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Morenga

Morenga

Titel: Morenga
Autoren: Uwe Timm
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der Nacht folgten sie, ohne daß Verzögerungen eintraten, ständig der Spur. Sie unterstanden einem besonderen Offizier.
    2. Nach Aussage der Gefangenen hatte Morenga Boten zu Johannes Christian, dem Bondel, geschickt, mit der Aufforderung, von der deutschen Regierung abzufallen und sich ihm anzuschließen. Morenga hat daraufhin eine vollkommene Ablehnung erhalten, ein Zeichen, daß der Bondelsvertrag auf guter Grundlage abgeschlossen ist und Aussicht auf Bestand hat.
    3. Das Zusammenwirken der deutschen und englischen Truppen ist politisch von großer Bedeutung geworden:
    a) Es hat die deutsche und englische Nation in Südafrika näher aneinander gebracht. In Upingtown war nach dem Gefecht große deutsch-englische Verbrüderung: Deutsche Fahnen waren gehißt; bei den verschiedenen Festen wurden begeisterte Reden auf Seine Majestät und die deutschen Truppen gehalten usw.
    b) Der Eingeborene in Südafrika wird sich jetzt sagen, daß er nicht mehr gegen den Deutschen oder Engländer oder Holländer usw. kämpft, sondern daß jetzt die weiße Rasse geschlossen gegen die schwarze steht.
    c) Den Schwarzen ist der Hauptheld Morenga genommen, auf den sie ihre Hoffnungen setzten.

Nachtrag

    Von einer Wiese im Allgäu sind sie aufgestiegen, nachdem sie drei Tage in einem Gasthof schachspielend herumgesessen und auf günstige Windverhältnisse gewartet hatten.
    Die Ballonfahrt ist mehr als eine Möglichkeit der Fortbewegung, Ballonfahrt ist Kunst, ein Kunstwerk, in dem Ballonfahrer, der Ballon, Wind und Wetter, aber auch die Landschaft zusammenfinden. Nichts wird ausgebeutet, wenn man einmal vom Gas absieht. Kein Mensch, kein Tier gequält oder geschunden, alle Teile finden spielerisch zueinander. Man treibt und läßt sich treiben. Die Wirtschaftlichkeit der Ballonfahrerei ist, von der Herstellung der Ballonseide und der Körbe einmal abgesehen, unbedeutend. Auch zum Transport von Gütern ist der Ballon ungeeignet, da er sich, abweichend von der Windrichtung, nur mittels Schlepp- und Steuerseilen, die über den Boden schleifen, navigieren läßt, aber in einem nur sehr begrenzten Maß.
    An einem sonnigen, windstillen Septembertag wurde die Hülle mit Gas gefüllt, man trug Ballastsäcke und Proviant in die Gondel, und die beiden Ballonfahrer bestiegen den Korb. Es wurde mit Hilfe einer kleinen Gärtnerschaufel so viel Sand aus dem Ballastsack geschaufelt, bis die Gondel ungefähr einen Meter über dem Boden schwebte. Die beiden Gehilfen des Ballonfahrers Lüdemann schoben den Korb mit dem Ballon einfach vor sich her und vom Schuppen weg, zur Mitte der Wiese. Der Windsack hing schlaff am Mast. Auch ein feiner Streifen Seide, an eines der Ballonseile geknüpft, hing bewegungslos. Lüdemann sagte zu seinem Mitfahrer: Ballonfahren ist wie die Arbeit mit einer Präzisionswaage. Er nahm aus dem Ballastsack eine Handvoll Sand und ließ ihn, nachdem die Halteseile in den Korb geworfen worden waren, langsam durch die Finger gleiten. Sogleich stieg der Ballon mehrere Meter hoch. Unten stand, klein und zu ihnen hinaufsehend, dabei sich ein Auge reibend, der eine der beiden Gehilfen.
    Er ist noch neu, sagte Lüdemann.
    Ein sachter Zug an der Ventilleine, zischend entwich das Gas eine Sekunde nur: der Ballon bewegte sich abwärts. Ein wenig Sand von Lüdemann wie Salz zwischen den Fingern hinausgestreut, und die Gondel verharrte wieder ungefähr einen Meter über dem Boden. Dann warf Lüdemann mit seiner kleinen Gärtnerschaufel sieben Schaufeln Sand aus dem Ballastsack. Der Schuppen unter ihnen wurde schnell kleiner, hinter einem sanften Hügel kam das Gasthaus in den Blick, dahinter das Dorf, Felder, Wiesen.
    Sie stiegen in einen wolkenlos blauen Himmel auf. In einer Höhe von fast 500 Metern wurden sie von einer leichten Luftströmung erfaßt und langsam in südliche Richtung getrieben. Unter ihnen Dörfer und Weiler, die Menschen, klein, aber deutlich erkennbar, blieben auf den Straßen stehen, starrten herauf; die eigentliche Überraschung aber war, daß man hier oben jedes Geräusch überdeutlich hören konnte, während man selbst absolut geräuschlos schwebte: das Kläffen der Hunde, das Rauschen eines Bachs, das Krähen eines Hahns und, ungeheuer, das Läuten einer Kirchenglocke. Sie trieben über spätsommerliche Felder, über Wiesen, über das tiefe Grün der
    Wälder langsam den Alpen entgegen, die riesig und schneebedeckt am Horizont emporwuchsen.
    Es war Lüdemanns Wunsch, einmal mit dem Freiballon über die Alpen zu
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