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Das Hotelbett

Das Hotelbett

Titel: Das Hotelbett
Autoren: Anthologie
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KURTH EHRLING
Hotel Liebeslust
    MONTAG
    » W ir müssen in vierzehn Tagen ein neues Buchmanuskript haben«, stellte der Buch Verleger fest.
    Der Schriftsteller Olle Baggenfeldt, Pseudonym Wilkins Stake, saß an der anderen Seite des riesigen Schreibtisches. Er war tief hineingesunken in den psychologisch richtigen Besuchersessel, so daß er kaum zu sehen war. Bekümmerte Falten zeigten sich auf seiner Stirn.
    »Das ist schwer«, murmelte er. »Ich habe keine Möglichkeit, ein Buch in vierzehn Tagen zu schreiben und während der Zeit meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Man bekommt ja kein Geld, während man schreibt.«
    Der Verleger lächelte hintergründig, und das rote Gesicht rötete sich noch mehr.
    »Wir im Verlag haben das hier so vorbereitet: Morgen früh nehmen Sie den Zug um sechs Uhr nach . . . nach ... ja, wie, zum Teufel, heißt denn der Ort? Na, spielt keine Rolle, der Ort steht auf der Fahrkarte, die Sie an der Kasse bekommen. Es gibt dort ein Hotel, dessen Namen ich im Moment nicht weiß, und dort haben wir für Sie ein Zimmer für vierzehn Tage gebucht. Nehmen Sie Ihre Schreibmaschine mit und schreiben Sie dort in aller Ruhe. Essen und Getränke gibt es, aber merken Sie sich eins — keinen Alkohol — das ist ein Nüchternheitshotel.«
    Olle Baggenfeldt zuckte die Achseln. Sein Magengeschwür ließ keinen Alkohol zu. Der Doktor hatte gesagt, er möge destilliertes Wasser trinken und das übrige der Fantasie überlassen.
    »Aber weshalb, in aller Welt, müssen Sie das Skript so rasch haben?« fragte Olle bekümmert.
    Er war bekümmert, im höchsten Grade bekümmert. In der letzten Zeit hatte sich die Inspiration bei ihm nicht so reichlich eingestellt wie früher. Der große Verlag hatte ihn bereits als Starverfasser vor allen andern in die Höhe lanciert, wenn es galt, im Unterleib der Leute herumzugraben. Er hatte die Süßigkeit des Erfolges erlebt, und die Schecks waren in gleichmäßigen Intervallen in seinen Briefkasten gefallen, da seine Bücher in sehr zufriedenstellenden Auflagen erschienen.
    Aber plötzlich war die Ideendürre gekommen. Er hatte seit einem halben Jahr keine Zeile geschrieben. Einige miese Entwürfe lagen und vergilbten neben dem Ausziehbrett der alten Schreibmaschine.
    »Weshalb?« fragte der Verleger und lächelte satanisch. »Deshalb!«
    Er winkte mit einem gedruckten Formular vor Olle Baggenfeldts Nase. Der unglückselige Kontrakt! Der Kontrakt, in dem er sich verpflichtete, innerhalb von fünf Jahren den Verlag mit einem Dutzend Bücher zu versorgen. Elf Bücher hatte er geschrieben, und nun waren also nur noch vierzehn Tage der Vertragsfrist übrig. Der Verlag konnte auf seinem Recht bestehen.
    »Jaha«, sagte Olle, denn das war eigentlich alles, was er sagen konnte.
    »Noch eine Sache«, setzte der Verleger fort. »Alle Ausgaben, die wir für die Hotelmiete und das Essen haben, werden natürlich von Ihrem Honorar abgezogen!«
    »Jaha«, jammerte Olle.
    Er wollte am liebsten weg von all dem. Fast fünf Jahre Geschmiere über Sex hatten ihn geistig impotent gemacht. Er blickte um sich. An den Wänden des steril architektonischen Raumes gab es Gemälde und Bilder. Es waren Bilder von Weißen, die mit Weißen vögelten, von Schwarzen, die das gleiche mit Schwarzen taten und von Schwarzen, die mit Weißen und vice versa vögelten. Ein ganz moderner Künstler hatte die Bilder gemacht, und Olle dachte, daß er bereits von früher wußte, wie Kopfschmerzen waren, und nun wußte er auch, wie sie aussehen.
    Die Audienz war beendet. Im äußeren Raum klapperten die Schreibmaschinen, und eilige Angestellte liefen mit aufreizenden Fotografien in den Händen hin und her. An der Kasse saß eine junge, hübsche und füllige Dame. Sie reichte ihm ein braunes Kuvert und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln.
    »Netter Käfer«, dachte Olle, denn er wußte, daß er nun alle aufmunternden Lächeln benötigte, die er bekommen konnte.
    Was er am meisten benötigte, war eigentlich ein Ghostwriter, einer, der für ihn schrieb.
    In der U-Bahn auf dem Heimweg öffnete er das Kuvert. Es enthielt ein Zugbillett in eine Stadt im Norden und eine quittierte Buchung für Vollpension dort im Hotel Sonnenheim. Außerdem fand er in dem Kuvert dreihundert Kronen und ein neues Farbband für seine Schreibmaschine.
    Olle lachte auf. Der Verleger war offenbar nicht ganz so humorlos, wie er geglaubt hatte. Er dachte an die Zeit, während er für den Verlag gearbeitet hatte. In diesen fast fünf Jahren hatte
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