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Morland 02 - Die Blume des Bösen

Titel: Morland 02 - Die Blume des Bösen
Autoren: Peter Schwindt
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konnte ihr helfen?
    Sie zog sich an und ging die Treppe hinunter. Es war halb fünf Uhr morgens. Draußen war es noch dunkel. Vorsichtig streckte sie die Hand nach der Klinke aus, nahm dann allen Mut zusammen und drückte sie herunter.
    Geblendet schloss sie die Augen. Grelles Sonnenlicht fiel durch die Fenster. Tess drehte sich um, um sich zu vergewissern, dass es eigentlich noch Nacht war. Wie konnte das sein?Wie konnten in diesem Haus zwei unterschiedliche Tageszeiten herrschen?
    Die Küche war ein Ort des Friedens, der noch immer von Noras Geist beseelt war. Vor dem Küchenfenster erstreckte sich der Garten, in dem die alte Frau ihr Gemüse anbaute und der von diesem riesigen Baum beschattet wurde. Tess öffnete die Glastür und trat hinaus.
    Eine warme Brise umschmeichelte ihr Gesicht. Die Luft roch nach Frühling. Die Farben waren frisch und satt. Wenn es einen Ort gab, der einem Paradies nahekam, dann dieser. Aber war er auch real oder hatte sie es mit etwas Ähnlichem wie dem Grand Hotel zu tun? Und was befand sich jenseits der Mauer?
    Tess nahm einen Blecheimer, der neben einem kleinen Gewächshaus stand, stellte ihn mit dem Boden nach oben an die Mauer und stieg hinauf.
    Vor ihr erstreckte sich eine sanfte, hügelige Landschaft mit einem lang gezogenen Auenwald. Der Himmel war von einem strahlenden Blau, wie sie es noch nie gesehen hatte. Tess drehte sich um. Obwohl das Haus eigentlich Teil der Märsögasse im dicht besiedelten Süderborg war, stand es hier alleine auf einem Hügel.
    Tess überlegte. Irgendetwas verband das alles mit Nora. Und wenn es so war, dann würde Tess auch nur hier Hilfe finden, um die alte Frau zu retten. Sie hatte Nora zwar versprechen müssen, niemals diese Welt jenseits der Mauer zu betreten, aber dies war ein absoluter Notfall. Es ging schließlich um Leben und Tod.
    Tess nahm allen Mut zusammen, kletterte auf die Mauerund sprang. Sie landete weich im hohen Gras und rollte sich zur Seite ab.
    Na also, das war ja gar nicht so schwierig. Den Weg würde sie in jedem Fall zurückfinden, schließlich gab es hier sonst kein anderes Haus. Sie wischte sich die Hände am Kleid ab und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Am Fuß des Hügels sah sie einen Feldweg. Und wo es einen Feldweg gab, da lebten auch Menschen. Wunderbar. Sie drehte sich noch einmal um – als ihr beinahe das Herz stehen blieb.
    Noras Haus war verschwunden. Der Hügel war leer. Nur der Baum, der den Garten beherrscht hatte, streckte seine mächtige Krone in den Himmel. Voller Panik lief Tess die Kuppe hinauf. Nichts! Alles war fort! Wo immer Tess auch sein mochte, es war nicht Lorick oder Morland. Oder die Welt, die sie kannte.
    Sie war im Nirgendwo gestrandet, verloren in einer fremden Welt ohne Aussicht, jemals wieder zurückkehren zu können.
     
    ***
     
    Lennart und Halldor hatten die Nacht in einem Versteck der Wargebrüder verbracht, einem perfekt ausgestatteten Haus in Schieringsholm, in dem es neben Vorräten an Nahrungsmitteln, Waffen und Munition auch einen kleinen Operationssaal gab, in dem man Schusswunden behandeln konnte. An den Fenstern und der Tür waren Metallblenden angebracht, die im Notfall herabgelassen werden konnten und so das Haus in eine uneinnehmbare Festung verwandelten, dieman durch einen Fluchttunnel verlassen konnte, wenn die Lage zu brenzlig wurde.
    Sie hatten sich entschieden, das Haus bis zum Abend nicht zu verlassen. Den Wagen hatten sie in einem Schuppen abgestellt. Lennart fand keine Ruhe. Unentwegt lief er auf und ab, bis ihn schließlich Halldor zwang, endlich in einem Sessel Platz zu nehmen und sich zu entspannen. Doch Lennart musste etwas tun. Also ging er in eines der Zimmer und richtete es für seine Töchter her. Am Nachmittag nahmen sie eine leichte Mahlzeit ein, obwohl Lennart keinen Hunger verspürte. Die ganze Zeit über sprach er kein Wort mit Halldor.
    Um sieben war es so weit. Sie schlossen das Haus ab und fuhren den Coswig aus dem Schuppen. Von Schieringsholm aus in den Osten der Stadt war es eigentlich ein kurzer Weg, wenn man den Brandenberg-Prospekt nahm, der die Stadt in West-Ost-Richtung durchschnitt. Doch diese Möglichkeit war ihnen versperrt, da hier das Militär in jedem Fall den Verkehr kontrollierte.
    Also nahmen sie eine Reihe von Umwegen in Kauf, bis sie tatsächlich um Viertel vor acht das kommunale Waisenhaus Nummer 9 erreichten. Sie stellten den Wagen um die Ecke ab und beobachteten das gut bewachte Tor.
    Lennart spürte sofort, dass etwas
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