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Ein Geschenk zum Verlieben

Ein Geschenk zum Verlieben

Titel: Ein Geschenk zum Verlieben
Autoren: Karen Swan
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Prolog
    Juli 1981
    Meine über alles geliebten Schätzchen!
    Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll – Abschiednehmen fällt schwer. Und dieses hier ganz besonders. Wo wir uns doch erst seit so kurzer Zeit haben. Ich kann mich noch genau an den ersten Moment erinnern: an eure winzig kleinen, roten, schrumpeligen Gesichter – zwei identische kleine, schrumpelige Gesichter. Ihr habt ausgesehen wie zwei alte Seelen, die gekommen sind, um mich auf der Abenteuerreise durchs Leben zu begleiten. Und zum Glück, denn ich war so jung, als ich euch bekommen habe. Immerhin hatten wir sechs Jahre – sechs herrliche Jahre, die wir uns einfach genommen haben. Und sie waren ein einziges Fest, nicht wahr, meine Schätzchen?
    Für mich war es vom ersten Augenblick an klar: Ihr seid der Grund, warum ich morgens die Augen aufmache, warum mein Herz schlägt, meine Haut atmet, meiner Fantasie Flügel wachsen. Ihr seid mein Herz, meine Seele, meine Liebe, mein Leben. Ich habe jeden Moment mit euch genossen – angefangen beim Leuchten auf euren Gesichtern am Weihnachtsabend, aber auch bei all den kleinen Wundern: wie die Sommersprossen auf euren Nasen mit der ersten Sonne aufblühen wie Gänseblümchen, und wie aus einem Keuchen ein Lachen wird, wenn ich euch den Bauch kitzle. Verlernt nie dieses Lachen, auch nicht, wenn ihr groß seid. Es zaubert ein Lächeln auf jedes Gesicht.
    Was ich sonst noch vermissen werde? Den Duft eurer Köpfchen – ach, wie gerne hätte ich ihn in Flaschen konserviert und als Parfüm getragen! »Heaven Scent«, so hab ich euch immer genannt. Das ist englisch und ein Wortspiel mit »sent« und »scent« und bedeutet sowohl »Himmlischer Duft« als auch »Gottesgeschenk«. Und das seid ihr! Wie ich es vermissen werde, nie mehr eure geliebten Händchen halten zu können oder zu dritt in meinem Bett zu schlafen, wir alle zusammen, kreuz und quer aneinandergeschmiegt wie eine Bärenfamilie im Winterschlaf. Und keiner, der mit uns schimpft, wenn wir mal verschlafen. Bitte achtet immer darauf, dass ihr genug Schlaf bekommt. Das ist wichtig. Und putzt euch zweimal am Tag die Zähne, morgens und abends. Und esst Obst.
    Dann gibt es natürlich noch viele Dinge, die nicht so wichtig sind – auch wenn die Erwachsenen gerne das Gegenteil behaupten –, Dinge wie nicht mit Straßenschuhen auf den Teppich treten oder Brokkoli essen. Es macht auch nichts, wenn ihr euch nie an Zucchini gewöhnt. Ich selbst habe erst vor einem Jahr zum ersten Mal Quiche gegessen, und es hat mir nicht geschadet – zumindest glaube ich nicht, dass ich deswegen jetzt diesen Brief hier schreibe. O weh, schlechter Scherz, vergesst es.
    Versucht immer offen zu sein für neue Erfahrungen. Das ist es, glaube ich, was ich euch mit auf den Weg geben will. Das Leben ist groß und laut und bunt und aufregend, manchmal aber auch beängstigend. Und dann müsst ihr tapfer und mutig sein, meine Schneckchen. Selbst wenn man euch im Stich lässt oder euch das Herz bricht – und so was passiert, so ist das Leben –, müsst ihr tapfer sein und dürft nie aufgeben. Denn auch ein solcher Zustand geht vorüber, und dann kommen wieder bessere Zeiten. Ihr seid stark – dafür habe ich gesorgt.
    Es war mein großer Traum, eine Weltreise mit euch zu unternehmen, sobald ihr ein bisschen älter seid (zehn, vielleicht?). Ich wollte euch aus der Schule nehmen (ich weiß, coole Mum!) und selbst unterrichten. Wir wären durch ganz Asien und Südamerika gereist. Aber ich glaube nicht, dass Tante Lisa das mit euch wird machen können, weil Onkel Martin ja arbeiten muss. Also müsst ihr selbst auf Reisen gehen, sobald ihr groß genug seid, und selbst die Welt kennen lernen.
    Habt ihr übrigens gewusst, dass graue Augen ganz selten sind? Ihr habt sie von eurem Daddy geerbt. Als Königin Elizabeth I. England regiert hat, galten graue Augen als ein Schönheitsideal. Daher hast du deinen Namen, Lilibet. Weil du die Ältere bist, hast du ihn bekommen. Und du, meine Laura, hättest eigentlich Flora heißen sollen, denn in deinen Augen habe ich die ganze Farbenpracht der Natur gesehen. Aber das wäre ein Buchstabe zu weit weg von deiner Schwester gewesen. Und ich wollte, dass ihr euch so nahe seid wie euer eigener Schatten. Daher also Lilibet und Laura, meine elisabethanischen Schönheiten.
    Ich
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