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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen
Autoren: Karl Storck
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gegenüber sollte herstellen lassen.
    Aber trotz alledem bleibt festzuhalten, daß die Wirkung musikalischer Werke zeitlich begrenzt ist, und es muß rundweg zugegeben werden, daß auch ein Mozart diesem Gesetze unterworfen sein wird. Ebenso schroff ist aber rein aus der praktischen Erfahrung abzulehnen, daß für Mozart dieser Zeitpunkt bereits gekommen sei. Man kann aber ebenso sicher behaupten, daß es überhaupt undenkbar ist, daß für Mozart eine länger dauernde Periode der Unwirksamkeit eintreten kann, denn seine Musik gipfelt im Prinzip der Melodie . Dieses Prinzip ist die Urkraft aller Musik, wie das Volkslied sämtlicher Völker der Welt beweist. Die Kunstmusik hatte sich nur durch Jahrhunderte von diesem Prinzip der Melodieentfernt oder hatte sich wenigstens von anderen beherrschen lassen. Aber die Tatsache, daß die Melodiebildung für keine andere Musik, für die Werke keines anderen Komponisten so durchaus zur innersten Lebenskraft geworden ist, wie gerade für die Musik Mozarts, schützt diese auch dann vor einer völligen Unwirksamkeit, wenn einmal alle anderen Triebfedern, die für die Gestaltung der Mozartischen Musik in Betracht kommen, veraltet sein werden.
    Da Mozarts Musik wie keine andere auf dem Ewigkeitsprinzip der Musik, der Melodie aufgebaut ist, muß es der Mozartischen Musik gegenüber leichter als bei jeder andern sein, einen Weg zu finden, der immer wieder zum Herzen dieser Kunst führt und sie uns als Gegenwartswert empfinden läßt. Denn je reicher an Ewigkeitsinhalt eine Kunst ist, um so leichter läßt sich das dem Wandel Unterworfene in der formalen Erscheinung überwinden.
    Die gewaltigste Geschmackswandlung auf dem Gebiete der Musik hat im letzten Jahrhundert die Oper erfahren. Mozarts Werke sind noch aus dem Boden der italienischen Sängeroper herausgewachsen; wir stehen heute alle im Banne des Wagnerschen Musikdramas. Zwei Momente sind es, die in Mozarts Opern dramatische Ewigkeitswerte darstellen: einmal die Wahrheit des jeweiligen Gefühlsausdrucks; sodann die wahre Durchführung der dramatischen Charaktere; in sehr hohem Maße kommt dazu die Wahrheit der jeweiligen Bühnensituation. Wohlverstanden, die unvergleichliche musikalische Schönheit der Opern Mozarts ist bloß imstande, die Werke uns musikalisch lebendig zu erhalten. Diese dramatischen Eigenschaften aber vermögen sie auch als Dramen in der Periode des Musikdramas in voller lebendiger Wirkung zu bewahren.
    Nur muß dann die heutige Art der Aufführung diese dramatischen Werte hervorkehren. Es ist klar, daß seinerzeit diese Werke als Sängeropern gegeben wurden, mit möglichster Hervorhebung der rein musikalischen Werte jeder »Nummer«. Heute wird man versuchen, erstens die Einheit der Charaktere durch die ganze Oper; zweitens die jeweils hervorragende Charakteristik im Ausdruck des Inhalts; drittens die wahre Schilderung jeder Situationhervorzuheben. Auf diese Weise werden Mozart-Aufführungen entstehen, die anders sind als die gewohnten. Aber sie werden trotzdem echt im Geiste sein, und dieser Geist wird unserem Geiste vertraut und teuer sein.
    Nein, wir brauchen nicht zu »heucheln«, um Mozarts Musik zu lieben; wir müssen nur echt musikalisch empfinden können. Und in leichter Umänderung können wir, was Goethe von Wielands »Oberon« rühmte, mit unvergleichlich höherem Rechte sagen: Solange die Musik Musik, Gold Gold, Kristall Kristall bleiben wird, so lange wird Mozarts Musik geliebt und bewundert werden.
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