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Morland 02 - Die Blume des Bösen

Titel: Morland 02 - Die Blume des Bösen
Autoren: Peter Schwindt
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an, dann hob Elverum seine Waffe auf und sprang mit Persson auf den Rücksitz.
    Halldor gab Gas und der laufende Motor des Wagens heulte auf. Es knirschte, als er versuchte den ersten Gang einzulegen, ohne die Kupplung zu betätigen. Halldor fluchteund trat schließlich das Pedal durch. Dann legte er den Gang ein. Ein Schuss knallte, Glas zersplitterte. Lennart drehte sich um und sah, wie Perssons Kopf auf die rechte Schulter geschleudert wurde und dann nach vorne sackte. Ein zweiter Schuss ließ die Windschutzscheibe zersplittern.
    »Motor aus!«, brüllte ein Soldat. Im Nu war der Wagen umstellt. »Motor aus oder ich schieße!«
    Halldor bleckte wütend die Zähne, dann drückte er einen Knopf und legte die Hände auf das Lenkrad. Das Brummen erstarb.
    »Raus mit euch und auf den Boden! Wird’s bald!«
    Lennart tat, was man ihm befahl. Perssons Leiche kippte aus dem Wagen und blieb in einer absurden Verrenkung liegen. Elverum war bleich wie der Tod. Halldor fletschte noch immer die Zähne wie ein wildes Tier, das man in die Enge getrieben hatte. Wahrscheinlich hätte er den Soldaten die Kehle durchgebissen, wenn er die Gelegenheit dazu gehabt hätte. Aber all das nahm Lennart nicht mehr wahr. Sein Blick blieb auf den Lastwagen geheftet, in dem seine Kinder von Soldaten bewacht wurden, die nun die Plane von innen schlossen. Dann erwachten die Dampfmotoren zischend zum Leben und hüllten alles in eine undurchdringliche weiße Wolke. Als sich der Nebel verzogen hatte, waren die Laster fort.
    Lennarts Blick fiel auf Persson und der Wunsch, den Platz des toten Polizisten einzunehmen, wurde so gewaltig, dass ihn die abgrundtiefe Verzweiflung laut aufschreien ließ. Dann erhielt er einen Schlag auf den Kopf und endlich nahm ihn die Dunkelheit in ihre tröstenden Arme.
     
    ***
     
    Leon Begarell stand am Panoramafenster seines Arbeitszimmers und schaute hinunter auf die Stadt, seine Stadt. Wie immer hing ein leichter grauer Schleier in der Luft, der nicht sonderlich gesund war, aber für atemberaubende Sonnenaufgänge sorgte. In seinen erstaunlich großen, groben Händen hielt er eine Tasse aus feinem Porzellan.
    »Darf ich Ihnen nachschenken, Herr Präsident?« »Hm?«, machte Begarell und blickte auf.
    »Noch ein wenig Tee?«, fragte der Diener.
    »Nein danke«, sagte er und lächelte. Der Mann in Livree nahm dem Präsidenten die Tasse ab.
    »Wie spät ist es?«
    »Es ist kurz vor halb sechs, Herr Präsident.«
    »Sie sind schon seit gestern Mittag bei mir. Machen Sie Schluss für heute. Gehen Sie nach Hause zu Ihrer Familie.«
    Der Diener verbeugte sich und verließ den Raum.
    Leon Begarell strich mit der Hand über die Arbeitsplatte seines Schreibtisches. Er hatte es weit gebracht. Weiter, als er es sich jemals erträumen konnte. Er war als Juri Brasauskas in einem der ärmlichsten Viertel Loricks zur Welt gekommen. Und doch hatte er es geschafft, sich aus eigener Kraft hochzuarbeiten. Er hatte geheiratet, eine Familie gegründet und eine Tochter bekommen, die an diesem Tag zwanzig Jahre alt geworden wäre. Wenn Sie noch leben würde.
    Morstal hatte ihm alles genommen. Er hatte sich an allen gerächt, indem er das System zerschlagen und es durch seineigenes ersetzt hatte. Seit dem ersten Kontakt mit dem Eskaton in den Ruinen aus der alten Zeit wusste er, welchen Weg er einschlagen musste. Es war so klar, so eindeutig! Das Kollektiv, das er aufgebaut hatte, würde ihm dabei helfen. Sie dienten ihm jetzt schon, ohne dass sie es ahnten. Und es würde größer werden. Die Blumen waren über Morvangar niedergegangen und nicht wie erhofft nach Lorick geliefert worden. Begarell hatte sich das zwar anders vorgestellt, aber nun gut. Das würde seine Pläne nur verzögen, aber keinesfalls zunichtemachen.
    Er schaute auf eine gerahmte Kinderzeichnung, die er in seinen Händen hielt. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Agneta«, flüsterte er. Er stellte das Bild zurück an seinen Platz, um wieder aus dem Fenster zu schauen.
    Es würde nicht mehr lange dauern, und Begarell war uneingeschränkter Herrscher über Leben und Tod.
    Dann würde er seine Tochter endlich wiedersehen.
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