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Muckefuck

Muckefuck

Titel: Muckefuck
Autoren: Georg Lentz
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Zusammensetzung geheim. Er kam in Büchsen. Die Büchsen wurden in einen riesigen Trichter im Obergeschoss der Abfüllstation geleert. In einen noch größeren kam Zucker. Unten, im Erdgeschoss, fuhren die Flaschen auf einem Laufband unter den Füllapparat. Zuerst spritzte das Sirup-Zucker-Gemisch in die Flaschen. Dann Mineralwasser drauf. Kronenkorken, fertig. Die Flaschen fuhren an einer erleuchteten Mattscheibe vorbei, wo jemand kontrollierte, ob sie alle richtig gefüllt waren – der langweiligste Job. Vielleicht jede Tausendste war einmal nicht richtig gefüllt. Dann landeten die Flaschen auf einem Karussell, wurden in die Kisten verpackt. Die volle Kiste fuhr über ein Rollenband in den Lagerraum, kurz gestoppt in einem Käfig, um geschüttelt zu werden. Erst hier mischten sich Extrakt und Mineralwasser.
    Ein Mr. Miller leitete die Fabrik. Er fuhr einen Chevrolet von 1932. Verteilte viele Kisten mit samples , mit Mustern. Das ging einige Monate gut. Dann zählte jemand im fernen Amerika die Musterkisten zusammen. Eine Woche später verschwand Mr. Miller. Doch lernten wir vorher von ihm, dass die typische Cola-Flasche nach der schöngesäßigen und schönhüftigen Venus Callyphigos gestaltet sei, von einem Verpackungsfachmann, der wusste, wie gerne sich durstige Hände um eine liebliche Hüfte schließen. Auf diesen genialen Einfall führte Mr. Miller den eklatanten Verkaufserfolg von Coca-Cola zurück. Es half ihm nicht, dass er Riesenumsätze bei den Besatzern erzielte. Streng waren die Bräuche bei Coca-Cola Inc. Miller musste gehen.
    Diese Millionen Flaschen fuhren vor unseren Nasen umher, aber wir erwischten keine. Deutsche? Nix Coca-Cola!
    Als der Zucker umgeschichtet war, durften wir liefern fahren. Tour: Clubs, Armylazarett. Mit einem Dodge. Zwölf Flaschen gab es mit für Bruchersatz. Hatten wir weniger Bruch, so wurde stillschweigend geduldet, dass wir die übrigen Flaschen austranken. Das waren unsere ersten Coca-Colas.
    Eines Tages, schon unter Millers Nachfolger, wurde mirdie Ehre zuteil, als Barhelfer eingeteilt zu werden. Ich bekam einen neuen Overall, ein Käppi dazu. Musste mich jeden Abend im All American Club einfinden, um die Soda Fountain zu bedienen. Das war eine Abfüllstation im Kleinen. Auf Hebeldruck schossen Sirup und Spritzelwasser getrennt ins Glas, automatisch dosiert, sich durch den Druck vermischend.
    Der All American Club war eine langweilige, riesige Bude in einem Vorort, für Offiziere und WACs, Mitglieder des Woman Army Corps. Die Armybienen kamen manchmal auch in Zivil, vom weiblichen Major an aufwärts sahen sie alle aus wie alte Milchwagenpferde mit gelben, langen Zähnen, aber die jungen waren sehr schön und rochen gut, hatten gemalte Nägel wie Tante Lizzi und rauchten Chesterfield.
    Eine Marke, über die der Spruch umging:
    Erst schenkt er ihm ’ne Chesterfield -
dann macht er seine Schwester wild.
    Ablösung der U-Bahn-Lyrik.
    Zwei Mädchen hingen jeden Abend in der Bar herum, eine lange blonde, Clarissa, und eine pummelige dunkelhaarige, Carmen. Sie tanzten mit diesem und jenem, ein paar dienstverpflichtete Deutsche spielten Dixieland im Club. Die beiden Mädchen kamen aber immer wieder an die Bar zurück, den Versuchen etlicher Offiziere widerstehend, die sie angeln wollten. Clarissa und Carmen sprachen wenig, tranken Cola mit Rum, aus den größten Gläsern, die wir hatten. Gegen elf verschwanden sie.
    Eines Abends steckte mir Clarissa einen zusammengefalteten Zettel in die Brusttasche des Overalls, legte ihren Finger an die Lippen. Als sie gegangen waren, zog ich denZettel heraus. Morgen 4 a. m. Onkel-Tom-Straße 96 stand darauf. Onkel-Tom-Straße, das waren hunderte von Reihenhäusern, für die Amerikaner beschlagnahmt.
    Am nächsten Nachmittag ging ich hin. Die Mädchen saßen, in eine Art Kimonos gehüllt, im Wohnzimmer. Clarissa legte eine Platte mit Bing Crosby auf. Es gab Coca mit Rum. Aus riesigen Gläsern. Dann die Andrew Sisters. Carmen erklärte, dass sie jetzt baden müsse. Den Drink nahm sie mit. Die Tür ließ sie auf. Der Kimono blieb auf der Schwelle liegen.
    Nach einer Weile kam Carmen zurück. Nackt. Setzte sich wieder aufs Sofa. Begann mit Clarissa zu schmusen. Auch Clarissa schälte sich aus dem Kimono. Clarissa griff hinters Sofa. Holte eine Hundepeitsche hervor. Wog sie spielerisch in den Händen. Dann – zisch – schlug sie Carmen damit über den Schenkel. Carmen stieß einen sehr spitzen Schrei aus. Hockte sich auf alle viere neben das
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