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Mordsucht

Mordsucht

Titel: Mordsucht
Autoren: Moe Teratos
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hingegen verjährte nicht, das schienen die meisten Täter nicht aus dem Kopf zu bekommen und schauten ganz verdutzt aus der Wäsche, wenn nach zwanzig Jahren die Polizei vor der Tür stand und sie trotz ihres hohen Alters zu einer lebenslangen Strafe verurteilt wurden.
    Ich reichte Diana einen Ordner und suchte mir selbst einen aus dem Stapel. Unser erster Schritt würde sein, alle Akten durchzusehen und nach einer kurzen Einschätzung würden wir uns mit den Straftaten befassen, bei denen etwas hervorstach oder uns Gemeinsamkeiten auffielen. Eine Menge Arbeit, die erledigt werden musste. Viele Familien warteten seit Monaten oder Jahrzehnten auf eine Nachricht, wo sich ihre verschwundene Tochter aufhielt, ob man den Mörder des Sohnes gefunden hatte oder den Vergewaltiger der Mutter ausfindig machen konnte.
    Meine erste Akte handelte von einer Art »Phantom«. Ein Mann, der ungesehen und ohne einen einzigen Zeugen zu hinterlassen, Frauen vergewaltigte und sie immer im selben Wald ablegte, nachdem er sie getötet hatte. Ich konnte nicht begreifen, wie ein Mensch es schaffte, von seiner Umwelt nicht wahrgenommen zu werden. War er so unscheinbar, dass niemand auf ihn achtete und er in der Masse der Bevölkerung unterging? Wie sonst gelang es ihm, zehn Frauen zu ermorden und sie unbemerkt zum Ablageort zu bringen?
    Der Täter ging stets mit identischer Methode vor. Zuerst missbrauchte er sie stunden- oder tagelang, dann strangulierte er sie mit einem Gürtel und zu guter Letzt – für mich das Makaberste an der ganzen Sache – onanierte er über der Toten und spritzte sein Ejakulat in den Mund der Leiche. Trotz des DNS-Profils, das dem LKA vorlag, konnte bis jetzt kein Verdächtiger festgenommen werden. Der Drang überkam ihn grob geschätzt alle acht bis neun Monate, bis vor zwei Jahren die Mordserie abriss. Seine Opfer gehörten zu jeglichen Schichten. Von einer Prostituierten bis zu einer Führungskraft im Bankwesen war alles vertreten. Nur eines hatten sie gemeinsam: rote Haare. Was faszinierte ihn daran? Hatte seine Mutter ebenfalls welche gehabt und ihn verstoßen oder besaß er eine Ex-Frau mit roten Haaren? Alles im Bereich des Möglichen. Vielleicht gefiel ihm auch einfach die Farbe?
    Ich stellte zufrieden fest, dass meine Fähigkeiten, verschiedene Ermittlungsansätze zu erkennen und mich in das Denken eines Täters hineinzufühlen, nicht verloren gegangen waren.
    Das Teufelchen erschien auf meiner Schulter: »Der alte Tomas, das Ermittlerass, ist zurückgekehrt!« Es lachte hämisch. »Frag sie endlich, ob sie mit dir ausgeht!«
    So schnell, wie es das Thema wechselte, kam ich nicht mit. Ich wischte es in Gedanken fort und sah zu Diana. Sie hielt sich den Ordner nahe vor die Nase, als benötigte sie eine Sehhilfe.
    Ich gab dem Teufelchen allerdings recht. Wenn ich sie nicht endlich fragte, würde ich mich nie vollkommen auf die Aufgabe konzentrieren können.
    Ich nahm allen Mut zusammen. »Kann ich dich eben stören?«
    Diana sah von ihrer Akte auf und legte sie zur Seite. »Was gibt's? Was Interessantes gefunden?«
    Ich strich mir verlegen durch das dünner werdende Haar. Mit mittlerweile neununddreißig Jahren herrschte allgemeine Fluchtstimmung auf meinem Kopf. Wie sah ich erst mit fünfundvierzig aus  … Glatze?
    Ich räusperte mich. »Nein, ist was Privates.«
    »Da bin ich aber gespannt.« Diana lehnte sich über den Tisch. »Schieß los!«
    »Ich … ich …« Komm schon! Sei ein Mann! »Ich wollte dich zum Essen einladen.«
    Sie grinste und ihr Gesicht schien nur aus Mund und Zähnen zu bestehen.
    »Du alter Haudegen!« Sie kicherte. »Wann passt es dir am besten?«
    War das ein Ja? Wollte sie wirklich mit mir ausgehen? »Heute Abend, um acht?«
    Sie kramte ein Handy aus ihrer Handtasche. »Ich ruf kurz meinen Freund an und frag nach, ob er was für uns geplant hat, falls nicht, steht einem Essen unter Kollegen nichts im Wege.« Sie ging mit dem Smartphone am Ohr vor die Tür.
    Das saß! Sie rief ihren Freund an? Seit wann zum Teufel hatte sie einen? Am Telefon kam das zwischen uns nie zur Sprache. Hatte sie es mit Absicht verschwiegen, um meine gebeutelte Seele und mein Ego nicht zu gefährden? Hatte ich mich geirrt? Vielleicht sah sie unsere Bindung tatsächlich nur aus kollegialer Sicht und ich hatte etwas in ihr Verhalten mir gegenüber hineininterpretiert. Oder sie wollte nicht warten, bis der arme, kranke Tomas entlassen wurde, und tröstete sich mit einem anderen Mann  …
    Jetzt wusste
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