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Muckefuck

Muckefuck

Titel: Muckefuck
Autoren: Georg Lentz
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Sofa. Clarissa stand auch auf. Hockte sich daneben. »Wir sind die Hunde«, sagte Clarissa. »Nimm die Peitsche. Hier! Nun nimm schon! Take it! Slap us!«
    Ich hatte genug Rum getrunken. Wichste ihnen ein paar über. Abwechselnd. Clarissa und Carmen schrien. Stöhnten. »More, more…« Ich briet ihnen noch ein paar über. Sie fielen zur Seite, umarmten sich. Befummelten sich. Ich stand daneben, ganz schön aufgeregt. Das hier war mir neu. Ein Knäuel von Mädchenleibern, Stöhnen. Küsse. Ich als Zuschauer. Plötzlich lösten sie sich voneinander. »Poor boy«, sagte Carmen. »Come here.« Ich musste mich auf den Teppich legen. Carmen öffnete mir die Hose. Breitete ihr dunkles Haar über mich. Clarissa kniete hinter Carmen, die Hände in Carmens rückwärtige Regionen vergraben. Das alles am Nachmittag!
    Endlich waren sie fertig, saßen wieder in ihren Kimonos da. Tranken weiter. Schenkten mir zwei Stangen Zigaretten.
    »Zwei Stangen! Wo hast du die her?«, fragte Großmutter.
    »Verdient«, sagte ich.
    Die Mädchen kamen nie mehr in den All American Club. Ich sah sie auch nirgends woanders wieder.
    Den Winter verbrachte ich an der Coca Fountain im All American Club. Das Frühjahr darauf war das Frühjahr des Schweins. Großmutter traf ich im Waschküchenschuppen an, wie sie damit beschäftigt war, mit allerlei Balken und Brettern wütend einen Verschlag zusammenzuzimmern. Nach dem Zweck dieser Tätigkeit befragt, antwortete sie: »Es ist fürs Schwein.«
    Schweine musste man anmelden, das Fleisch abgeben, die Fleischkarte teilweise ungültig stempeln lassen, falls man Schlachtvieh züchtete – und auch schlachtete.
    Wollte sie ein Hobbyschwein, ein Lust- und Spaßschweinchen, einen Hauskameraden? Statt der schwarzen Katze? Sollte das Schwein dann hinten auf dem Herd sitzen? »Es wird auch schwarz jeschlachtet«, sagte Großmutter. »Wirste ja wohl schon mal jehört haben. Es wird ein Schwein angeschafft, ein kleines. Ein Ferkel. Das Ferkel füttert man. Wenn es fett ist, schlachtet man es. Macht Würste. Und Schinken. Klar?«
    »Aber wovon willst du es denn füttern? Und woher bekommst du ein Ferkel?«
    »Futter ist genug da, wir holen das von den Amis. Die schmeißen alles auf den Müll. Sogar Eierkuchen. Habe ich neulich gesehen. Ganze Eierkuchen! Die Lümmels! Und das Ferkel, das bekommst du. Du fährst und holst es. Bei Onkel Willi. Onkel Willi Kaiser.«
    »Onkel Willi? Ich denke, der war Ortsbauernführer?«
    »Nu is er wieder nur noch Bauer.«
    »Haben die Russen ihn denn nicht …«
    »Doch nicht Onkel Willi! Der ist doch mit dem ganzen Dorf verwandt. Da hat niemand was jesagt. Fast wäre er Bürgermeister geworden. Steht doch alles in dem Brief von Tante Anna. Hast du denn den Brief nicht gelesen? Warum liest du die Briefe nicht von deiner Verwandtschaft?«
    »Woher weißt du denn, dass Onkel Willi uns ein Ferkel gibt?«
    »Das steht auch in dem Brief. Er gibt uns eben eins. Ich habe ihm geschrieben und habe ihn gefragt, ob er uns ein Ferkel gibt. Ja, hat er gesagt. Wir müssen es nur holen. Du holst es. Hier, halt mal fest. Ich muss den Balken absägen.«
    Großmutter sägte.
    Als der Balken durch war, fragte ich: »Und Minnamartha? Ist sie einverstanden?«
    »Sie isst gerne Wurst. Frag sie selbst.«
    »Und wie soll ich aufs Land kommen? Die Züge werden kontrolliert. Von den Russen. Sie nehmen alles weg.«
    »Du fährst mit dem Fahrrad.«
    »Wie bitte? Das ist doch ein bisschen weit, nicht?«
    »Wenn du früh losfährst, schaffst du es an einem Tag. Zurück wieder ein Tag. Den Borch steckst du in einen Sack.«
    »An den Landstraßen sind auch Sperren.«
    »Dann fährst du Autobahn. Ja!« Großmutter richtete sich auf, die Säge in der Hand. »Autobahn. Das ist die Idee. Autos gibt es nicht. Also fährt auch niemand auf der Autobahn. Also kontrolliert da auch niemand. Also kann man auf der Autobahn Rad fahren. Ohne kontrolliert zu werden.«
    Wy wesjajete is Americanskoy Zony! Sie verlassen jetzt den amerikanischen Sektor! Vorbei an ein paar gelangweilten Russen mit Kalaschnikowmaschinenpistolen unter dem Arm radelte ich tatsächlich Richtung Norden, auf einem einigermaßen erhaltenen Damenrad, das die Russen hinterlassen hatten, wie Agathes Schleiflackbett und so manches, was wer weiß wem gehören mochte. Die Idee mit der Autobahn war tatsächlich Klasse. Nicht einmal Militärautos fuhren hier, weil fast alle Brücken gesprengt wären. Mit dem Fahrrad musste ich ein paarmal in Schluchten hinab,
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