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Morland 02 - Die Blume des Bösen

Titel: Morland 02 - Die Blume des Bösen
Autoren: Peter Schwindt
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hatte man lieblos arrangiert und jeder unterbot mithilfe marktschreierischer Plakate die Preise der Konkurrenz, so als fände gerade ein riesiger Ausverkauf statt. Kein Baum grünte, kein Quadrat im Plan der Stadt war für einen Park reserviert worden. Morvangar war eine Stadt, in der man arbeitete und schlief. Hakon fragte sich, wie es war, in dieser Ödnis zu leben.
    Hier in dieser Stadt, im Melbygrund Nummer 4, hatte seine leibliche Mutter gewohnt, schoss es Hakon durch den Kopf. In einem der finsteren Häuser hatte sie vermutlich eine kleine Kammer gehabt, bis sie von einem Zirkus auf der Durchreise erlöst worden war. Sobald sie sich von den Strapazen der Reise erholt hatten, würde er diese Adresse aufsuchen. Vielleicht würde er dann endlich mehr über seine Herkunft erfahren.
    Hakon musste an Vera und Boleslav Tarkovski denken, seine Zieheltern, die einen Zirkus leiteten, der stets am Rande der Pleite stand. Und an seine Stiefschwester Nadja. Wo waren sie? Nora hatte ihm die Fähigkeit gegeben, jeden Gist auf dieser Welt lokalisieren zu können. Doch das half ihm nicht, seine Familie aufzuspüren.
    »So«, sagte Lukasson, als sie den zentralen Platz der Stadt erreicht hatten. »Wir sind da. Und was jetzt?«
    »Jetzt werde ich uns ein Hotel suchen.«
    Lukasson schaute Hakon an, als hätte er den Verstand verloren. »Warum sollte jemand fünf heruntergekommenen Kerlen wie uns ein Zimmer geben wollen? Ohne Vorkasse werden wir keine Unterkunft bekommen.«
    Hakon zuckte müde mit den Achseln. Ein Sprung nach Lorick wäre ein viel zu großes Risiko. Das, was er vorhatte, widerstrebte ihm zutiefst. Da musste er nicht auch noch mit Lukasson darüber diskutieren.
    »Und an welches Hotel hattest du gedacht?«, fragte Lukasson mit einem ironischen Unterton in der Stimme. »Wie wäre es mit dem dort hinten? Dem Esplanade . Das sieht doch aus, als wäre es genau die richtige Bleibe für uns.« Er zeigte auf ein Hotel, das wohl das erste Haus am Platz war. Es hatte seine besten Zeiten schon längst hinter sich und wirkte bei Weitem nicht so beeindruckend wie das Hotel in Hakons Traum, aber man sah ihm den einstigen Glanz noch an.
    »Gut, dann werde ich es da versuchen«, sagte Hakon gleichgültig und marschierte los.
    »Moment!«, rief Lukasson ihm hinterher. »Das will ich miterleben.«
    Eliasson hielt ihn am Arm fest. »Wir anderen warten hier, in Ordnung?«, sagte er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
    Hakon betrachtete sich in einem der großen Fenster. Er war blass und hohlwangig und seine blonden Locken starrten vor Dreck. Selbst seine tiefblauen Augen hatten ihren Glanz verloren. Er wusste, dass sein Aufzug vollkommen unangemessen für das Esplanade war. Er sammelte sich einen Moment und konzentrierte sich. Er drang in das Bewusstsein aller Menschen in seiner Nähe ein und zwang ihnen telepathisch das Bild eines jungen, wohlhabenden Mannes auf, als den sie ihn nun wahrnehmen würden. Und tatsächlich. Ein livrierter Portier, bekleidet mit der abgewetztenUniform eines fantastischen Generals, zog seine Mütze, verbeugte sich tief vor Hakon und öffnete die Tür.
    Die Eingangshalle des Esplanade weckte Erinnerungen an ein verlorenes Paradies. Der Boden war mit weißem Marmor ausgelegt, die Stuckkapitelle der ebenfalls weißen Säulen glänzten golden. Die Blumenbuketts, die überall auf den Tischen standen, verströmten einen fast schon betäubenden Duft. Fast glaubte er, jeden Moment diesen Armand zu entdecken, doch der Mann, der auf ihn zukam, war wesentlich jünger und kleiner von Statur.
    »Was kann ich für Sie tun, mein Herr?« Er starrte Hakon
    in die Augen, blinzelte einmal und strahlte noch mehr. »Ich benötige ein Doppel- und drei Einzelzimmer.« »Sie benötigen ein Doppel- und drei Einzelzimmer?«,
    wiederholte der Mann.
    »Sie sollten zusammen auf einer Etage liegen.«
    »Sie haben Glück, wir haben noch vier Zimmer, die zusammen auf einer Etage liegen«, versicherte der Hotelangestellte.
    »Die Rechnung geht an das Innenministerium in Lorick, zu Händen von Herrn Minister Jasper Norwin.«
    »Ah, Sie sind ein Gast der Regierung! Wie lange werden Sie bleiben?«
    Hakon dachte nach. »Ich weiß es noch nicht«, sagte er. »Vielleicht reisen wir schon morgen wieder ab.«
    »Wie Sie wünschen.«
    »Dann möchte ich Sie noch bitten, einen Herrenausstatter kommen zu lassen. Wir benötigen eine Ausrüstung für eine Jagdpartie.«
    »Ich werde es veranlassen. Wenn Sie mir bitte folgen würden, damit wir
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