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Morgen ist der Tag nach gestern

Morgen ist der Tag nach gestern

Titel: Morgen ist der Tag nach gestern
Autoren: Mechtild Borrmann
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Fugen. Rundherum. Ein Nichtzimmer. Platten mit kleinen Dellen. Dellen, wie man sie auf Golfbällen sehen kann. Sechzig Zentimeter hoch. Das kann er sehen. Er hat ein gutes Augenmaß. Vier Platten übereinander. Zwei Meter vierzig. Nein, nicht genau. Die Fugen noch. Zweifünfzig? Nur eine undurchsichtige Scheibe an der Stirnwand.
    Ein uniformierter Polizist steht an der Tür. Der beobachtet ihn. Der steht hinter seinem Stuhl, in seinem Rücken. Aber er kann das spüren. Er spürt die Augen auf seinen Schultern.
    Mutter braucht nicht mehr mit dem Anwalt zu kommen. Er hat mit diesem Kommissar Böhm gesprochen. Der hat ihm geglaubt. Der und auch der Holländer. Der Holländer erst ganz zum Schluss. Nur der Steeg nicht, der glaubt ihm nicht. Der ist dumm. Dumm und stur. Jetzt sind sie weggegangen. Alle drei. Wenn sie wiederkommen, wird er nach Hause gehen. Wenn sie wiederkommen haben sie gesehen, dass er die Wahrheit gesagt hat!
    Er streckt die Beine von sich und legt den Kopf in den Nacken.
    Die haben die ganze Zeit ein Band mitlaufen lassen.
    Zuerst hat er nichts gesagt, aber das hat er nicht gut ausgehalten. Dieser Steeg hat schlechte Manieren. Der hat ihn angeschrien. Der hat sich auf den Tisch gestützt und ist mit seinem Gesicht immer ganz nah gekommen. So nah, dass er den Mundgeruch riechen konnte. Ekelhaft. Der Geruch ist ihm in die Haut gezogen, und das konnte er nicht ertragen.
    Keine Bilder. Warum die keine Bilder aufgehängt haben? Neonröhren unter Drahtgittern an der Decke. Rechts und links über die ganze Länge des Raumes. Einen Meter lang. Fünf Stück aneinander. Fünf Meter.
    Dann hat er es gesagt. Er hat gesagt: Ich antworte nur, wenn dieser Mann damit aufhört.
    Der Böhm hat das versprochen. Und der hat sein Versprechen gehalten. Der Steeg hat ihn noch ein paar Mal angeschrien, aber er ist ihm nicht mehr zu nahe gekommen. Der Böhm hat ganz leise gesprochen. Der war freundlich. Der Holländer auch. Erst wollten die nur seinen Namen wissen. Adresse und was er so macht.
    Er dreht die Augen hoch. Jetzt kann er den Polizisten sehen. Der steht vor der Tür. Der sieht ihn an. Hat er doch gewusst. Hat er doch die ganze Zeit gemerkt. Er nimmt den Kopf wieder vor. Massiert sich den Nacken.
    Er hat erzählt wie Horstmann ihm die Karte für den Videoladen hingelegt hat, damit er die benutzt. Und die Akten, wie der die überall im Haus verteilt hat, damit er die liest. Und wie er ihm immer neue hingelegt hat. Immer wenn er mit seinem Besuch da gewesen war, haben neue Mappen im Regal gelegen. Dass der Martin aus der Videothek auch ein Freund von Horstmann war. Dass der ihn zu Jochen geschickt hat. Er hat gesagt, dass er nur nach Emmerich gefahren ist, weil der Martin das so wollte. Er wollte diese Bilder nicht. Und da hatte er es entdeckt. Er hatte es die ganze Zeit geahnt, aber da, als er alles noch mal ordentlich durchdacht hat, da ist es ihm aufgefallen. Der Horstmann hat Mutter gesagt, sie solle ihm Geld für die Kurse geben. Das hatte er zuerst ganz übersehen. Darum war die auch immer noch nicht mit dem Anwalt da. Weil die auch zu Horstmann gehört.
    Da hat dieser Steeg ihn angebrüllt. An der Wand hat der gestanden. Er hat einen Schritt vor gemacht, aber der Holländer hat den festgehalten. Der Holländer und der Böhm haben auf ihn aufgepasst. Aber gebrüllt hat dieser Steeg trotzdem: Du mieser kleiner Wichser machst hier auf gaga. Aber damit kommst du nicht durch! So nicht!
    Da sind die raus gegangen. Alle drei. Und dann sind die wiedergekommen.
    Er nickt dem Tisch zu.
    Der Böhm wird dem Steeg wohl mal ordentlich die Meinung gesagt haben. Von wegen Wichser und so. Dass er ihn so nicht nennen darf, wird er dem gesagt haben. Und das hat gewirkt. Der Steeg hat das jedenfalls nicht wieder gesagt!
    Der Jochen wollte die Mädchen für die Fotos. Horstmann hat die Akten hingelegt, damit er die Mädchen raussucht. Die neuen Adressen haben da gestanden. Neuer Wohnsitz vertraulich. Hat da gestanden. Der Jochen hat gesagt: Das ist eine gute Idee, Horstmann!
    Der Holländer hat große Augen gemacht und gefragt, ob der Jochen ihn Horstmann genannt hat?
    Er schüttelt den Kopf. Das hat er dann noch mal erklären müssen.
    Was wohl hinter den Kunststoffplatten ist? Vielleicht ist das genau wie mit der Scheibe. Da können Leute hinter sitzen und zusehen. Vielleicht sitzen auch welche hinter den Platten?
    Wegen der Karte! Die Karte für den Videoladen. Da hat Horstmann drauf gestanden. Darum hat schon der Martin ihn
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