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Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm

Titel: Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm
Autoren: Maria Ernestam
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sah glücklich aus.
    »Vielleicht bedeutet dieses Unternehmen ja die Lösung aller unserer Probleme«, sagte er nach einer Weile. »Ich bin dabei. Nichts hindert mich, und ich kann alles geben. Was haltet ihr davon, wenn wir eine Weisheit aus der Bibel als Slogan verwenden: Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Oder wir. Amen. Anna?«
    »Gute Idee. Deswegen serviere ich das hier ja auch. Damit ihr in die Tassen schauen könnt. Einfacher Aberglaube. Aber ein achtzig Jahre alter Whisky lädt dazu ein.«
    Mari gehorchte ihr. Sie betrachtete die Sahne, die auf dunklem Kaffee ruhte. Hokuspokus, Abrakadabra, wollte sie schon sagen, da sah sie, dass die Sahne schmolz und Punkte und Linien bildete. Steine und Muscheln, dachte sie resigniert. Weshalb sehe ich einen Strand, obwohl ich jetzt doch die Möglichkeit zu einem Neuanfang habe? Warum lässt du mich nicht in Frieden?
     
    Als Mari nach Hause kam und die Türe aufschloss, voller Hoffnung, verflüchtigte diese sich bereits in der Diele wieder. Niemand war da, dem sie von der neuen Geschäftsidee erzählen konnte. Die Wohnung kam ihr ebenso verlassen vor wie immer. Es war schon seltsam, dass es ihr nicht einmal gelang, ihren eigenen Geruch in der Wohnung zu verbreiten und sich so in ihr heimisch zu machen. Ohne das Licht einzuschalten, betrat sie das Badezimmer, zog sich aus und legte die Kleider auf den Rand der Badewanne. Dann schlüpfte sie in ein warmes Nachthemd und kroch ins Bett.
    Sie war wieder dort. Im Schlaf konnte sie das Gras sehen, die Steinmauern und die grasenden Pferde. Sie sah, wie die Berge im Nebel in der Höhe verschwanden, der Duft von Salz stieg ihr in die Nase, als das Meer gegen die Felsen schlug, die senkrecht in den Atlantik abfielen. In Irland bäumte sich
das Land förmlich vor dem Meer auf. Ohne zu verlangsamen, schossen Landzungen ins Meer hinaus. Dann ging es steil in die Tiefe. Hunderte von Meter zu den schäumenden Wellen hinab, und kein Zaun hielt die Neugierigen zurück. Ein Windstoß würde reichen, hatte sie einmal gesagt.
    David hatte gelacht.
    Sie waren auf dem Weg nach Renvyle Point gewesen wie so oft, wenn David Luft atmen wollte, die nicht schon durch unzählige Lungen geströmt war. Auf dem Weg dorthin kamen sie durch das Quäkerdorf Letterfrack und fuhren durch Tullycross. Sie stellten fest, dass sie an diesem Tag vielleicht sogar Croagh Patrick, den heiligen Berg, würden sehen können, falls es nicht anfing zu regnen. Im Übrigen unterhielten sie sich nicht sonderlich viel. In Tully machten sie Pause und tranken ein Guinness. Sie wollte ihn nach seiner Ausstellung fragen und danach, was über seine Skulpturen geäußert worden sei, ließ es dann aber bleiben. Wenn David ihr davon erzählen wollte, so würde er das schon tun. Sie konnte nur hoffen, dass sein Schweigen bedeutete, dass es etwas zu feiern gab. Etwas, das er ihr am Renvyle Point anvertrauen würde.
    Sie parkten das Auto am Ende der Straße und gingen auf die äußerste Landspitze zu. Wie immer erzeugte die Schönheit der Landschaft in ihr das Gefühl, ausgeliefert zu sein, als sei sie zwar ein Element des Ganzen, das aber doch nicht richtig passte. Das Gras schimmerte auf den Hügeln, die Schafe grasten mit roboterähnlicher Monotonie, und eine alte Ruine reckte ihr Skelett und gestattete der Vegetation, sich in den Spalten zwischen den Steinquadern breitzumachen. Die Inseln in der Ballinakill Bay schienen ungewöhnlich scharfe Konturen zu besitzen, und sie dachte, dass die Touristen deswegen nach Irland kamen und die Schauer und die Feuchtigkeit ertrugen. Sie sehnte sich nach Augenblicken wie diesen, wenn sich Vorzeit und Gegenwart vereinten und die Gebete der Kelten zum Himmel aufstiegen, als würden sie immer
noch über die Insel herrschen. Das Meer war aufgewühlt, aber die Sonne wärmte. David zog auf der Wanderung zum Rand des Kliffs die Jacke aus.
    Sie erreichten es fast gleichzeitig und schauten vorsichtig über den Rand hinweg in die Tiefe. Der Strand weit unten war mit Muscheln und Steinen bedeckt. Er wirkte ebenso unnahbar und irreal wie immer. Bei ihrem ersten Besuch war sie erstaunt gewesen, dort unten jemanden zu sehen, der in die Wellen starrte. David hatte versucht, ein ernstes Gesicht zu machen.
    »Er ist dort hinabgeflogen. Das geht. Irgendwann werde ich dir zeigen, wie das geht«, hatte er angekündigt. Dann zeigte er ihr einen versteckten Pfad, der das Kliff hinunterführte. Gemeinsam kletterten sie nach
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