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Morgen ist der Tag nach gestern

Morgen ist der Tag nach gestern

Titel: Morgen ist der Tag nach gestern
Autoren: Mechtild Borrmann
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brauchen zumindest seine Fingerabdrücke.“
    Böhm lehnt sich zurück und sieht wieder zu den aufgereihten Fotos. „Vielleicht hast du Recht, Achim! Vielleicht hat Zech nicht nur Haus und Garten in Ordnung gehalten. Vielleicht hat er sich im Auftrag seines Arbeitgebers auch um die Kinder gekümmert.“
    Er schüttelt den Kopf. „Aber, warum sollte Horstmann das tun? Warum sollte er sein Haus zur Verfügung stellen? Die Daten zur Verfügung stellen? Wenn er die Kinder gar nicht zu Gesicht bekommen hat?“
    Joop unterbricht ihn. „Oh, stopp mal. Ich denke wohl auch in diese Richtung. Aber eigentlich … das wissen wir nicht. Das ist nur unser Gefühl, Peter. Das Gefühl, dass die Kinder nach den Fotos nicht mehr lang gelebt haben. Das denke ich, weil sie schon auf den Bilder halb tot aussehen. Aber wir wissen es nicht, oder? Vielleicht haben sie in diesem Verlies noch wochenlang gelebt. Für Horstmann!“
    „Du hast Recht. Wir wissen nicht, wie lange sie noch gelebt haben. Wir wissen nicht mal, ob sie überhaupt tot sind. Aber es hat in diesem Keller keinen einzigen Hinweis auf Horstmann gegeben.“ Er hält inne.
    Gespräche und Lachen wehen vom Marktplatz durch das weit geöffnete Fenster zu ihnen hinauf. In der Außengastronomie des Ratskellers sitzen späte Gäste. Die Luft ist auch jetzt, nach Mitternacht, schwülwarm. Die Menschen genießen die Nacht nach dem Gewitter. Sie wollen nicht in ihre Wohnungen, in denen sich die Hitze der letzten Wochen in den Wänden gespeichert hat und auf sie wartet.
    Van Oss, Steeg und Böhm sitzen immer noch schweigend da. Jeder scheint seinen Gedanken nachzuhängen, versucht in dem Wust an Informationen einen logischen Zusammenhang zu erkennen.
    Böhm starrt auf die Wand mit den Fotos. Wo war der Denkfehler? Horstmann, Grefft und Zech? War das denkbar? Miriam Wessel? Sonsbeck war nicht weit. Zwei Bilder? Zwei Puzzlespiele? Alle mit der gleichen Rückseite? Dann musste er die Steine zunächst sortieren. Er musste sie dem jeweiligen Bild zuordnen. Sie mussten die Teile ausprobieren. Jetzt! Wieder spürt er diese Unruhe. Dieses Gefühl, dass die Zeit sich eilig durch die warme Nacht schiebt und ihn überholt.
    Er steht auf und greift zum Telefon. Ein kurzes Telefongespräch mit der diensthabenden Staatsanwältin folgt. Böhm zählt die Fakten auf. Er macht deutlich, dass Zech nicht des Mordes an Horstmann und Grefft verdächtigt wird. Ständiger Zugang zum Haus, widersprüchliche Aussagen über Horstmanns Anwesenheit. Die nicht identifizierten Fingerabdrücke in den Zimmern und nicht zuletzt, dass es völlig unglaubwürdig erscheint, dass er sich täglich auf dem Grundstück aufgehalten und, in all den Jahren, dennoch nichts von den Vorgängen mitbekommen hat.
    Böhm legt auf und nickt Joop und Steeg zu. „Holt euch den vorläufigen Haftbefehl ab und bringt Zech her!“
    Steeg schlägt die linke Faust in seine rechte Handfläche. „Ja!“
    Joop atmet tief durch und nickt.
    Als die beiden eilig das Haus verlassen, klingelt das Telefon. Der junge Kollege aus Wesel meldet sich. „Ich brauch mal eure Faxnummer!“

    50
    Um ein Uhr dreißig steigen Steeg und van Oss die vier Betonstufen hinauf. Das Haus liegt im Dunkeln. Nur durch die Ritzen des Küchenfensterladens fällt dünnes, gelbes Licht. Steeg drückt den Klingelknopf. Sie hören das Scharren von Stuhlbeinen, das Öffnen der Küchentür und schwere, ungleichmäßige Schritte.
    „Die Mutter“, flüstert Steeg.
    Eine Lampe an der Außenwand flammt auf und die Haustür öffnet sich einen Spalt. Frau Zech schielt hinaus.
    „Was wollen Sie noch?“ Ihre Stimme hat diese aggressive Müdigkeit, diese Unentschlossenheit, mit der Menschen sprechen, die nicht mehr wissen, was sie glauben können und was nicht.
    Stundenlang hat sie in der Küche gesessen und nachgedacht. Über ihr Geschäft, das sie verlieren wird. Über dieses Haus, das sie von ihren Eltern geerbt hat. Für das sie sich abgerackert hat und das nun futsch ist. Und über ihren Sohn hat sie nachgedacht. Über seine Art, ihr immer den Rücken zuzudrehen und sie nicht anzusehen. Ihr nicht zuzuhören, wenn sie normal mit ihm redet. Nur zu reagieren, wenn sie schreit. Die Zeugnisse. Die gefälschten Zeugnisse! Das hat sie ihm nicht zugetraut. Das hat sie nicht verdient. Sie hat doch alles für ihn getan, hat sein Bestes gewollt. Sie hat mit der Krücke nach ihm geschlagen. Das hat sie noch nie getan! Und er hat nicht mal reagiert.
    Und dann hat dieser Polizist das
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