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Morgen wirst du sterben

Morgen wirst du sterben

Titel: Morgen wirst du sterben
Autoren: Gina Mayer
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schaltete das Licht an, stand wieder auf und nahm sein Handy vom Nachttisch. Beckers Privatnummer war eingespeichert.
    Jetzt schien er allerdings schon geschlafen zu haben, es dauerte jedenfalls ein paar Minuten, bis er begriff, was Philipp ihm sagen wollte. »Moment.« Philipp hörte, wie er einen Computer einschaltete, dann seinen Atem.
    »In Oberbayern gibt es einen Berg, der Geißschädel heißt. Etwa hundert Kilometer von München entfernt. Und ganz in der Nähe liegt der Grubsee.«
    »Das ist es!«, flüsterte Philipp. »Genau dort hält er meinen Vater versteckt.«
    »Wir überprüfen das sofort«, sagte Becker.
    Um vier Uhr morgens rief er Philipp zurück.
    Sie hatten Jochen im Keller eines Ferienhauses gefunden.
    »Er ist ziemlich ausgetrocknet und entkräftet, er hat in den letzten Tagen so gut wie nichts getrunken. Die Kollegen haben ihn ins Krankenhaus gebracht. Aber es geht ihm den Umständen entsprechend gut.«
    »Was war das für ein Haus, in dem sie ihn entdeckt haben?«
    »Rose hat es vor einigen Jahren unter einer weiteren falschen Identität erworben«, erklärte Becker. »Wir vermuten, dass es dasselbe Gebäude ist, in dem er früher mit seiner Mutter und Ihrem Vater Urlaub gemacht hat. Auf jeden Fall hat er die Entführung von langer Hand geplant und vorbereitet.«
    »Wann kann ich ihn sehen?«
    »Das müssen Sie seine Ärzte fragen. Aber bestimmt bald.«
    Bestimmt bald. Philipps Mund war auf einmal trocken vor Aufregung.
    »Sagen Sie Ihren Geschwistern Bescheid, dass Ihr Vater gefunden wurde?«, fragte Becker. »Ich informiere die Ehefrau.«
    »Natürlich«, sagte Philipp. »Vielen Dank«, fügte er noch hinzu, aber da hatte Becker schon aufgelegt.

U nd am Ende triumphiert der Gottlose und seine Kinder jubilieren. Und der Gerechte wird verurteilt und wandert in den Knast.
    Ich hab es vermasselt.
    Ich hab einfach nicht mit Sophia gerechnet. Dass ich sie liebe. Nicht wie man eine Schwester liebt, sondern viel mehr.
    Wie kannst du mir das antun?
    Wie konnte ich ihr das antun?
    Und mir selbst.
    Ich schlage die Bibel auf und lese den ersten Satz, auf den mein Blick fällt:
    Denn alles Fleisch ist wie Gras und alle Herrlichkeit der Menschen wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt und die Blume abgefallen.
    Ich habe alles kaputt gemacht.

Epilog
    Als es an der Tür klingelte, zog Sophia gerade den Apfelstrudel aus dem Ofen.
    »Das wird Philipp sein«, sagte Moritz.
    »Ich geh schon!« Die Schritte ihres Vaters auf dem Flur – schlurfend, schwerer als früher. Es war immer noch ungewohnt, dass er wieder da war.
    »Guten Tag, Philipp.« Seine Stimme klang verunsichert.
    Sophia ließ die Topflappen fallen. »Ich geh mal zu ihm.«
    Als Sophia in den Flur trat, schüttelten sich die beiden Männer gerade die Hand.
    »Herzlich willkommen. Ich freu mich, dich endlich kennenzulernen«, sagte Herr Rothe.
    »Ich freu mich auch.«
    »Hi, Philipp.« Sophia schob sich an ihrem Vater vorbei und umarmte ihren Halbbruder. »Schön, dich zu sehen.«
    »Hi!« Nun kam auch Moritz aus der Küche.
    »Herzlichen Glückwunsch.« Philipp klopfte ihm auf die Schulter. »Sophia hat mir erzählt, dass du die Zusage für Medizin bekommen hast.«
    Dann klingelte es wieder. Diesmal war es Julie und die Begrüßungszeremonie begann von Neuem.
    »Wie geht es dir?«, erkundigte sich Philipp bei seinem Vater, als sie alle im Wohnzimmer saßen.
    »Gut«, behauptete Herr Rothe. »Bestens.«
    Aber das stimmte nicht, das wussten sie alle. Er litt unter Angstzuständen und Albträumen. Sein Selbstvertrauen, sein Optimismus, seine Sicherheit, all das hatte er in dem finsteren Verschlag verloren, in dem Jens ihn zwei Wochen lang gefangen gehalten hatte. Die Ehe kriselte, Frau Rothe weinte viel. Nichts war wie früher.
    »Und wie geht’s dir? Hast du dich wieder mit Vivian versöhnt?«, fragte Sophia.
    Philipp hob überrascht die Augenbrauen. »Nein, das ist vorbei. Ist auch besser so. Wir haben uns aber noch mal getroffen und ausgesprochen.«
    »Das ist gut«, sagte Herr Rothe.
    Julie räusperte sich. »Aber bei mir gibt’s was Neues. Ich fang jetzt doch nicht mit der Schauspielschule an.«
    »Echt?«, fragte Moritz. »Warum das denn?«
    »Ich geh wahrscheinlich für ein Jahr nach Afrika. Ich hab mich für eine Praktikumsstelle bei einer Entwicklungshilfeorganisation beworben.«
    »Was, du?« Sophia musste sich zusammenreißen, um nicht zu lachen.
    »Komm, das ist doch nicht dein Ernst!«, sagte Philipp.
    »Das hättet ihr mir nicht
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