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Morland 02 - Die Blume des Bösen

Titel: Morland 02 - Die Blume des Bösen
Autoren: Peter Schwindt
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Quartier in einem Hotel und werde erst einmal baden«, sagte Lukasson.
    Sie bauten ihr Lager ab und verstauten die Ausrüstung in den Rucksäcken. Mit den Konserven hatten sie sich schon lange nicht mehr belastet. Noch an dem Tag, an dem sie Olav Lukasson getroffen hatten, hatten sie die Dosen weggeworfen. Lieber wollten sie auf die Jagd gehen oder frisches Obst essen, als sich noch einmal etwas einzuverleiben, was wie der tote Wald schmeckte.
    Das Floß ließen sie zurück. Lukasson hatte ihnen noch geholfen, es zu verbessern, aber nun hatte es seine Schuldigkeit getan. Hakon jedenfalls war froh, endlich wieder mit trockenen Füßen einen normalen Weg benutzen zu können.
    Lukasson, der den toten Wald nicht betreten hatte und noch bei Kräften war, legte wohl in Vorfreude auf ein richtiges Bett ein anspruchsvolles Marschtempo vor. Wenn Eliasson und Henriksson die Koroba noch immer im Griff hatte, so ließen sie es sich nicht anmerken. Die beiden wirkten schwach, waren aber längst nicht mehr so angeschlagen.
    York hatte sich von allen am besten erholt. So schnell diese heimtückische Krankheit bei ihm ausgebrochen war, so schnell war sie auch wieder verschwunden. Einzig Hakon, der durch den Kampf mit den Stimmen in seinem Kopf ohnehin geschwächt war, fühlte sich noch immer nicht gesund.Wenigstens war es ihm gelungen, die verschiedenen Persönlichkeiten, die er in sich aufgenommen hatte, voneinander zu trennen und sozusagen abzuschalten. Auch hatte er seine Gabe, die Erinnerungen und Gedanken anderer Menschen in sich aufzunehmen, besser im Griff. Er war in der Lage, eine Verbindung gar nicht erst zustande kommen zu lassen – egal ob er sie berührte oder ihnen einfach nur in die Augen schaute. Hakon war fest dazu entschlossen, seine telepathische Gabe unter Kontrolle zu halten, auch wenn das bedeutete, dass ihm die eine oder andere wichtige Information entging. Aber er wollte nicht so enden wie Swann, den die Macht über andere Menschen in ein Monster verwandelt hatte, das sich an seiner eigenen Allmacht berauscht hatte.
     
    Dass sie sich der Zivilisation näherten, merkten sie spätestens, als sie einem laut hupenden Automobil ausweichen mussten. Der Fahrer drohte wütend mit der Faust, als er an ihnen vorbeibrauste.
    »Willkommen in Morvangar«, brummte Lukasson nur.
    Morvangar war eine Stadt, die es von der Größe natürlich nicht mit Lorick aufnehmen konnte. Wie alle Siedlungen, die man in den letzten einhundertfünfzig Jahren errichtet hatte, waren die Straßen in einem quadratischen Schachbrettmuster angelegt worden. Buchstaben bezeichneten die vertikalen Verbindungen, Zahlen die horizontalen. Einige Fabriken, die auf die Weiterverarbeitung von Holz spezialisiert waren, hatten sich am Stadtrand angesiedelt, wo sie zusammen mit einer Reihe kleinerer Manufakturen so etwas wie eine Industriezone bildeten.
    Morvangar selbst war eine gesichtslose Stadt ohne Geschichte und ohne Zukunft. Die Schwerindustrie wie auch der Bergbau, der den Norden Morlands über Jahrhunderte geprägt hatte, waren wegen des sich ständig verschlimmernden Rohstoffmangels im Niedergang begriffen. Die niedrigen, schmucklosen Backsteinhäuser wiesen wie die gepflasterten, staubigen Straßen einen quadratischen Grundriss auf. Nach den Tagen, die sie in der Wildnis verbracht hatten, waren diese alles beherrschenden geraden Linien eine Qual für die Augen und den Verstand.
    »Glücklicherweise bleiben wir hier nicht allzu lange«, sagte York, als sie die Hauptstraße entlanggingen, die sie ins Zentrum der Stadt führte.
    »Welch ein trostloser Ort.« Hakon schloss seine Jacke bis zum Hals, denn ein kühler Wind fegte in Böen durch die Straßen, als wollte er einen heraufziehenden Sturm ankündigen.
    Auch die Menschen, die hier lebten und arbeiteten, schienen schroff und abweisend zu sein. Ihre Gesichter waren bleich und verschlossen.
    Hakon fiel auf, dass die Bewohner Morvangars ärmlich gekleidet waren. Die Mäntel waren von minderer Qualität und unmodischem Schnitt. Und auch sonst legte man wenig Wert auf ein gepflegtes Äußeres. Selbst die Gebisse jüngerer Männer und Frauen wiesen große Lücken auf, als könnten sie sich einen Besuch beim Zahnarzt nicht leisten. Der Dialekt, der hier gesprochen wurde, war so hart und kantig, dass selbst eine höfliche Frage beinahe wie ein Befehl klang.
    Die Geschäfte waren der Spiegel einer Gesellschaft, dieden Sinn für das Schöne nicht hatte entwickeln können. Die Auslagen der Schaufenster
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