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Morenga

Morenga

Titel: Morenga
Autoren: Uwe Timm
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Reede von Lüderitz ankernden Dampfer »Adolf Woermann«. Linker Hand lag, durch einen schmalen aufgeschütteten Damm mit dem Festland verbunden, eine kleine Felsinsel. Deutlich konnte man die Gestalten erkennen, die auf dem nackten Fels hockten. Kein Baum, kein Gras, keine Hütten, nur der zerborstene Fels.
    Kurz vor der Insel war der Damm durch einen Stacheldrahtzaun versperrt. Die können ja fast alles, sagte ein Bezirksamtssekretär, der auf Heimaturlaub ging, nur nicht schwimmen.

    In Gottschalks Notizbüchern findet sich nach all den meteorologischen Daten und den Beschreibungen der Wolkenformationen noch eine Eintragung ohne Datum, die er irgendwann auf seinem Weg von Ukamas nach Lüderitz oder aber an Bord des Dampfers gemacht haben muß:

    Regen sind unsere Träume.
    In der Wüste steht, auf nacktem Fels, ein kleiner Busch wie eine Kerze. Wunderbusch nennen ihn die Hottentotten. Grau sind seine Zweige. Die Knospen rollen sich in der Trockenheit braun ein. So steht er Jahre oder Jahrzehnte. Bis Regen fällt, und über Nacht erblüht er in ungeahnter Pracht, blüht, bis das Wasser verdunstet ist. Dann rollen sich die Knospen ein und warten auf den nächsten Regen.

    Gegen Mittag lichtete der Dampfer die Anker.
    Das letzte, was Gottschalk von dem Land sah, waren die granitgrauen Klippen der Insel und dahinter die gelben Wellen der Dünen, die in den blauen Himmel schlugen, eingetaucht in ein schmerzhaft klares Licht.

Das Ende

    An Bord des Reichspostdampfers »Admiral«/2. Oktober 1907/Bericht des Hauptmanns im Generalstab der Schutztruppe für Südwestafrika von Hagen (Aus dem Aktenbestand des Gouvernements von Deutsch-Südwestafrika, 2368, Bd. 2, S. 251)

    Am 24. August 1907 erhielt ich in Windhuk den Befehl vom Herrn Oberstleutnant von Estorff, nach Kapstadt zu fahren, um dem Kriegsministerium und dem Chef der Cape Mounted Police (C. M. P.) die Wünsche und Pläne der deutschen Truppen für ein gemeinsames Operieren gegen Morenga mitzuteilen. Dann sollte ich nach Upingtown reisen zu dem Befehlshaber der englischen Grenztruppen Major Elliot, um Verbindung zwischen den deutschen und englischen Truppen herzustellen. Am 26. August fuhr ich von Windhuk ab und traf am 1. September in Kapstadt ein.
    Am 2. September ging der Generalkonsul, Freiherr von Humboldt, mit mir zum Kapgouverneur, Sir Walther Helly-Hutchison, zum Premierminister Dr. Jamson, zum Kolonialsekretär Sir Pieter Faure und zum Chef der C. M. P. Colonel Robinson. Von allen wurde ich sehr entgegenkommend aufgenommen. Die Kapregierung schien sich bewußt zu sein, daß sie mit der Freilassung Morengas nach Upingtown einen groben Fehler begangen habe und schien diesmal wirklich das ernste Bestreben zu haben, bei der Beilegung des Morenga-Zwischenfalls nach Kräften mitzuwirken. Hierbei sollen allerdings folgende beide Momente mitgeholfen haben:
    1. Die Kapregierung soll aus London eine sehr geharnischte Note erhalten haben mit der dringenden Aufforderung, die Morenga-Affäre schnellstens zu erledigen.
    2. Man war in Südafrika der eigenen Eingeborenen nicht mehr ganz sicher. Morenga war in ganz Südafrika der Mann, auf den die Schwarzen ihre Hoffnung setzten, er hieß »der Napoleon der Schwarzen«. Wäre ihm Erfolg beschieden gewesen, so war eine allgemeine Erhebung der Schwarzen sehr wohl möglich. Nicht nur in Upingtown und Umgebung, sondern bis ins Basutoland und Swasiland hinein soll es gegärt haben.
    Die Art, wie die Kapregierung den Fall erledigen wollte, entsprach bisheriger englischer Handlungsweise: nicht durch Krieg, sondern auf friedlichem Wege. Man hatte die Haupttruppen verstärkt, mehr um Morenga einzuschüchtern und dadurch zur Gestellung zu bewegen, als um zu kämpfen. Es hieß sogar in Kapstadt, die C. M. P. habe Instruktion, nicht zu schießen.
    Am 5. September fuhr ich von Kapstadt ab und traf am 10. September abends in Upingtown ein. Hier erfuhr ich, daß Major Elliot mit seinen Truppen (etwa 120 Mann) seit einigen Tagen in Longklip – halbwegs Upingtown-Ukamas – stünde, ferner, daß Morenga nach dem Abfall der bei ihm befindlichen 150 Bondels ebenfalls die deutsche Regierung um Frieden gebeten habe.
    Ich begab mich am 12. September nach Longklip und erreichte dies am 13. abends.
    Ich wurde von Major Elliot und seinen Offizieren sehr liebenswürdig, aber doch etwas mißtrauisch empfangen; sie sprachen es offen aus, ich sei wohl zum Aufpassen und Anleiten zu ihnen geschickt. Später verschwand die Stimmung ganz, und ich stand
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