchte gegen meinen Gleiter, leckte über die Sichtscheibe und ließ sie Blasen werfen.
    »Warnung!«, hörte ich. »Schutzschirmüberlastung. Zusammenbruch in ...« Die automatische Stimme brach mit einem misstönenden Rauschen ab, und alles wurde unwirklich still.
    Dunkelheit legte sich über mich. Der Gleiter flog inmitten einer Wolke aus schwarzem Rauch, in der nur vereinzelte Funken glommen.
    Im nächsten Augenblick verließ ich den Bereich der tödlichen Falle, die die rund um mich explodierenden Granaten bildeten. Durch die Sichtscheibe sah ich seitlich einen gigantischen, verpuffenden Feuerball.
    Die Vorstellung, mitten in dieser Hölle gesteckt zu haben, schnürte mir die Luft zum Atmen ab. Und ich wusste, es war längst nicht vorbei! Diese Attacke mochte ich überlebt haben, aber meine Angreifer standen nach wie vor bereit, mich zu töten.
    Wie viele waren es gewesen, die aus dem paramilitärischen Ausbildungslager geströmt waren und mich beschossen hatten? Vier? Sechs? Ich erinnerte mich nicht. Der Schreck saß zu tief. Das Entsetzen, das sich bis auf den Grund meiner Seele fraß, lähmte mich.
    Andere Kandran, ausgebildete Soldaten, mochten dem vielleicht gewachsen sein, ich jedoch war nur ein Harmoniewächter und nicht gewöhnt, auf diese Weise zu kämpfen.
    Ein flirrender Lichtball funkelte vor mir in der Dunkelheit der Gebirgsnacht. Dies musste einer der Angreifer sein, umgeben von einem geschlossenen Schutzschirm. Die energetische Kugel spiegelte und brach das Licht der Explosionen.
    Ich versuchte, das Waffensystem meines Einpersonengleiters zu aktivieren. Meine Finger tasteten über die Bedienelemente.
    Nichts.
    Keinerlei Reaktion.
    Alles blieb energetisch tot.
    Meine sonst dunkle, warzige Haut schillerte unnatürlich bleich im Notlicht des Cockpits. Ich spürte, wie mir vor Entsetzen die Augen weiter aus den Höhlen quollen.
    Ein völliger Systemausfall legte alles lahm. Erst in dieser Sekunde erinnerte ich mich wieder daran, wie soeben auch die künstliche Stimme des Alarmsystems abrupt abgebrochen war. Es musste als Wunder gelten, dass der Gleiter nicht abstürzte.
    Ein Wunder, das mir allerdings nicht das Geringste nutzte. Denn gleich würden mich meine Feinde ...
    Wieder stockten meine Gedanken. Alles ging zu schnell, als dass ich es begreifen konnte. Der Angreifer vor mir stand plötzlich im Zentrum einer Explosion, die Feuerzungen in alle Richtungen schickte wie Protuberanzen einer Sonne. Winzige dunkle Teile regneten in die Tiefe.
    Etwas raste heran, ein riesiger Berg aus Metall; eine schwarze Silhouette vor dem Feuerball, finster wie die lichtlose Nacht über Klionas zur Zeitenwende. An der Seite dieses mächtigen Gebildes blitzte es zweimal, dreimal.
    Tödliche Lichtbahnen sausten auf mich zu, ich hämmerte auf die Steuerkonsolen, um auszuweichen.
    Eine unsinnige Aktion; wäre ich das Ziel dieser Salven gewesen, hätten sie mich im selben Moment getroffen, als ich sie wahrnahm. Stattdessen jagten sie an meinem Gleiter vorüber.
    Hinter mir donnerte es.
    Das kleine Fluggerät gehorchte mir immerhin so weit, dass ich es zur Seite ziehen und mich aus dem unmittelbaren Kampfgebiet entfernen konnte. Ich schaute zurück und sah einen auseinanderbrechenden Berg: Ein gewaltiger Riss, in dem es glutflüssig wogte, spaltete das Felsenmassiv.
    Rauch wölkte in die Höhe, Gesteinsmassen flogen durch die Luft wie Meteore mit einem feurigen Schweif. Lawinen aus Geröll donnerten in die Tiefe.
    Plötzlich knackte es vor mir in der Konsole.
    »Selbstreparatur zu acht Prozent erfolgreich«, tönte die Automatstimme des Gleiters. »Landung und Verlassen des Cockpits dringend empfohlen. Dauerhafte Stabilität kann nicht gewährleistet werden.«
    In diesem Moment verstand ich endlich, was sich rund um mich abspielte.
     
    *
     
    Ehe dieses ganze Fiasko begonnen hatte, war ich in geheimer Mission unterwegs gewesen – mein Ziel war das Ausbildungslager Chamillog, eine
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