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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen
Autoren: Karl Storck
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sich erst hier als deutschen Meister erweise, so gilt das nicht nur von der Musik, sondern auch von den Gestalten. Tamino und Pamina sind das deutsche Liebespaar: füreinander geboren, unverbrüchlich aneinander festhaltend, in aller Liebesseligkeit dem Idealen zugeneigt. Deutsch ist auch Sarastro. Nein musikalisch genommen in der Opernliteratur eine neue Gestalt. Niemals hatte die Baßstimme sich solcher großen und ihr doch durchaus gemäßen Aufgabe gegenüber gesehen wie hier, wo die reife Lebenserfahrung, die höchste durch das Leben errungene Güte ihren Ausdruck findet. Dieser Mann ist ein »Meister«, wie Wagners Hans Sachs einer ist: abgeklärt, ruhig und doch tatkräftig, der nicht gleichgültig der Entwicklung anderer zusieht, sondern sie zum Guten lenkt, indem er diesen anderen Menschen zur Erkenntnis ihres Berufes zum Guten verhilft. Und auch Papageno ist echt deutsch. Er hat nichts mehr vom Kasperl an sich, noch viel weniger von einem italienischen Harlekin. Ein braver, lustiger, guter Kerl, der seine Schwächen weitmacht durch die Gutmütigkeit und Treue seiner Natur, und jene Selbstgenügsamkeit verkörpert, die in der kleinsten Stätte einen Himmel sieht, sofern sie nur »gepaart« bewohnt wird. So ist die Zauberflöte als Ganzes in allen ihren Teilen ein urdeutsches Werk, das sich tief hineingesungen hat in das Herz des deutschen Volkes, das aber auch diesem Deutschtum in der Kunst von der Opernbühne aus seine selbständige Stellung verschafft hat in der ganzen Welt.
    ~ ~ ~
    Wir treten aus dem heiligen Tempel schöner Menschlichkeit, in den uns die Zauberflöte geführt, in die heiligeren Hallen des Todes. Wir besitzen einen kleinen Brief von Mozart, der, italienisch geschrieben, wahrscheinlich an da Ponte gerichtet ist, von dem wir wissen, daß er Mozart dafür zu gewinnen suchte, mit ihm nach London zu gehen. Der Brief lautet: »Ich werde Ihrem Rate gern folgen, aber wie es machen? Mein Kopf ist verwirrt, ich sammle mich mit Mühe und kann von meinem Blick das Bild dieses Anbekannten nicht wegbringen.Ich sehe ihn fortwährend, er bittet, er drängt mich und verlangt mit Ungeduld das Werk. Ich fahre fort zu arbeiten, weil das Komponieren mich weniger erschöpft als die Muße. Sonst habe ich nichts mehr zu fürchten. Ich merke an dem, wie ich mich fühle, daß die Stunde schlägt . Ich bin im Bereich des Todes. Ich bin zu Ende gekommen, ehe ich mich meines Talents gefreut habe. Das Leben war dennoch so schön ! Die Bahn öffnete sich unter so glücklichen Auspizien. Aber man kann sein Geschick nicht ändern. Keiner bestimmt seine Tage. Man muß sich ergeben, es geschieht, wie die Vorsehung will. Ich beende jetzt meinen Grabgesang, ihn darf ich nicht unvollendet lassen.«
    Der Brief muß aus den Novembertagen des Jahres 1791 stammen; da war es Mozart zur Gewißheit geworden, daß er im Bereich des Todes weile, und sein ganzes Streben galt der Vollendung seines Grabgesanges, des
    Requiems.
    Es war im Juli gewesen, als Mozart auf merkwürdige Weise den Auftrag erhielt, ein Requiem zu schaffen. Ein langer, hagerer, grau gekleideter Mann, den er nicht kannte, überbrachte ihm den Brief eines unbekannten Schreibers, der mit den Ausdrücken der höchsten Bewunderung für Mozarts Schaffen die Frage verband, um welches Honorar er eine Seelenmesse zu schreiben übernehmen wolle, und wie bald er diese vollenden könnte. Mozart war dieser Auftrag hochwillkommen. Er hatte einige Monate vorher dem Magistrat ein Gesuch eingereicht, in dem er sich erbat, dem Kapellmeister Hoffmann vom Stephansdome einstweilen unentgeltlich beigeordnet zu werden, um so den Beweis erbringen zu können, daß er durch seine »auch im Kirchenstil ausgebildeten Kenntnisse« der Nachfolgerschaft dieses hochbetagten und oft kränklichen Mannes würdig sei. Der Magistrat hatte ihm am 9. Mai dieses Gesuch bewilligt mit dem Rechte der Nachfolgerschaft in der gut bezahlten Stelle. So bot sich ihm in diesem Auftrage die Gelegenheit, sein gegenwärtiges Können in der Kirchenmusik zu erweisen, wozu unter KaiserJosephs Negierung wenig Verlockung bestand, da er die Kunstmusik aus der Kirche verbannt hatte. Auch in dieser Hinsicht war Leopold Gegner seines Vorgängers. Auf das Zureden seiner Frau erklärte sich also Mozart bereit, den Auftrag gegen ein Honorar von fünfzig Dukaten zu übernehmen, ohne aber die Zeit der Vollendung genau bestimmen zu können. Wenige Tage darauf erschien der Bote wieder, erlegte den bedungenen Preis mit dem
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