Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Legende von Eli Monpress 02 - Herr des Windes

Legende von Eli Monpress 02 - Herr des Windes

Titel: Legende von Eli Monpress 02 - Herr des Windes
Autoren: Rachel Aaron
Vom Netzwerk:
Prolog

    H och in den bewaldeten Hügeln, an einem Ort, an den sich kaum jemand verirrte, stand ein steinerner Turm. Es war ein praktischer Turm, ein solider, gedrungener Steinbau mit nur zwei Stockwerken, weder schön noch besonders hoch. Die riesigen Quader, aus denen er erbaut war, hatte man aus dem Stein der Umgebung geschlagen, der eine unschöne schlammige Farbe aufwies. Daher war es von Vorteil, dass schwarzgrüner Efeu den Turm fast vollständig überwuchert hatte. Er wand sich darum herum wie ein Faden um eine Spindel, verknotete sich, bis die hölzernen Fensterläden sich nicht mehr öffnen ließen, und löste den Mörtel, der die Steine zusammenhielt, sodass dem gesamten Gebäude eine Aura von Verfall und Vernachlässigung anhaftete. Besonders, wenn es dunkel war und regnete, wie gerade jetzt.
    Im Turm schrie ein Mann. Seine Stimme klang tief, voller Autorität, aber die Stimme, die ihm antwortete, schien das nicht zu interessieren. Sie schrie zurück, hoch und kindlich. Doch etwas darin war nicht zu ignorieren, und die Efeuranken, die den Turm im Würgegriff hielten, krochen näher, um zu lauschen.
    Ohne jede Vorwarnung wurde die Tür des Turms aufgerissen, eine dicke Holzplatte, die von ihren Jahren im Wald fast schwarz gefärbt war. Gelber Feuerschein ergoss sich über die Lichtung, und ein Junge sprang in die nasse Nacht hinaus. Er war dünn und bleich und schien nur aus Armen und Beinen zu bestehen, aber er rannte so schnell wie der Wind, während sein dunkles Haar hinter ihm herwehte. Er hatte es bereits halb über die Lichtung geschafft, als ein Mann hinter ihm aus dem Turm eilte. Er war ebenfalls dunkelhaarig, und seine Augen leuchteten vor Wut, genauso wie die Ringe, die an seinen Fingern steckten.
    »Eliton!«, schrie er und streckte eine Hand nach vorne. Der Ring an seinem Mittelfinger, ein dunkler Smaragd in einer feinen Fassung aus goldenen Ästen und Blättern, blitzte tiefgrün auf. Auf der anderen Seite der Lichtung stieg unter den Füßen des Jungen ein großer Wurzelteppich in die Luft.
    Der Junge stolperte. Er fiel und kämpfte gegen die Wurzeln, die ihn packten.
    »Nein!«, schrie er. »Lasst mich in Ruhe!«
    Macht schwang in den Worten mit, weil der Geist des Jungen gleichsam explodierte. Es war nicht im Mindesten wie die ruhige, kontrollierte Öffnung, welche die Spiritisten so hoch schätzten. Es war eher ein rohes Reißen, eine instinktive Angstreaktion. Die Macht traf wie ein Hammer auf die Lichtung, den Turm, die Bäume, den Efeu und alles andere. Der Regen gefror in der Luft, der Wind verstummte, und alles außer dem Jungen stand vollkommen still. Langsam fielen die Wurzeln, die sich in die Luft erhoben hatten, wieder nach unten und landeten schlaff auf dem aufgerissenen Boden, während sich der Junge auf die Beine kämpfte. Er warf einen angstvollen, hasserfüllten Blick über seine Schulter zurück, aber der Mann stand so bewegungslos wie alles andere. Seine Ringe waren dunkel, und sein Gesicht zeigte den Ausdruck von jemandem, der einem üblen Scherz zum Opfer gefallen war.
    »Eliton«, sagte er wieder, doch diesmal brach seine Stimme.
    »Nein!«, schrie der Junge, während er langsam zurückwich. »Ich hasse dich und deine endlosen Regeln! Du bist niemals glücklich, oder? Lass mich einfach nur in Ruhe!«
    Macht erfüllte diese Worte, dann drehte der Junge sich um und rannte davon. Der Mann wollte ihm folgen, aber der Efeu löste sich vom Turm und schlang sich um seinen Körper, bis er sich nicht mehr bewegen konnte. Der Mann schrie wutentbrannt auf und wehrte sich gegen die Pflanze, doch die Äste wurden dicker und dicker. Er konnte sich nicht befreien. Er konnte nur zusehen, wie der Junge durch die Regentropfen lief, die immer noch schwerelos in der Luft hingen und darauf warteten, dass das Kind ihnen sagte, sie dürften wieder fallen.
    »Eliton!«, rief der Mann, fast flehend. »Glaubst du, du kannst allein lernen, mit solcher Macht umzugehen? Ohne Disziplin?« Wieder warf er sich gegen den Efeu und streckte eine Hand in Richtung des Jungen. »Wenn du jetzt nicht zurückkommst, wirfst du alles weg, wofür wir gearbeitet haben!«
    Der Junge sah sich nicht einmal um, und das Gesicht des Mannes lief rot an.
    »Na los, lauf doch weg!«, brüllte er. »Schau doch, wie weit du ohne mich kommst! Ohne Ausbildung wirst du überhaupt nichts werden! Allein bist du wertlos! WERTLOS! HAST DU GEHÖRT?«
    »Halt die Klappe!« Die Stimme des Jungen erklang nun schon aus einiger
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher